Brettspiel-Test: Dungeon Twister (Rollenspiel (Dungeon-Gefechte))

von Jörg Luibl



Dungeon Twister (Brettspiel) von Pro Ludo / Asmodee
Kampf & Köpfchen im Kerker
Publisher: Pro Ludo / Asmodee
Release:
06.07.2012
07.11.2005
Erhältlich: Entwicklerseite
Spielinfo Bilder Videos
Lust auf Kampf und Köpfchen in gefährlichen Kerkern? Vor knapp fünf Jahren ist ein kreatives Abenteuer für zwei Personen erschienen, das bis heute eifrig gespielt und ständig erweitert wird: Dungeon Twister. Das Besondere an diesem cleveren Taktikspiel ist, dass man sich nie sicher sein kann, ob das Labyrinth beim nächsten Zug noch so aussieht wie zuvor - denn hier kann sich das Dungeon plötzlich bewegen.

Schach im Dungeon

Soll ich meinen Krieger drei Felder bewegen, dann das Gitter aufstemmen, um dem feindlichen Troll dahinter eins überzubraten? Das würde drei Aktionspunkte kosten. Oder soll ich besser meinen flinken Goblin zum Seil schicken, mit dessen Hilfe über die Grube springen und mich dann weiter zum Schatz vorarbeiten? Immerhin bringt der einen
Dungeon Twister ist ein Taktikspiel für zwei Personen ab elf Jahren und für knapp 30 Euro im Handel.
Dungeon Twister ist ein Taktikspiel für zwei Personen ab elf Jahren und für knapp 30 Euro im Handel.
Siegpunkt! Aber da hinten lauert der feindliche Magier und der hat einen verdammt tödlichen Feuerballstab - ein Treffer und mein kleines hässliches Langohr ist Asche.

Grübel, grübel - ich hab's! Ich entscheide mich für eine dritte Variante: Mein eigener Magier macht sich auf den Weg, schwebt über die Grube und brutzelt den gefährlichen Konkurrenten einfach schneller, damit mein Goblin später freie Bahn hat. Als ich meine Aktionspunkte in Bewegungen umsetze, macht sich auf dem Gesicht meines Gegenübers ein leichtes Zucken bemerkbar - denn wenn mein Plan aufgeht, habe ich schon vier Siegpunkte und könnte das Spiel im nächsten Zug gewinnen.

Die Ziellinie im Visier

Das Labyrinth entsteht und sieht jedesmal anders aus: Die acht Hallenplatten werden nach und nach aufgedeckt.
Das Labyrinth entsteht und sieht jedesmal anders aus: Die acht Hallenplatten werden nach und nach aufgedeckt.
Dungeon Twister ist eine Art Fantasyschach: Zwei Spieler kämpfen mit einer Gruppe aus vier Helden um den Sieg. Das Ziel erinnert ein wenig an Football, denn man muss seine Figuren durch ein Labyrinth von der eigenen Seite auf die gegnerische bringen, um jeweils einen Punkt zu erzielen - für den schwachen Goblin gibt es sogar zwei. Wer auf dem Weg dorthin Feinde vernichtet oder Schätze über die Linie bringt, bekommt weitere Punkte. Am Ende reichen fünf für den Sieg, so dass man das Spiel auf mehrere Arten gewinnen kann: Man kann aggressiv in Kämpfe gehen, man kann defensiv abwarten und Gegenstände sammeln, man kann auf Schnelligkeit und clevere Routen setzen.

Schon vor dem ersten Zug beginnt die Taktik bei der Erstellung des eigenen Teams: Wer soll zu den vier Auserwählten gehören? Je nachdem wie man spielen möchte, sollte man andere Prioritäten setzen. Man hat die Qual der Wahl zwischen acht Helden, die unterschiedlich weit laufen und kämpfen sowie besondere Fähigkeiten einsetzen können. Die Wand-Läuferin kann z.B. einfach so durch massives Gestein wandeln und die Diebin kann nicht nur Schlösser knacken, sondern dank ihrer Akrobatik auch über Fallgruben springen - beide gehen vier bzw. fünf Felder weit, allerdings haben sie nur einen Kampfpunkt.

