Angebot und Nachfrage
Mein Frachter ist rappelvoll mit "Melf-Fell". Fünf Plätze sind belegt! Ich habe 400 Credits investiert und muss den Kram jetzt möglichst lukrativ verscherbeln. Aber nicht jedes der vierzehn Völker steht auf die haarigen Skalps. Lediglich die Yxklyx, Eeepeeeps, Zums und Whynoms sind als potenzielle Kunden auf dem Marker gekennzeichnet. Wo leben sie? Wurden ihre Kulturen schon entdeckt? Ja, sie sind alle aufgedeckt und auf Planeten verteilt. Ein Blick auf die hübsch illustrierte Galaxiekarte verrät mir, dass die Nachfrage in der Wüstenwelt der insektenartigen Zums gerade besonders hoch ist - wenn ich die Felle dort verkaufe, bekomme ich nicht nur den Verkaufspreis von 750 Credits, sondern plus 100 Credits. Das wäre ein satter Gewinn von 450 Credits! Allerdings hat ein Gegenspieler dort einen Raumhafen und würde zehn Prozent Kommission vom kompletten Umsatz einsacken.
Doch ich habe drei andere Probleme: Erstens befinde ich mich quasi am anderen Ende der Karte - es ist ein weiter Weg zur Wüstenwelt. Zweitens hat mein bulliger Frachter nur eine Geschwindigkeit von 2. Das heißt, dass ich nur zwei Sechserwürfel benutzen darf. Und drittens liegt ein anderer Händler mit 1700 Credits vorne, so dass ihm nur 300 bis zum Spielsieg fehlen. Was tun? Vielleicht komme ich ja über eine andere Route mit anderen Waren schneller zu Geld? Ich könnte z.B. ein Melf-Fell von Bord werfen und den Delikatessen-Händler im galaktischen Zentrum aufgabeln, um ihn gegen eine Taxigebühr von 300 Credits an sein Ziel zu bringen (die anderen ahnen hoffentlich nicht, dass er in dieser Variante gar nicht dabei sein dürfte - aber dazu später mehr). Auf dem Weg dorthin könnte ich auch "Lebendiges Spielzeug" einkaufen, zumal ich in dem System sogar eine Fabrik habe und den Kram für die Hälfte bekomme...
Monopoly im Weltraum
Vier Plastik-Raumschiffe auf der Suche nach der richtigen Route. Wer findet die besten Angebote, wer sichert sich fette Gewinne?
In Merchant of Venus geht es nicht um Kampf und Eroberung, sondern vor allem um den Handel, um das Ausnutzen von Angebot und Nachfrage sowie die optimale Routenwahl. Bis zu vier Spieler suchen sich ein Volk aus und starten mit einem einfachen Raumschiff der Scout-Klasse, das lediglich zwei Waren bzw. Passagiere transportieren kann und keine fortschrittlichen Technologien besitzt. Aber schon bald kann man nicht nur einen besseren Antrieb einbauen, um gelbe oder rote Felder auf der Karte zu überspringen, sondern auch einen Schild, damit man nicht auf Gefahrenfeldern stoppen und Credits zahlen muss. Schließlich kann man auch vom Scout zu einem der anderen Schiffstypen Klipper, Transporter oder Frachter wechseln - je nachdem, ob man eher mit Tempo viel Kleinkram oder mit Geduld große Warenpaletten an den Mann bringen will.
Das Spiel erinnert zwischendurch an ein futuristisches Monopoly: Wer als Erster bestimmte Völker entdeckt, bekommt einen Bonus und man kann quasi seine Claims auf der Karte abstecken, indem man Fabriken baut oder Raumhäfen kauft - so profitiert man vom Besuch oder Umsatz der Kontrahenten. Zwar gibt es keine Gefechte, aber etwas Spannung kommt durch die zu Beginn verdeckten Begegnungsfelder auf, unter denen sich Gefahren, nützliche technologische Relikte oder Teleportale befinden können. Letztere gewinnen im Laufe der Spielzeit immer mehr an Bedeutung, denn sie sind natürlich der schnellste Weg von A nach B. Aufgrund einer Besonderheit darf man nämlich nicht einfach so über die Karte düsen: Man muss auf die braunen Navigationsfelder achten, die quasi Austritte aus oder in Umlaufbahnen simulieren - dort kann man nur mit einem
Riesige Karte, hunderte Plättchen: Man braucht viel Platz für dieses Spiel - und Zeit!
bestimmten Würfelwert in eine Richtung weiter reisen. Manchmal hat man einfach Pech und muss eine Extrarunde drehen.
Dann lohnt sich ein Blick auf die witzigen Zeichnungen der Außerirdischen oder auf die vielen skurrilen Waren von "reinrassigen Schrauben" bis "unsterbliches Schmierfett", die sich auf der linken Seite der Karte stapeln. Man bekommt nicht nur viel Masse an Plättchen, sondern auch Klasse hinsichtlich des Artdesigns. Außerdem kommt der Humor in den Texten nicht zur kurz. So werden z.B. die Yxklyx beschrieben:
"Diese asozialen, krabbenartigen Kreaturen sind brillante Chemiker, die (...) dazu neigen, andere Rassen als mögliche Testobjekte zu betrachten."
Gerade wenn man sich zu Beginn, wenn die Sternenkarte noch unerforscht ist, etwas Zeit lässt und beim Erstkontakt die Beschreibungen der Völker laut vorliest, entsteht ein angenehm süffisantes Flair am Tisch.