Brettspiel-Test: Der Ringkrieg 2. Edition (Tabletop (Miniaturengefechte))

von Jörg Luibl



Spielinfo Bilder  
Kampfkarten & Konter

Gerade diese Ereignisse sorgen immer wieder für einen erzählerischen Schub und strategische Dynamik. Es ist immer etwas los und irgendwann wird natürlich auch heftig gekämpft. Das System ist angenehm einfach, aber berücksichtigt genug defensive und offensive Modifikationen. Man kann Armeen teilen und eine Nachhut bilden, man kann
Auch Sauron kann auf drei Schergen mit Spezialfähigkeiten zurückgreifen. im Hintergrund wartet der einsame Gollum...
Auch Sauron kann auf drei Schergen mit Spezialfähigkeiten zurückgreifen. im Hintergrund wartet der einsame Gollum...
Siedlungen, Wehranlagen und Festungen erobern bzw. belagern sowie als Verteidiger Ausfälle einleiten. Spannung kommt schon vor dem Ergebnis durch die Kampfkarten auf, die teilweise entscheidende Boni wie Erstschläge, Stärkezuwächse oder fatale Schäden bringen.

Da die Kampfkarten gleichzeitig Ereigniskarten sind, gerät man jedoch immer ins Grübeln, ob man sie tatsächlich spielt. Will man den Großangriff der Ents auf Isengart opfern, um in einer kleinen Schlacht zu gewinnen? Allerdings kann der Sieg natürlich wertvolle Punkte auf der militärischen Leiste bringen. Wie auch immer: Jeder darf nur eine vor dem Gefecht verdeckt ausspielen, wobei alle einen Initiativwert besitzen – die niedrige Zahl wirkt dann zuerst; so kann man auch mal einen Präventivkonter spielen, der die Kampfkarte des Gegners nichtig macht. Einfach, überschaubar, gut!

Anführer & Elitetruppen

Rot gegen Blau, Sauron gegen die freien Völker: Über 200 Plastikfiguren bevölkern die Karte.
Rot gegen Blau, Sauron gegen die freien Völker: Über 200 Plastikfiguren bevölkern die Karte.
Obwohl man weder Erfahrung mit seinen Truppen sammelt noch welche befördert, ist das Anführer- und Eliteprinzip gelungen: Sobald man eine Schlacht startet, zählt man seine regulären sowie elitären Einheiten, die dann die Gesamtstärke der Armee ergeben – entsprechend viele Sechserwürfel werden geworfen, aber maximal fünf; eine Fünf oder Sechs zählt jeweils als Treffer. Der Angegriffene entscheidet dann, wie er den Schaden verteilt. Und auch dort ist angenehmes Grübeln angesagt.

Bei der Verteilung des Schadens darf man nämlich aus elitären auch reguläre Einheiten machen, anstatt eine reguläre zu vernichten – so kann man seine Kampfkraft bewahren. Allerdings werden viele Kartenboni nur gewährt, wenn man auch Elitetruppen dabei hat.  Hinzu kommen graue Anführer bzw. Ringgeister: Sie zählen nicht zur Gesamtstärke der Armee, aber mit ihnen kann man Würfe wiederholen - eine sehr wertvolle Bonusfunktion. Denn im Klartext heißt das: Fünf Anführer bringen fünf neue Chancen beim Würfeln! Auch die Gefährten wie Gandalf, Boromir, Legolas oder Gimli erhöhen die Kampfkraft schwächerer Armeen um einen Punkt. Es lohnt sich also, sie in die Truppe zu integrieren, auch wenn eine Niederlage ihren Tod bedeutet. Manchmal hängt das Schicksal Mittelerdes an einem Wurf.

Ausblick

Ich liebe edle Karten, Miniaturen und natürlich Tolkiens Epos. Das Artdesign und die Ausstattung dieses Spiels lassen keine Wünsche offen. Das Regelwerk ist komplex, aber wunderbar illustriert und verständlich; das Kampfsystem ist einfach, aber bietet genug taktische Modifikationen. Für mich ist es deshalb so stark, weil es neben all den authentischen Ereignissen und bekannten Figuren des Romans auch die politische Situation zwischen freien Völkern und Sauron hervorragend abbildet. Dieser Ringkrieg ist eines der wenigen epischen Brettspiele, die man angesichts der stetig zunehmenden Spannung über mehrere Tage genießen kann – in diesem Fall am besten Pfeife schmauchend und Tee trinkend. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich nachts über die Karte gebeugt über meine nächsten Züge gegrübelt habe. Man hat immer die Qual der Wahl zwischen der militärischen Strategie und dem Abenteuer der Charaktere: Soll ich den Angriff auf Isengart riskieren oder die Hobbits weiter bewegen? Aber über welche Route? Soll ich mehr Zwerge rekrutieren und sie in einer Zange mit den Elben auf Dol Guldur marschieren lassen? Ja, Sauron ist in einer dominanteren Position, aber die Spielbalance wird dadurch nicht gefährdet. Als Rollenspieler finde ich es sogar richtig gut, dass man von der ersten Minute an die Macht des dunklen Herrschers spürt. Wichtig ist: Man kann ihn vernichten. Und noch wichtiger: Das macht verdammt viel Spaß!

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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Kommentare

Jörg Luibl schrieb am
Und dieses Jahr kommt endlich Nachschub, vom selben italienischen Team mit leicht verändertem Konzept: Der Hobbit - Die Schlacht der fünf Heere. Ist bereits für dieses Jahr im dritten Quartal auf Deutsch angekündigt. Ich freu mich wie ein Schnitzel drauf.
http://www.boardgamegeek.com/boardgame/ ... ive-armies
HAL9K schrieb am
Ich würde auch behaupten, dass der Ringkrieg zu viert eher noch besser funktioniert als zu zweit.
Kido schrieb am
ich habe es bisher fast ausschließlich zu 4t gespielt, in vielen vielen Runden und es funktioniert super und macht so sehr viel spaß
gracjanski schrieb am
nee, vergiss es zu viert, es ist ein 2 spieler game
olaf85 schrieb am
Hallo, ich überlege gerade, mir das Spiel zu Weihnachten zu wünschen.
Bei mir ist aber die Frage aufgekommen, ob das Spiel tatsächlich eher auf 2 Spieler ausgelegt ist, oder ob es auch zu 4. Spaß macht, oder ob es da an Reiz verliert?
Da wir immer in einer Gruppe spielen, würde es mich nämlich nur interessieren, wenn es auch zu 4. gut spielbar ist.
Wie sind da so eure Erfahrungen?
Vielen Dank für eure hoffentlich zahlreichen Antworten!
schrieb am