Brettspiel-Test: Quoridor (Abstrakte Strategie)

von Jörg Luibl



Quoridor (Brettspiel) von Asmodee
Zeitlos geniale Mauertaktik
Publisher: Asmodee
Release:
10.10.1997
Spielinfo Bilder  
Wie, das soll alles an Regeln sein? Ja. Ich muss also einfach mit meiner Figur auf die andere Seite kommen, darf entweder selbst ziehen oder eine Mauer setzen, damit mein Gegenspieler blockiert wird? Ja. Und das soll Spaß machen? Oh ja. Das 1997 erschienene Quoridor gehört zu den zeitlosen Klassikern für Taktikfans.

Es könnte so einfach sein…

Quoridor ist bei Asmodee erschienen, für zwei sowie vier Spieler geeignet und kostet knapp 30 Euro. Neben dem hölzernen Spielbrett sind 20 Mauern, vier Figuren sowie die knappe Spielregel in zig Sprachen enthalten.
Quoridor ist bei Asmodee erschienen, für zwei sowie vier Spieler geeignet und kostet knapp 30 Euro. Neben dem hölzernen Spielbrett sind 20 Mauern, vier Figuren sowie die kurze Regel in zig Sprachen enthalten.
Zu Beginn hat man noch eine herrlich freie Sicht auf die Gegengerade. Und der Weg zum Ziel scheint so klar zu sein: Es sind ja gerade mal acht Schritte bis zum Sieg! Wenn ich mit meiner Figur das andere Ende des neun mal neun Felder großen Spielbrettes erreiche, habe ich gewonnen – egal, auf welchem Feld ich dann stehe. Dabei darf ich in meinem Zug nach links, rechts, vorne sowie hinten ziehen; lediglich diagonal ist erst erlaubt, wenn bei einem Sprung über einen Gegner dahinter eine Mauer steht.

Apropos Mauern: Hier beginnt die Taktik! Und hier schwindet Zug um Zug die freie Sicht, wenn plötzlich verwinkelte Labyrinthe entstehen. Denn anstatt die eigene Figur zu bewegen, darf man auch eines von zehn Hindernisse platzieren, das jeweils zwei Felder blockiert. Dabei gibt es nur eine Regel: Man darf seinen Gegner nicht komplett einmauern. Sprich: Es muss jederzeit eine Route zum Ziel frei bleiben. Bei einem Spiel zu viert gilt das ebenfalls für alle Teilnehmer, wobei man dort nur jeweils fünf Mauern setzen darf.

…isses aber nicht!

Na und? Was soll da schon passieren? Dann baue ich meinen Gegner so zu, dass er kaum vorwärts kommt! Ja, kann man machen. Aber wer seine Mauern zu früh aufstellt, kann sich zum einen selbst nicht wirklich bewegen und zum anderen malt er einen Lösungsweg schon  recht früh ins Feld. Nur wer vor allem seine letzten zwei, drei Mauern zur richtigen
Die Ausgangsposition für vier Spieler: Jeder muss auf die andere Seite gelangen.
Die Ausgangsposition für vier Spieler: Jeder muss auf die andere Seite gelangen. Aber das ist...
Zeit am richtigen Ort platziert, wird am Ende die Oberhand behalten. Aber wer zu lange wartet, muss vielleicht zu weite Umwege in Kauf nehmen. Reicht das dann noch für den Sieg?

Gerade zu viert kommt es zu Situationen, in denen jeder Schritt zählt. Und da kann es auch helfen, wenn man das Überspringen der anderen Figuren mit einrechnet: So macht man ja zwei Schritte! Außerdem kann eine Mauer hinter einer gegnerischen Figur plötzlich nützlich sein, denn die einzige Spezialregel in diesem leicht erlernten Spiel besagt, dass man dann auch diagonal ziehen kann – auch so lassen sich scheinbare Sackgassen überwinden und Nachteile ausgleichen.

