Brettspiel-Test: Battlestar Galactica: Das Brettspiel (Rollenspiel (Koop-Abenteuer))

von Jörg Luibl



Spielinfo Bilder  
Sabotage in drei Akten

Die heimlich agierenden Zylonen haben natürlich nur ein Ziel: Die Flucht der Menschen verhindern! Dafür müssen sie allerdings möglichst lange unentdeckt bleiben und können mehrere perfide Taktiken verfolgen. Sie können z.B. eine der für den Sprung wichtigen Ressourcen sabotieren – Treibstoff, Nahrung, Bevölkerung oder auch Moral stehen zur Wahl. Oder sie leiten eine feindliche Übernahme durch ein Enter-Kommando der Zylonen ein. Oder sie gehen aufs Ganze und zerstören den kompletten Kampfstern. Man sieht schon: Es gibt viel Destruktives zu tun – oder tapfer zu verhindern!

Es gibt kleine Plastikminiaturen der Raumschiffe - Vipern, Raptoren, Jäger. Aber im Mittelpunkt des Spiels steht nicht der Kampf, sondern die taktische Intrige.
Es gibt kleine Plastikminiaturen der Raumschiffe - Vipern, Raptoren, Jäger. Aber im Mittelpunkt des Spiels steht nicht der Kampf, sondern die taktische Intrige.
Wie läuft das Spiel ab? Die Crew um Captain Adama zieht abwechselnd durch Bereiche wie Labor, Hangardeck oder Kommandostand der Galactica. Je nach eigenen Fähigkeiten und Ort kann man Aktionen ausführen – wer z.B. die Waffensteuerung betritt, darf von dort aus ein Zylonenschiff beschießen, wer die FTL-Kontrolle betritt, darf einen Sprung einleiten. Man kann auch Fertigkeitskarten spielen, eine Viper für den Luftkampf betreten oder gemäß seines Titels oder seiner Rolle handeln: Gaius Baltar darf z.B. einmal alle Loyalitätskarten eines Mitspielers ansehen – sehr delikat.

Psychokrieg und Schläferangst

Das Team baut wichtige Rohstoffe für den nächsten Sprung auf, reagiert auf Krisen durch Ereignisse wie Revolten oder Angriffe. Zwei Elemente sorgen für Spannung am Tisch: Die getarnten Zylonen dürfen ja nicht zu plump ihre Hilfe in Konflikten verweigern, wenn sie nicht in der Arrestzelle landen wollen, sondern müssen langfristiger am Schicksal der Galactica nagen. Es kann helfen, wenn man über subtile Hinweise oder cleveres Auslegen von Karten andere Mitspieler verdächtig macht. Denn nur wenn man sich zu einem guten Zeitpunkt selbst enttarnt, kann man die Moral der Menschen treffen und weiter aktiv sabotieren, indem man als „Auferstandener“ von einem Zylonenschiff aus agiert.

Zu Beginn wählt man einen von zehn Charakteren aus der TV-Serie - alle haben unterschiedliche Fähigkeiten.
Zu Beginn wählt man einen von zehn Charakteren aus der TV-Serie - alle haben unterschiedliche Fähigkeiten.
Ein weiteres Spannungselement kommt in der Mitte des Abenteuers zum Tragen: Wenn die Galactica die Hälfte ihrer Strecke nach Kobol zurückgelegt hat, bekommt jeder Spieler nochmal eine Loyalitätskarte – falls man Zylon war und jetzt eine Menschenkarte erhält, bleibt man ein Zylon; umgekehrt wird man zu einem. Selbst der tapferste Kampfpilot ist plötzlich ein verräterischer Feind! Danach kann man aber nicht nur Zylon oder weiter Mensch, sondern auch Sympathisant sein, so dass die Lage an Bord erneut undurchsichtiger wird. Letztere muss sofort offen gezeigt werden und entlarvt den Betroffenen entweder als Menschen- oder Zylonenfreund.

Das Kampfsystem ist denkbar einfach und simuliert Schlachten zwischen einer Hand voll Schiffstypen – von der schnittigen Viper und den bulligen Raptoren bis hin zu schweren Jägern und Basissternen. Alle Gefechte spielen sich im Umfeld der Galactica ab, die in Zonen unterteilt sind. Bei einem Angriff entscheidet der achtseitige Würfel und der Schiffstyp des Ziels über den Schaden: Wer einen Raptor der Zylonen angreift, zerstört ihn schon bei einer 3 bis 8. Allerdings hat man im Cockpit einer Viper kaum eine Chance gegen einen mächtigen Zylonen-Basisstern – nur mit einer 8 kann man es überhaupt beschädigen. Unterm Strich laufen die Gefechte sehr flüssig und sind auch ohne den taktischen Anspruch eines StarCraft eine angenehme Ergänzung.

