Brettspiel-Test: StarCraft - Das Brettspiel (4X-Strategie)

von Jörg Luibl



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Kampf ohne Würfelglück

Das Spiel ist nicht nur auf diese geschickte Planung, sondern auch auf militärische Aktion und Reaktion ausgelegt. Es herrscht eine aggressive Grundstimmung, die den Angreifer im Gefecht bevorteilt und bis auf ein Verteidigungsmodul für die Basis kaum defensive Möglichkeiten bietet - man kann sich selbst als Protoss-Spieler nicht einfach einigeln und abwarten. Hier hätte es evtl. über separate Geschütztürme oder Grenzwälle mehr Abwechslung geben können. Aber auch so ist nicht sicher, dass das Aggressor auch immer gewinnt.

Wie kommt es ohne Würfel zu einem Kampf? Der Angreifer bestimmt, wo und wen seine Truppen attackieren. Sprich: Er zieht seine Einheiten in ein für ihn erreichbares Gebiet auf dem jeweiligen Planten, dann setzt er quasi die "Paarungen" an, indem er eine seiner Figuren einer anderen des Feindes gegenüber stellt - natürlich sucht er sich hier am besten die schwächeren aus: Vielleicht ein Schlachtkreuzer gegen einen Zergling? Jetzt darf man aus übrigen Einheiten noch einen Unterstützer wählen. So stehen sich auf beiden Seiten also maximal zwei Figuren pro Gefecht gegenüber. Masse und Armeegröße ist hier also egal: Selbst wenn der Angreifer mit vier Truppen auf einen
Da naht ein Kampf zwischen Protoss und Terranern: Wer wagt den Erstschlag?
Da naht ein Kampf zwischen Protoss und Terranern: Wer wagt den Erstschlag?
Verteidiger trifft, kann es maximal ein Gefecht von zwei gegen eine Figur geben - die anderen Angreifer sind quasi wertlos. Über diese Beschränkung kann man streiten, weil sie das Mächteverhältnis einfach ignoriert, aber sie verhindert letztlich all zu schnelles Rushen.

Die Stärke der Karten

Der Kampf erfolgt zwischen je einer Front- und Ersatzeinheit ohne Würfelglück.
Wie laufen die Gefechte ab? Es wird nicht gewürfelt. sondern es werden verdeckt Kampfkarten hinter die Figuren ausgelegt, die jeweils einen hohen und niedrigen Wert für Angriff und Verteidigung zeigen. Der größere Wert ist nur dann relevant, wenn die oder eine der beiden auf der Karte auch der abgebildete(n) Figur(en) entspricht, die tatsächlich angreift bzw. verteidigt. Da man bis zu sechs Karten auf der Hand hat (Terraner sogar acht) und als Angreifer auch noch mal drei vor dem Gefecht ziehen darf, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man eine passende besitzt.

Auch hier gilt: Maximal zwei Karten dürfen hinter die Figuren gelegt werden - eine Hauptgefechtskarte sowie eine Verstärkungskarte pro Gefecht. Der Verteidiger hat endlich mal einen kleinen Vorteil, denn er darf seine Karten nach dem Angreifer legen. Wenn der irgendwo zwei platziert hat, kann man also mit einer Verstärkungskarte rechnen und entsprechend reagieren. Haben beide Seiten die Karten gelegt, werden sie aufgedeckt und die Angriffskraft mit der Verteidigungskraft verglichen, nachdem alle Boni durch Unterstützer und Verstärkungen verrechnet worden sind; und natürlich können reine Bodentruppen wie die Berserker der Protoss keine fliegenden Terraner treffen.

Fakten zu StarCraft  - Das Brettspiel:

