Brettspiel-Test: Oshi - The Game of Influence (Abstrakte Strategie)

von Jörg Luibl



Oshi - The Game of Influence: Das Gleichgewicht der Kräfte
Oshi - The Game of Influence
Publisher: WizKids
Release:
kein Termin
Spielinfo Bilder  
Amaterasu? Ist das nicht die japanische Göttin des Lichts? Das letzte Mal ist sie mir im Action-Adventure Okami begegnet. Aber die Ahnherrin des Kaiserhauses ließ ihre Weisheit schon vor hunderten Jahren in anderer Form sprechen: In einem Brettspiel namens Oshi. Das sollte den Herrscher lehren, dass Einfluss zwar gleich Macht, aber auch mit Vorsicht zu genießen ist.

Der interessante Mythos

Oshi ist für knapp zehn Euro über Amazon erhältlich. Ein Strategiespiel für zwei Personen ab acht Jahren.
Dieser Ursprungsmythos um das Brettspiel liest sich in der kurzen Anleitung gut, aber sollte mit einem Augenzwinkern zur Kenntnis genommen werden - jedenfalls kommt es trotz des Namens weder aus dem Museum für japanische Kulturgeschichte noch aus dem Palast des Tenno; aber immerhin gibt es tatsächlich ein Oshi-Sushi. Das Spiel wurde jedoch erst vor vier Jahren vom amerikanischen Autor Tyler Bielman für WizKids entwickelt und ich habe es nur per Zufall gefunden, als ich bei Amazon nach günstigen Schnäppchen gesucht habe.

Damals befand ich mich noch im Tuscherausch von Okami und war vom schlichten Artwork mit seiner fliegenden Göttin und den blutroten bzw. elfenbeinfarbenen Türmen sehr angetan. Aus diesem Impulskauf wurde eine taktische Überraschung, die meine Brettspielsammlung bereichert hat. Denn Oshi (übersetzt: drücken, pressen, anstoßen) gehört zu den Spielen für zwei Personen, die einfach und genial sind. Es müssen nicht immer hunderte Miniaturen und Regelseiten sein, damit Spaß am Tisch entsteht.

Wer schiebt, gewinnt!

Die edle Box enthält sechszehn Spieltürme und ein hölzernes Spielbrett mit neun mal neun Feldern.
Worum geht es? Es gewinnt der Spieler, der als Erster sieben Punkte erreicht, indem er die Türme seines Gegners aus dem neun mal neun große Brett wirft. Dabei hat man nur drei Typen zur Verfügung: Kleine, mittlere und große Türme, die abwechselnd horizontal oder vertikal gemäß ihres Punktewertes bewegt werden - diagonal ist nicht erlaubt. Ein kleiner Turm zählt einen Punkt und darf ein Feld vorwärts rücken; der mittlere zwei, der größte drei. Man muss sich also nicht viele Bewegungen merken.

Das Besondere an Oshi ist, dass man den Gegner nicht auf dem Feld schlägt wie im Schach, indem man ihn überspringt oder sein Feld besetzt, sondern indem man ihn über den Spielfeldrand hinaus schiebt - und dabei kommt es nicht auf die Größe des Turms an! Ein kleiner kann also einen großen Turm bewegen. Auch hier gilt jedoch, dass man immer so viele Steine auf einmal verschieben darf wie man als schiebender Turm Punkte besitzt. Sprich: Nur ein mittlerer Turm mit dem Punktewert zwei darf auch bis zu zwei feindliche Türme verschieben.

Das Gleichgewicht der Kräfte

Durch diese Punktekonsequenz sind die Regeln zwar schnell verinnerlicht, aber auf dem Spielfeld ergeben sich überraschend viele Zug- und Taktikmöglichkeiten. Zum einen kann man seine Türme decken, indem man genau so viele aneinander reiht, dass die Stärke des angreifenden Turms nicht ausreicht. Also: Man stellt bei einem nahenden mittleren Turm einfach drei
Kurzes Regelwerk, aber geniales Spiel.
nebeneinander - die sind dann vor ihm sicher.

Jetzt kann der Gegner diese Reihe aber aufbrechen, indem er sie von der anderen Seite attackiert und verschiebt. Ähnlich wie beim Schach spielen die kleinsten Türme aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit auf dem Feld eine wichtige Bauernrolle - man kann sie opfern, um sie als Köder zu nutzen oder man kann sie überraschend einsetzen, um einen unvorsichtigen Dreierturm vom Rand zu stoßen. Es geht also um die kluge Verschiebung von Kräften. Und dabei kann man aggressiv oder passiv spielen, man kann sofort in die Offensive gehen oder clevere Fallen stellen. Da man sieben Punkte braucht, reicht weder die Konzentration auf die beiden größten Gegnertürme, die zusammen nur sechs Siegpunkte bringen, noch die Vernichtung der vier kleinsten, die ja bloß vier bringen. Man muss also variieren und sich dem wechselnden Bild auf dem Brett anpassen. Ein Spiel dauert nicht länger als zehn bis zwanzig Minuten und man kann Oshi wunderbar mit Kindern ab acht Jahren spielen.

Fazit

Einfach und genial. Das sind die beiden Zauberworte, die selbst schlichte Brettspiele zu einer Pflichtempfehlung machen. Aber die Geheimtipps für den kleinen Geldbeutel sind im Wust der vielen Spiele schwer zu finden. Oshi sollte man sich nicht entgehen lassen, denn es gehört zu den kleinen Juwelen für Strategen: Wer clevere Taktik für zwei Personen ohne komplexes Regelwerk sucht, wird hier bestens unterhalten. Zwar kommt es hinsichtlich der möglichen Zugvarianten nicht an Schach heran, aber das gegenseitige Blockieren und Hinausschieben sorgt für sehr gute und vor allem angenehm frische Unterhaltung, in der es um das Gleichgewicht der Kräfte geht. Ich spiele es immer wieder gerne!

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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Kommentare

MiyamotoMusashi schrieb am
Ja in Deutschland scheint man es leider wirklich nicht mehr zubekommen bei Ebay verkauft es auch keiner Gebraucht und was ich bisher so im Ausland gefunden habe an Shop etc. ist vom Versand her einfach zu Teuer. Heißt es für alle die sich für das Game interessieren warten bis es neu erscheint in Germany.
Ilumi schrieb am
Nein, das ist ein komplett anderes Spiel.
Oshi scheint überall ausverkauft zu sein. Wenn du Glück hast, findest du es noch irgendwo gebraucht.
Kassibers schrieb am
Abbalone war schon genial :) werd oshi eventuell mal ne Chance geben.
Jörg Luibl schrieb am
n8mahr hat geschrieben: Wenn du auf japanisch angehauchte Strategie stehst, sei dir "TENJO" von WhySpire Games ans Herz gelegt.
Danke für den Tipp; das kenn ich nich nicht. :wink:
schrieb am