Ausblick

 Wer ist Zylone? Wer spielt eine Doppelrolle? Wie viel Treibstoff haben wir noch? Reicht die Bevölkerung für einen weiteren Sprung? Paranoia und Panik bestimmen die Atmosphäre und sorgen für kommunikativen Nervenkitzel! In der richtigen Gruppe, am besten mit vier Leuten, kommt futuristische Spannung und Rollenspielflair auf. Man muss auch nicht die TV-Serie oder die Charaktere kennen, um hier für zwei bis drei Stunden sehr gut unterhalten zu werden. Während man gemeinsam Krisen und Kämpfe besteht, wächst jede Runde das Misstrauen und damit die Motivation für ein perfides Schauspiel: Kann man als Zylone seine Mitspieler täuschen? Man berät sich, beschuldigt sich, bekämpft sich und es kann auch schon mal laut werden, denn man wird so richtig in das Schicksal der Flotte hinein gezogen. Dem umtriebigen Corey Konieczka ist mit diesem ebenso intrigenreichen wie taktischen Spielkonzept ein zeitloser Klassiker gelungen, der trotz kleiner, aber umgehbarer Balanceschwächen zu recht in vielen Bestenlisten ganz weit oben rangiert. Battlestar Galactica ist eines der besten kooperativen Brettspiele – ich würde es hinsichtlich des Regelwerks und der Dramaturgie noch vor Arkham Horror einordnen.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

Weitere
Brettspieltests im Archiv!

Kommentare

Piekäj schrieb am
Bei mir uns in unserer Gruppe hat das Spiel leider nicht gezündet, obwohl ich diese Art Spiel grundsätzlich gerne mag. Nach all den positiven Bewertungen hatte ich mehr erwartet. Wir hatten in unserer Partie zwar durchaus Spaß, aber es besitzt auch einige derbe Pferdefüße.
Aber zunächst mal die ...
Pros:
+ Thema ist charmant eingefangen
+ Material hat eine tolle Qualität
+ Das Misstrauen am Tisch und die Diskussionen und Anschuldigungen machen Spaß (wenn sie denn auftreten)
Dem entgegen stehen für meinen Geschmack folgende
Cons:
- Es gibt für die Spieler wenig wirklich interessante Entscheidungen zu treffen. Meistens ist sind die richtigen Handlungen sehr offensichtlich und man fühlt sich ein Stück weit gespielt
- Es gibt kaum eine Grundlage, seinen Verdacht gegen jemanden zu erhärten oder vielleicht sogar den Verdacht auf jemanden zu lenken (mal abgesehen von den Negativkarten, die man in die Proben mit reingibt); Dadurch fällt es schwer, sich wirklich eine Meinung für oder gegen jemanden zu bilden oder zu manipulieren. Grundsätzlich macht man sich verdächtig, wenn man Aktionen nutzt, die einen Fertigkeitskarten ziehen lassen, die an normalerweise nicht ziehen dürfte
- Wird ein Zylon zu früh enttarnt, hat er anschließend mehrere Stunden Langeweile vor sich, denn als offenes Taktik-Scharmützel taugt das Spiel nicht
- Mein Hauptkritikpunkt: Es ist viiiiiiel zu lang für das, was man als Spieler im Endeffekt tut.
Wir hatten durchaus einen unterhaltsamen Abend mit dem Spiel, aber wenn ich ein Spiel dieser Art spielen möchte, greife ich für was schnelles zwischendurch lieber zu Tempel des Schreckens, für etwas mehr Thema bei einfachen Spielabläufen und einer moderaten Spielzeit Human Punishment und für ein abendfüllendes Spiel werde ich mir mal Nemesis genauer ansehen. :)
Wahrscheinlich ist das Spiel einfach ein Kind seiner Zeit und doch nicht so komplett zeitlos. Gäbe es keine interessanten Alternativen, würde ich es definitiv spielen, da es schon ne schöne Eigenständigkeit...
Guts schrieb am
Großartiges Spiel!
Rhaenis schrieb am
Danke Jörg!
Ohne Deinen Test hätte ich mir das Spiel nie angesehen (war bisher kein Brettspieler), bzw. davon gehört.
War eine echte Bereicherung. :)
Jörg Luibl schrieb am
Game of Thrones ist auch empfehlenswert; hab ich auf der Liste.
M_Coaster schrieb am
Das Spiel habe ich schon lange auf meiner Liste - aber bin bisher noch nicht zu gekommen. :( Ne größere Gruppe hinzubekommen ist schwer genug und zur Zeit spielen wir Arkham oder Spiel der Throne...
schrieb am