Die Halle bewegt sich

Hinter einem Sichtschirm hat man die Qual der Wahl zwischen acht Helden - vier darf man mitnehmen.
Hinter einem Sichtschirm hat man die Qual der Wahl zwischen acht Helden - vier darf man mitnehmen.
Der Troll bewegt sich zwar nur zwei Felder weit, aber dafür hat er vier Kampfpunkte und kann sich nach einer Verletzung regenerieren; der Kleriker kann sogar jede Figur heilen. Besonders stark ist der Magier: Nur er kann den tödlichen Feuerballstab aufnehmen und über Abgründe schweben. Der Krieger kann auch mit seinen bloßen Fäusten kräftig zuschlagen und Gitterstäbe verbiegen. Und der Mechanork ist die einzige Figur, die zwei Hallen auch entgegen der Richtung drehen kann, die auf dem Mechanismus angezeigt wird. Moment mal: Hallen drehen? Mechanismus? Richtig gehört!

Das Spielfeld besteht aus acht zu Beginn verdeckten Hallenplatten, die jedes Mal zufällig platziert werden - kein Dungeon gleicht dem anderen. Zwei Hallen sind jeweils über einen farblich markierten Mechanismus verbunden. Aktiviert eine Figur diesen, wird entweder diese oder die benachbarte Halle gedreht. Der Vorteil: So kann man seinen Gegenspieler in eine Sackgasse manövrieren oder ihm den Weg zu einem nützlichen Gegenstand in letzter Sekunde mit dem richtigen Dreh versperren. Gerade defensive Taktiker nutzen die Hallendrehung gerne, um den Gegner ohne einen Kampf auflaufen zu lassen.

Vom Schwert bis zum Feuerballstab

Es gibt sechs Gegenstände in zweifacher Ausführung, wobei alle zunächst verdeckt verteilt werden: Das Schwert macht einen Punkt kampfstärker, das Seil hilft über Gruben, die Rüstung gibt einen Verteidigungsbonus, der Schatz einen Siegpunkt und der Feuerballstab darf einmal etwas Heißes durch das Dungeon jagen. Besonders mächtig ist der Trank der Schnelligkeit: Eigentlich muss jeder Spieler vor seinem Zug angeben, ob er zwei, drei, vier oder fünf Aktionen hintereinander spielt - z.B. eine Figur bewegen, eine Halle drehen oder kämpfen. Aber wer den Trank für einen Aktionspunkt zu sich nimmt, bekommt umgehend vier weitere Aktionspunkte für diese Figur. Und wer das clever einsetzt, kann z.B. seinen Goblin sehr schnell über die Ziellinie bringen und auf dem Weg dorthin noch einen Schatz bunkern - voilà: Drei Siegpunkte in einem Zug!

Aber so einfach ist das nicht: Der Weg von A nach B muss ja frei sein und was passiert, wenn der Goblin vor einer verschlossen Tür oder einer Grube steht? Da kommt er alleine nicht vorbei. Deshalb ist die Koordination der vier Helden ebenso entscheidend wie der kluge Einsatz ihrer Fähigkeiten. Man sollte die Stärken seines Teams nutzen, um
Der Krieger hat den Magier erwischt: Der liegt nun als Plättchen im Labyrinth und wartet verletzt auf Hilfe.
Der Krieger hat den Magier erwischt: Der liegt nun als Plättchen im Labyrinth und wartet verletzt auf Hilfe.
wirklich effizient zu sein und Sackgassen zu vermeiden. Wer auf Alleingänge setzt, wird auch im Kampf sehr schnell untergehen. Der läuft sehr einfach ab, denn man addiert zur Stärke einer Figur einfach den Wert der Kampfkarte, die verdeckt gespielt wird - hier kann jeder Spieler einmalig von null bis sechs Punkte legen.

Bluffen im Gefecht

So lässt sich natürlich bluffen: Wenn der Gegner einen Goblin mit Stärke 1 ins Gefecht schickt, kann der mit der 6er-Karte höchstens sieben Punkte erreichen. Mein Krieger mit Stärke 3 braucht für einen sicheren Sieg also nur die 4er-Karte zu spielen. Aber was ist, wenn der Goblin angesichts der Chancenlosigkeit einfach die 0er-Karte hinlegt, um seine 6er zu sparen? Ich könnte also ebenfalls bluffen und einfach meine 0er-Karte ausspielen - die Schadenfreude danach wäre Belohnung genug. Hier kommt neben der Taktik auch ein Pokerelement ins Spiel, das für Spannung sorgt.

