Brettspiel-Test: Winter der Toten (Rollenspiel (Koop-Abenteuer))

von Jörg Luibl



Winter der Toten (Brettspiel) von Heidelberger Spieleverlag
Zombies draußen, Verräter drinnen
Spielinfo Bilder  
Plaid Hat Games hat sich einen Namen gemacht. Die Amerikaner sind bekannt für hochwertig produzierte Brettspiele à la BioShock: Infinite, das leider noch nicht auf Deutsch erschienen ist. Aber spätestens mit dem stimmungsvollen Rollenspiel Maus & Mystik haben sie auch hierzulande viele Freunde gefunden. Jetzt widmen sie sich einem Thema, das auch auf dem Tisch von einer Horde an Titeln überlaufen scheint: Zombies. Doch sie inszenieren mehr als Schlurf & Slay: Dieses Abenteuer punktet mit kreativen Ideen, situativem Storytelling und psychologischem Nervenkitzel.


Moral im Keller...

Das sieht gar nicht gut aus: Nachdem auch noch Buddy und Jenny gebissen wurden, sinkt die Moral in der Kolonie auf mickrige zwei Punkte - erreicht sie null, ist das Spiel für alle vorbei. Auch die Gesichter am Tisch wirken alles andere als heiter. Wie können die restlichen Überlebenden das gemeinsame Ziel erreichen? Sie müssen mindestens sechs Einheiten Medizin für ein Heilmittel gegen die Zombieplage sammeln. Nur wenn sie wirklich effizient zusammen arbeiten ist es vielleicht noch möglich. Denn nicht nur die Untoten setzen den Menschen bei jeder Bewegungen und jedem Kampf zu, auch der Winter fordert mit Erfrierungen sowie Hunger seinen Tribut. Außerdem könnte es einen Verräter in den eigenen Reihen geben. Also muss gerade im letzten Drittel jede Aktion wohlüberlegt sein. Und man muss genau hinsehen, wer sich wie verhält.

Winter der Toten ist komplett auf Deutsch beim Heidelberger Spieleverlag erschienen und kostet knapp 40 Euro. Es ist für zwei bis fünf Spieler ausgelegt.
Winter der Toten ist komplett auf Deutsch beim Heidelberger Spieleverlag erschienen und kostet knapp 40 Euro. Es ist für zwei bis fünf Spieler ausgelegt.
So entstehen schnell hitzige Diskussionen am Tisch, wenn es um die Taktik der nächsten Züge geht. Wer soll das Risiko eingehen, die Tankstelle oder den Supermarkt zu durchsuchen, damit man dort vielleicht Nahrung findet? Es gibt sechs Orte außerhalb der Kolonie, in denen man nützliche Objekte mit anderen Wahrscheinlichkeiten finden kann - die Polizeistation erhöht z.B. die Chance auf eine Waffe, die Schule eher auf Bücher. Falls man dort heil ankommt: Wie lange sucht man wegen der Geräusche, die später Zombies anlocken? Bewegt man Leute aus der Kolonie heraus, um weniger Essen ausgeben zu müssen? Soll man Barrikaden gegen Stürmungen errichten? Außerdem sollte jeder in seinem Zug genug Karten zur Abwendung der aktuellen Krise beisteuern, damit man nicht noch mehr Nachteile in Kauf nehmen muss: Kommt z.B. ein Schneesturm auf und man sammelt nicht genug Benzin, darf sich niemand bewegen und die Moral sinkt - autsch! Apropos: Sollte man da nicht besser einen Spieler verbannen, der sich so komisch verhält und bisher nichts beisteuerte? Dabei hat er doch so viele Karten auf der Hand!

Hirn aus, Feuer frei?

