Seinen Status als Hauptdarsteller auf den großen E-Sports-Bühnen hat sich Tekken erarbeitet – denn wer heutzutage als Prügelspiel bestehen will, der muss zuallererst die Frames zählende und Fightsticks mit Sanwa-Buttons nachrüstende Hardcore-Community zufriedenstellen. Also die Leute, die sich den Termin vom nächsten Evo-Turnier im Kalender markieren und auf den Zuschauerrängen Platz nehmen, wenn talentierte Konsolen-Klopper im digitalen Faustkampf um Titel ringen. Doch was ist mit all jenen Zockern passiert, die ganz einfach nur einem Mitmenschen ein paar freundschaftliche Backpfeifen reindrücken wollen? Am Ende hat der Gegner auf der Couch gar nicht zwölf Semester Fighting-Gamologie auf der Capcom-Sega-University von Osaka studiert?! Wie Namco diese Know-how-Kluft überbrücken will, auch das haben wir beim Probespiel erfahren.
Außerdem gab es mal eine Zeit, da standen Videospiel-Begeisterte Schlange, um im Kaufhaus die neueste Kampf-Kunst-Sim auszuprobieren. In der Generation PSone oder auf Dreamcast gehörten die heißesten Beat’em-Ups oft zu den technisch spektakulärsten Titeln überhaupt und machten so richtig Lust auf die neue Hardware.
gewesen sein, das kurz nach dem Launch der Xbox 360 zum Jahreswechsel 2005/06 erschien. Damit will ich nicht sagen, dass
grafisch langweilig oder gar schwach waren – aber das Genre hat seine technische Vormachtstellung längst eingebüßt. Systemseller und Grafik-Brecher kommen längst aus anderen Sparten, z.B. dem Action-Adventure-Bereich. Natürlich spielt die enorme Wichtigkeit von flüssiger Darstellung da mit rein, Versus-Kampfspiele können sich keine technischen Patzer erlauben
Modenschau in New York
"Revorable Gauge" heißt das Energie-Rückgewinnungs-System – bei Jins silber schimmernder Energieleiste ist das gut zu sehen, mit Offensiv-Aktionen kann er die Energie zurückgewinnen.
In Bewegung sieht dieses Beat’em-Up nämlich spektakulär aus. Vor allem eine an den Times Square angelehnte Stage mit überstrahlender Hintergrundkulissen und 1.000 Details hat meine Kinnlade endlich mal wieder herunterklappen lassen. Unter Kicks und Punches bersten die Bodenplatten spektakulär, es fliegen sogar die Scheiben aus Autos am Arenarand. Dazu gesellt sich ein Effektfeuerwerk wie es zumindest die Tekken-Serie noch nicht gesehen hat: Untermalt von kräftigen Soundeffekten flackern rote, blaue oder pinke Feuerwolken für Sekundenbruchteile auf, perfekt getimte Kameraschwenks und kurze Zeitlupen sorgen dafür, dass die Treffer extrem wuchtig rüberkommen. Immer wieder musste ich bei Animationsübergängen spontan ganz tief durchatmen: Wenn ein Specialmove ins Leere rauscht und ich instant danach die ausgestreckte Hand des Gegners für einen Wurf nutze oder einen eingesprungenen Kick perfekt in einen Konter umleite, dann wirkt das fast wie Magie aus dem Hong-Kong-Kino.
Zudem sind auch die Charaktere richtig schmuck anzusehen: Vom bisher bestätigten Zehnerfeld haben es mir optisch vor allem Tigerwrestler King, Martial-Arts-Bro Law, die Grand Dame Jun Kazama und der herrlich zerstört aussehende Paul angetan. Fein animiertes Haar, vom Schweiß glänzende Sixpacks, Klamotten im Wasted-Look und krasse Gesichter – dazu gesellen sich etwas übertrebene, aber nette Schmutzflecken auf den Outfits nach einem Kampf. Zerrissene Kleidung hätte hier gut dazugepasst, bis auf ein paar geskriptete Momente – Paul reißt z. B. vor einem Megapunch den Ärmel vom geschwellten Bizeps – gibt es aber keine unter den Kampfhandlungen leidenden Klamotten.
Zehn Freunde müsst ihr sein
Ling Xiaoyu is back: Die Filigran-Technikerin schenkt Mantelträger Lars einen "Heat Burst" ein.
Apropos Zehnerfeld – von welchen bisher bestätigen Figuren sprechen wir eigentlich? Mit Jin Kazama, Kazuya Mishima, Paul Phoenix, Marshall Law, King, Jack-8 und Lars Alexandersson sind bisher sieben männliche Recken bestätigt, sie kreuzen die Fäuste mit den drei weiblichen Startern Nina Williams, Jun Kazama und Ling Xiaoyu. Darauf angesprochen, wie entschieden wird, welche Kämpfer in einer Tekken-Episode dabei sind, erklärte Tekken-Boss Katsuhiro Harada im Gespräch, dass dies von verschiedenen Faktoren abhängig sei: Natürlich geht es um die Beliebt- und Bekanntheit der Figur und wie häufig sie durchschnittlich gespielt wird. Doch es gibt auch Marketing-Aspekte, z. B. um in einem bestimmten Markt der Welt oder Teil der Community gut anzukommen, sowie die Story, zu der die jeweils anwesenden Charaktere natürlich passen müssen. Ich konnte mich bereits fünf Stunden im Versus-Modus mit allen zehn Figuren austoben und habe mich mit dem ein oder anderen näher angefreundet. Besonders gefallen haben mir die fließenden Kombos von Jun, die Nunchaku-Attacken von Law sowie die vielen toll animierten Würfe von King – und das obwohl ich eigentlich kein Freund von Grappler-Charakteren bin. Zudem muss ich gestehen, dass mir auch Jack-8 Freude bereitet hat: Eigentlich kann ich den bulligen Kampfroboter auf den Tod nicht ausstehen – mit seinen peinlich-lustigen Siegesanimationen, einem völlig übertriebenen Railgun-Specialmove oder dem nicht zu verachtenden Tempo hat er sich aber ein bisschen in mein Herz geboxt.
Rage-System einfach erklärt: Ist die Lebensenergie im Keller, dann pulsiert die Leiste rot und ihr habt einen dicken Specialmove frei.
Generell bleibt Tekken beim bekannten Mix aus Zugänglichkeit und Tiefe, der dafür sorgt, dass sich die Kämpfer spürbar unterschieden, aber halt doch nicht ganz so speziell sind wie in anderen Fighting Games. Mit Arakune von BlazBlue, Zangief bei Street Fighter oder Go aus Virtua Fighter komme ich ohne Training deutlich schlechter zurecht als wenn ich bei Tekken 8 munter die Figuren durchwechsle. Ein paar flotte Kombos und Juggles oder flashige Super-Attacken gelingen hier recht schnell. Das soll natürlich nicht heißen, dass Tekken 8 nicht in die Tiefe geht – die Move-Listen sind ellenlang, Profis blocken endlos viel weg oder machen taktische Cancels. Und Manöver mit enorm viel Schaden ohne Chance auf Entkommen gelingen natürlich auch nicht aus dem Stand.