Zeitloser Klassiker

Das Schöne an Quoridor ist nicht nur, dass es sich so flott spielt, sondern dass keine Partie der anderen gleicht. Ab dem vierten oder fünften Zug potenzieren sich die Möglichkeiten. Zumal man auch sehr gut bluffen kann: Schau mal, der baut sich ja selbst zu! Ja, weil er damit seinen Gegnern vielleicht frühzeitig die Möglichkeit nehmen will, über die einzige verbleibende Route zum Ziel zu bestimmen. So hat er zwar die meisten Mauern vor der
...gar nicht so einfach. Die Mauern zwingen zu Umwegen, zumal bald ein Labyrinth entsteht.
...gar nicht so einfach. Die Mauern zwingen zu Umwegen, zumal bald ein Labyrinth entsteht.
Nase, aber eben auch als Erster den Weg frei!

Das Design ist schlicht, aber die hölzerne Ausstattung passt sehr gut zum Spiel. Schade ist lediglich, dass man die Figuren zu viert nicht gut genug unterscheiden kann – gerade die beiden hellen Figuren ähneln sich sehr stark. Das Spiel von Mirko Marchesi ist ein Nachfolger im Geiste zu seinem 1974 veröffentlichten "Blockade", wo man noch markierte Ziele im Feld erreichen musste. Aber Quoridor wurde an den richtigen Stellen kreativ erweitert sowie um eine packende Version für vier Spieler ergänzt. Für unterwegs gibt es übrigens auch eine Miniversion für knapp 15 Euro.

Ausblick

Wie können zehn Minuten so spannend sein? Quoridor gehört zu den zeitlosen Klassikern, die man ähnlich wie Yinsh oder Hive immer wieder spielen kann. Nicht umsonst hat es zahlreiche internationale Preise eingeheimst. Hier wird mit unheimlich einfachen Regeln herrliche Taktik zelebriert, die auch für Kinder leicht zu lernen ist. Aber Vorsicht: Hier wird auch die Harmonie von Beziehungen und Freundschaften auf die Probe gestellt, denn man muss sich auf unheimlich fiese Art den Weg zum Ziel verbauen. Zu zweit ist das Duell mit Umwegen und Mauern schon sehr unterhaltsam. Aber zu viert wird das Ganze zu einer kompetitiven Zerreißprobe, bei der Geduld und Planung die besten Verbündeten sind, wenn deftige Flüche und böse Blicke über den Tisch jagen. Ein geniales Taktikspiel!

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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Kommentare

bwort_baggins schrieb am
Ich mag keine abstrakten Spiele :D
Mein persönliches 2 Spieler Highlight bleibt Twilight Struggle. 8) Seit diesem Jahr auch auf Deutsch erhältlich. Ansonsten habe ich auch schon einige nach einer Empfehlung hier gekauft.
mekk schrieb am
Wenn ich mir die Spiele von Gigamic anschaue, scheinen sie irgendwie alle simple, zeitlose Klassiker zu sein. :D
Da wir im Freundeskreis auch wieder vermehrt Brettspiele spielen und schon einige deiner Empfehlungen hier auch schon getestet haben, ist dies auch wieder einen Blick wert. :) Danke, Jörg!
Jörg Luibl schrieb am
Ah, danke für den Tipp! Das kenne ich noch nicht...
Nazarene schrieb am
Das hört sich doch mal sehr interessant an. Werde ich mir mal anschauen.
Habe schon so ein Paar Brettspiele gekauft, die du rezensiert hast, Jörg (Doom, Dungeon Fighters etc.). Und bisher hat mir jedes gefallen. Zum Thema 2-Spieler Taktikspiele kann ich dir Moeraki-Kemu ans Herz legen. Edles Spielmaterial (daher auch der Kostenpunkt von 50 EUR), einfache Regeln und gute Langzeitmotivation. Hier mal ein Link http://www.brettspiele-report.de/moeraki-kemu/
schrieb am