Es gibt 30 Überlebende mit individuellen Fähigkeiten. Jeder Spieler führt eine stetig wachsende Gruppe an und startet mit zwei Figuren, von denen einer der Anführer ist.
Es gibt 30 Überlebende mit individuellen Fähigkeiten. Jeder Spieler führt eine Gruppe an und startet mit zwei Figuren.
Nein, der Winter der Toten ist kein so genannter "No-Brainer", sondern steht eher in der Tradition von Villen des Wahnsinns oder Battlestar Galactica. Im Gegensatz zu reinem (und witzigen!) Gemetzel wie etwa in Zombies!!! geht es hier um ein semi-kooperatives Abenteuer mit erzählerischem Hintergrund und etwas psychologischem Nervenkitzel. Bis zu fünf Spieler übernehmen jeweils eine Gruppe an Überlebenden mit individuellen Fähigkeiten, die sich in einer verschneiten Kolonie verschanzt haben - zu Beginn hat man nur zwei Leute, es können schnell viel mehr werden. Die Nachteile: Die locken auch mehr Zombies an und müssen alle essen; Hunger senkt ja die Moral. Der Vorteil: Man kann mit größerer Gruppe auch mehr Aktionswürfel für Kämpfe, Durchsuchungen, Bewegungen, Barrikaden, Spezialfähigkeiten etc. ausgeben und das Abenteuer natürlich stärker beeinflussen.

Das 19-seitige Regelwerk ist schnell verinnerlicht.
Winter der Toten ist ein anspruchsvolles, aber überraschend leicht erlerntes Spiel: Das 19-seitige Regelwerk ist schnell verinnerlicht.
Die schiere Masse der Zombies wird gut simuliert: Nachdem alle Spieler agiert haben, werden je nach Krisen, Überlebenden und Geräuschen frische Zombies in klarer Reihenfolge an allen Orten platziert, wobei sie sofort dort die Türen stürmen, wo sie eine kritische Zahl überschreiten - dann stirbt  sofort ein Überlebender. Während draußen also permannet die Untoten heran schlurfen, gilt es neben dem reinen Überleben aktuelle Krisen wie Benzinknappheit & Co abzuwenden sowie am Ende ein gemeinsames Ziel für alle Gruppen zu erreichen - z.B. eine bestimmte Menge an Nahrung zu sammeln, Barrikaden zu errichten oder Zombies zu töten. Sehr schön: Es gibt zwanzig Krisen und zehn dieser universalen Ziele mit unterschiedlichem Aufbau in jeweils normaler sowie harter Variante, die von kurz über mittel bis lang markiert sind, so dass man auch mal eine knackige Runde in 30 bis 45 Minuten spielen kann.

Kommentare

lord_dude schrieb am
Ich habe das Spiel heute endlich bekommen und wollte gleich am Wochenende eine Partie spielen.
Leider habe ich beim auspacken nun festgestellt, dass der Infektionswürfel fehlt.
Kann mir einer der das Spiel besitzt diesen genau beschreiben? Also welche Seiten wie oft vorhanden sind, dass man einen temporären Ersatz benutzen kann?
Vielen Dank...
Oshikai schrieb am
Korrekt - bei der Verrätervariante werden ja für jeden Spieler je eine anstatt zwei geheime Zielkarten zusammen gemischt + eine Verräter Zielkarte. Ist also noch alles offen.. :)
Hatte neulich nen zu lieben Spieler in unserer Runde - eins seiner geheimen Ziele war, einen anderen Spieler in die Verbannung zu schicken. Er hats bis zum Ende gar nicht erst versucht, da er keinen verdächtigte.. scheiße, ich hätte alles gegeben einen rauszuhauen ! :mrgreen:
Roebb schrieb am
Man sollte mMn nur die Wahrscheinlichkeit für einen Verräter nicht komplett auf 100% drehen, damit immernoch die Möglicheit existiert, dass es garkeinen Verräter gibt.
Und sollte die Wahrscheinlichkeit für eine rein kooperative Runde relativ klein sein, man verhält sich allein aufgrund der Möglichkeit doch etwas anders ^^
Alanthir schrieb am
Ja, ohne verräter Variante finde ich es auch etwas zu langweilig. Allgemein ist es, im normalen Modus, etwas zu einfach, wie unsere Spielrunde findet. Aber irgendwie spielen bei uns auch alle total harmonisch, ich freue mich schon darauf, dass ich irgendwann mal der Verräter bin :mrgreen:
Oshikai schrieb am
Test ist ja voll an mir vorbeigegangen.. top Spiel, kanns jedem nur empfehlen !! :)
Wir spielen meist direkt die Verrätervariante - die Chance dass ein Verräter unter einem ist ist einfach um einiges höher und dass gegenseitige misstrauen ebenfalls.. :lol:
schrieb am