Das Schicksal der freien Völker
Die Karte ist blutrot gefüllt, das Ende nah. Überall belagern Orks und Uruk-hai, Südländer und Ostlinge die Länder der freien Völker. Die letzten blau gefärbten Truppen haben sich in Festungen zurückgezogen, um so lange wie möglich mit dem Verteidigungsbonus auszuharren – dort muss Sauron bei einem Angriffswurf immerhin Sechsen für einen Treffer würfeln. Wenn er noch eine Festung erobert, hat er die zehn militärischen Siegpunkte erreicht. An Entsatz ist angesichts der verheerenden Verluste nicht mehr zu denken. Das Böse hat mal wieder die Oberhand gewonnen...
Der Ringkrieg für zwei bis vier Spieler ist in zweiter Edition beim Heidelberger Spielverlag erschienen. Er kostet knapp 70 Euro.
Aber jetzt richtet sich die Aufmerksamkeit nicht auf das große strategische Bild der edlen Karte von Angmar im Norden bis Umbar im Süden, sondern auf zwei kleine Hobbits, die es mit Gollum tatsächlich bis Mordor geschafft haben, indem sie die riskantere, aber kürzere Route durch Moria gewählt haben. Das hat seinen Preis, denn die Macht des Rings ist bereits gefährlich stark: Immer, wenn sie ihn eingesetzt haben, um Saurons gnadenlose Angriffe abzuwehren, ist sie gestiegen. Der dunkle Herrscher konnte jeden Zug Jagd auf sie machen und manchmal mussten sie sich zeigen, um Verbündete zu gewinnen oder einfach auszuruhen. Mittlerweile steht der Marker der Ringmacht bei zehn Punkten. Erreicht er die Zwölf, verlieren die freien Völker. Zwei Matchbälle also für Sauron? Ja, aber trotzdem gibt es eine Chance.
Packendes Finale am Schicksalsberg

Edle Karte, klasse Ausstattung: Über 200 Miniaturen, 100 Karten, 76 Pappmarker, Spielhilfen und eine 47-seitige Anleitung.
Vor diesem vielleicht letzten Zug knistert es am Tisch. Die Spannung ist greifbar, denn wenn der Spieler der freien Völker den Schicksalsberg erreicht, indem er das richtige Plättchen aus einem verdeckten Stapel zieht, kann er den Einen Ring vernichten, Saurons Macht brechen und trotz enormer Verluste tatsächlich gewinnen. Aber hat er im Laufe der vierstündigen Schlacht auch dafür gesorgt, dass sich in diesem Vorrat genug positive Plättchen befinden? Oder hat er seine Karten und Züge nur militärisch eingesetzt?
Bevor es zu diesem packenden Finale kam, haben beide Seiten viele Entscheidungen treffen müssen. Und es ist eine große Stärke dieses epischen Spiels, dass es nicht nur viele relevante Begebenheiten und Charaktere des Tolkien’schen Romans zitiert, sondern dass es von Anfang an die innere und äußere Bedrohung durch Sauron spürbar abbildet. Er ist von Beginn an in der stärkeren Position. Man hat nicht nur das Gefühl, dass man wichtige Ereignisse dieses Fantasy-Konfliktes nacherleben und beeinflussen kann, sondern dass sich alles unheimlich zuspitzt.
Obwohl eine Partie zwischen zwei und vier Stunden dauern kann, vergeht die Zeit wie im Fluge. Das liegt auch daran, dass man die komplexe Spielmechanik trotz eines 47-seitigen Regelwerks recht schnell verinnerlicht hat. Es gibt genug illustrierte Beispiele für Bewegung, Kämpfe und Politik, die man im ersten Spiel immer wieder zu Rate ziehen muss. Aber gerade diese zweite Edition läuft ab der zweiten Schlacht flotter. Zwar kann man auch zu dritt oder viert loslegen, aber der Spaß bzw. die Möglichkeiten nehmen damit nicht wie bei anderen Titeln zu - das ist ein klassisches Duellspiel.
Was ist eigentlich anders in der 2. Edition? Es geht um wichtige Regeländerungen hinsichtlich der Charakterfähigkeiten, Ereignisse, Kämpfe und Würfel, die das Spielerlebnis intuitiver gestalten und gleichzeitig besser balancieren. Wer dafür nicht 70 Euro investieren will, kann seine erste Edition von 2004 auch über ein Upgrade-Kit mit 110 neuen Karten für knapp 20 Euro aufrüsten.