- zwei bis sechs Spieler ab 12 Jahre
- Spielzeit pro Teilnehmer etwa eine Stunde
- zu zweit gut spielbar? Ja - lohnt sich!
- ab vier Spieler am besten? Ja - inkl. Koopvariante!
- für anspruchsvolle Strategen? Ja!
- für Glückskinder? Nein!
- Preis: zwischen 60 und 70 Euro
Leider schöpft das Spiel sein übergreifendes strategisches Potenzial lediglich hinsichtlich der Routenplanung aus: Man muss gerade in Drei- oder Vier-Spieler-Partien immer darauf achten,  wohin der Feind reisen kann und versuchen Wege zu blockieren. Es wäre schön gewesen, wenn die Ereignisse in drei Stapeln nicht nur als angenehme Stoppuhr fungieren würden, sondern das Spielprinzip über interessantere Karten noch weiter auflockern könnten. Wer eine Ereigniskarte zieht, bekommt meist nur den sofortigen Bau neuer Einheiten oder den direkten Gewinn von Siegpunkten. Damit sind sie zwar nützlich, lassen aber den Überraschungseffekt vermissen - sie hätten auch etwas mehr episches Flair über Storyfetzen oder unerwartete Geschehnisse auf den Planeten verbreiten können. Warum nicht mal einen Siegpunktmarker auf das Gebiet XYZ legen, um für etwas frischen Wind zu sorgen? Die fest markierten Siegpunkte über territoriale Eroberungen treten nämlich irgendwann in den Hintergrund: Es hätte etwas mehr und kreativere Möglichkeiten geben müssen, diese zu gewinnen - vielleicht auch durch die erfolgreiche Abwehr eines Angriffs oder den finalen Ausbau einer Technologie, damit auch defensivere Naturen belohnt werden.

Fazit

StarCraft ist ein ebenso durchdachter wie prächtiger Koloss von einem Brettspiel! Wer ihn nach Hause einlädt, braucht eine riesige Spielfläche, damit sich Zerg, Terraner und Protoss ausbreiten können. Sobald alle Planeten und Figuren positioniert sind, riecht es nach Science-Fiction XXL auf einem kunterbunten Tischuniversum - das hervorragende Artdesign und die üppige Ausstattung sorgen umgehend für neugieriges Staunen. Allerdings dürfte der Einstieg all jenen schwer fallen, die mit StarCraft auf dem PC oder komplexer Strategie im Allgemeinen nichts anfangen können. Damit sich die taktischen Reize entfalten können, braucht man Mitspieler mit Geduld und am besten Vorkenntnissen oder wenigstens Sympathie für das Blizzard'sche Original. Hat man die aggressive Spielmechanik mit den cleveren Befehlsketten verinnerlicht, darf man sich auf einen mehrstündigen Konflikt um Rohstoffe und Gebiete freuen, bei dem das Kampfsystem auf vorausschauende Kartenabwicklung statt Würfelglück setzt. Es gibt kleine Schwächen wie die fehlende Übersicht auf manchen Illustrationen, kaum defensive Möglichkeiten sowie das Gefühl, dass die universellen Ereignisse sowie Gebietspunkte etwas untergehen. Dafür spielen sich die drei Völker angenehm unterschiedlich, ohne dass es einen unfairen Vorteil geben würde - die Balance ist tatsächlich genau so ausgeglichen wie am PC! Unterm Strich gelingt es den Entwicklern, an das Flair des Computerklassikers anzuknüpfen. Als Lizenzumsetzung gehört dieses Spiel zu den besten und schönsten seiner Art.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

Weitere Brettspieltests im Archiv.

Kommentare

greenelve schrieb am
Wird nicht mehr hergestellt und dadurch die hohen Preise. Dabei soll das Spiel doch so gut sein.
..und elendig komplex. Eine Rezension liest sich in etwa "nach zwei Wochen Anleitung studieren, haben wir uns an das Tutorial gewagt"
SaperioN_ist_weg schrieb am
Stand 2018
500 Euronen für das Hauptbrettspiel und dann nochmal 350 EUR für die Broodwar Erweiterung mit sinnvollen Ergänzungen... was haben einige Leute geraucht ? :lol:
artmanphil schrieb am
Leider bekommt man die Expansion nciht unter 200 Euro :S
gracjanski schrieb am
ist gekauft, nächste Woche wird gespielt :D
Mindflare schrieb am
Beckikaze hat geschrieben: Zur Liste: Ich denke, ARKHAM HORROR sollte hier auch unbedingt hinein. Ebenfalls eines der besten Spiele, die FFG zu bieten hat und immer wieder geil ist.
Natürlich sollte man da irgendwann die Addons dazunehmen, damit der Schwierigkeitsgrad steigt.
Dennoch: ARKHAM HORROR ist mit DOOM eines meiner Lieblingsspiele.
Waas, das wird noch schwerer? ^^
Ich habe bisher angenommen, dass die Komplexität enorm steigt. Das Spiel hat ja generell eine sehr hohe Schwierigkeit.
schrieb am