Schön ist, dass man nach einem Kampf nicht sofort stirbt (es sei denn man wurde Opfer des Feuerballs): Die unterlegene Figur ist lediglich bewegungsunfähig und liegt verletzt an ihrem Platz. Man kann sie also in der nächsten Runde heilen oder gar wegtragen, um zu verhindern, dass sie dann wirklich eliminiert wird - denn erst das bringt dem Angreifer einen Siegpunkt.

Wir haben die Basisedition getestet, die für knapp 30 Euro im Handel. Es gibt auch eine Sammleredition von Dungeon Twister, die mit Miniaturen ausgestattet ist. Aber auch die sechszehn auf Plastikständern montierten Pappfiguren können sich sehen lassen. Ansonsten befindet sich in der Verpackung eine ausführliche farbige Anleitung mit vielen Zugbeispielen sowie einer Handicap-Lösung, falls ein Spieler zu stark sein sollte. Hinzu kommen diverse Marker für die Anzeige offener Türen, 32 Karten, zwei Sichtschirme sowie acht Hallen. Eine Variante für drei und vier Spieler sowie Zusatzboxen sind ebenfalls separat erhältlich.

Fazit

Dungeon Twister ist eines der besten Fantasy-Taktikspiele für zwei Personen! Wir spielen es seit Jahren immer wieder, weil es einfach zu verstehen und dennoch komplex zu meistern ist - kein Spiel gleicht dem anderen. Eine Partie kann je nach Erfahrung zwischen zwanzig Minuten und einer Stunde dauern. Im Gegensatz zu Regelmonster wie StarCraft - Das Brettspiel hat man alles schnell verinnerlicht. Aber wenn das Dungeon seine Hallen öffnet und die Helden ihre Aktionen beginnen, offenbart sich genauso schnell der taktische Tiefgang: Nur wer seine Züge clever plant und seine Figuren koordiniert einsetzt, wird den Sieg davon tragen. Das ist quasi ein Dungeon-Crawler für Taktiker, der intelligentes Kämpfen, Bewegen und Sammeln fordert. Die besondere Würze kommt aufgrund des möglichen Bluffens und der Hallendrehungen ins Spiel, mit der man seinen Gegner fies kontern und das Labyrinth neu formen kann.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

Weitere Brettspieltests im Archiv: Galaxy Trucker, StarCraft - Das Brettspiel, Agricola, Hive, Doom - Das Brettspiel.

Kommentare

X-Live-X schrieb am
Klingt nach einem zeitnahen Test 8)
Jörg Luibl schrieb am
Jup, da freue ich mich auch schon drauf. Bin gespannt, wie sie es umsetzen.
X-Live-X schrieb am
Soll in zwei Wochen auch im PSN rauskommen, bin mal gespannt, war immer an dem Spiel interessiert, kam aber nie dazu.
axel-sohn schrieb am
Hi,
wir veranstalten ein offenes Dungeon Twister Turnier jetzt am Samstag (11.09) in der Taverne "Zu den vier Winden" in Bochum (NRW).
http://www.zu-den-vier-winden.de/
Mit dem Turnier möchten wir um 12 Uhr starten, wenn sich genug Spieler finden. Wenn nicht werden einfach ein paar lockere Spiele gemacht. Vorbei kommen lohnt sich auf jedenfall.
Ab 11 Uhr werden einige von uns bereits vor Ort sein und Demorunden geben.
Ist zwar etwas kurzfristig aber wir freuen uns über viele neue Mitspieler und natürlich auch über alte Hasen!
Bis denne,
axel-sohn
Bûcheron schrieb am
Ja, man spielt immer mit allen 8 Figuren, außer man spielt mit Handicap (siehe Anleitung altes Basisspiel Seite 12). Erst mit einer Erweiterung hat man dann die Qual der Wahl, welche Figuren nicht mit in den Dungeon genommen werden.
schrieb am