Brettspiel-Test: Scythe (Aufbaustrategie)

von Jörg Luibl



Publisher: Stonemaier Games
Release:
16.10.2016
Spielinfo Bilder  
Viel Auswahl an Aktionen

Was kann man in seinem Zug machen? Es gibt vier Möglichkeiten: Aufrüsten und entwickeln, produzieren und einsetzen, bewegen und bauen sowie handeln und rekrutieren. Auch hier greift ein interessanter Mechanismus, denn man wählt eine Aktion auf seinem klar strukturierten Spielertableau aus, wobei man von oben nach unten vorgehen kann, um z.B. erst aufzurüsten und danach zu entwickeln. Es sind also immer zwei Aktionen miteinander verwoben. Das Schöne ist, dass man jede dieser Möglichkeiten im Laufe des Spiels günstiger bzw. stärker machen kann.

Die Vertiefungen auf den Spielertableaus sind sehr sinnvoll.
Die Vertiefungen auf den Spielertableaus lassen nichts verrutschen. Man hat vier Aktionen, wobei man von oben nach unten vorgeht.
Und weil jeder dieser Bereiche an einen Rohstoff wie Öl, Metall, Holz oder Nahrung gebunden ist, sollte man seine geostrategischen Eroberungen mit seiner allgemeinen Strategie sowie dem angstrebten Ziel verbinden. Sprich: Wer es auf den Erfolg alle Mechs einzusetzen abgesehen hat, sollte Regionen mit Metall erobern, denn ein Stahlkoloss kostet drei dieser Einheiten. Wer den Erfolg der Gebäude verbuchen will, sollte sich eher auf Holz konzentrieren. Aber weil man für das eine manchmal auch das andere benötigt, z.B. die passende Bewegung auf der Karte, aber auch Ansehen und Stärke, entsteht schnell die Qual der Wahl.

Vertreibungen und Eroberungen

Abgesehen davon, dass jeder so effizient wie möglich seine Aktionen auf dem Spielertableau erweitert und die drei Einheitentypen Anführer, Arbeiter sowie Mech
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Noch belauern sich Blau und Rot, aber irgendwann lassen sich Kämpfe nicht mehr vermeiden. Pro Anführer und Mech in einem Gebiet darf man eine Kampfkarte zu der eigenen Stärke rechnen.
über die Karte bewegt, kommt es natürlich auch zum Kampf. Und auch hier sorgen schon vorher subtile Regeln dafür, dass sich dieses Scythe angenehm durchdacht anfühlt: Wer z.B. mit seinem Mech in eine Region mit feindlichen Arbeitern stampft, bekämpft oder vernichtet diese nicht, sondern vertreibt sie in ihre Heimat. Damit beherrscht man natürlich das Gebiet. Aber: Für jeden Flüchtigen muss man ein Ansehen zahlen!

Das ist eine tolle Wechselwirkung, die auch von den eingangs erwähnten Ereignissen gestützt wird: Wer sich in einer Situation für skrupellosen Raub und fette Beute entscheidet, macht zwar kurzfristig Gewinn, aber verliert ebenfalls das für die Endabrechnung so wichtige Ansehen.

Trotzdem ist Scythe natürlich kein Spiel für Pazifisten: Wer clever erobert, kann es auch gewinnen! Dabei werden die Kämpfe zügig, ohne all zu großen Glücksfaktor, aber mit dezentem Bluffcharakter ausgetragen.

Jede Nation verfügt über ein Mechmodell.
Jede Nation verfügt über ein Mechmodell.
Es wird nicht gewürfelt, sondern zunächst auf einer Scheibe verdeckt entschieden, wie viel seiner für alle sichtbaren Stärke man einsetzen möchte. Aber damit hat man noch nicht gewonnen: Außerdem darf man eine Kampfkarte pro anwesendem eigenen Anführer oder Mech ausspielen - wer mit allen zusammen das höchste Ergebnis erzielt, gewinnt das Gefecht; bei Gleichstand der Angreifer. Das ist ein sehr simples Prinzip, das durchaus die attackierende Masse bevorteilt, aber das kann ja auch nach Clausewitz entscheidend für den Sieg sein und sorgt für einen flotten Spielfluss. Dank der nationalen Fähigkeiten kommt noch etwas Würze hinzu: Wer z.B. die Rusvet-Union spielt, darf bei Arbeitern im Kampfgebiet eine zweite Kampfkarte ausspielen; das Khanat der Krim darf eine Kampfkarte stehlen etc.

Kommentare

Dat Scharger schrieb am
Ich entschuldige mich fürs Ausgraben, denke aber, dass Folgendes für den ein oder anderen durchaus interessant sein dürfte:
Scythe hat auf Steam seit Ende letzten Jahres eine digitale Umsetzung spendiert bekommen, gemeinsam mit der Erweiterung "Invasoren aus der Ferne", die jedoch separat erworben werden muss. Zudem bietet es ein umfangreiches Tutorial, das jedes einzelne Spielelement genau erläutert und KI-Gegner in drei Schwierigkeitsgraden. Natürlich kommt es auch mit den pdfs der (deutschen) Regelbücher.
Wer mit dem Spiel liebäugelt, aber befürchtet dafür keine RL-Gruppe finden und/oder Angst hat sich nicht jede noch so kleine Regel merken zu können - wie ich ;) -, dürfte vielleicht mit der digitalen Umsetzung glücklich werden. Und günstiger ist sie allemal.
Redshirt schrieb am
Lieber Jörg,
mit großem Interesse habe ich deine Review kürzlich gelesen, da ich derzeit schwer überlege, mir dieses Spiel zuzulegen. Erste Tests und Eindrücke waren damals ja voller Begeisterung; mittlerweile scheinen Reaktionen aber gemischt auszufallen. Kritik kommt dabei hauptsächlich in Bezug auf den Wiederspielwert und die Abwechslung auf. Da ich für gewöhnlich modulare Spiele liebe, wo sich jede Partie etwas anders gestaltet, bin ich hellhörig geworden. Und die Kritiken lesen sich schlüssig: Die Fraktionen starten auf vorgegebenen Feldern. Bewegungen über Wasser kann man freischalten, jedoch ist bei jeder Fraktion vorgegeben, über welche Felder sie Flüsse überqueren kann. Die Spielermatten wechselt man zwar durch, aber die Unterschiede sollen sich nur marginal auswirken.
Alles in allem liest es sich so, als spiele man hauptsächlich für sich selbst und auch da irgendwann nach Schema F, Abwechslung und Wiederspielwert kämen da zu kurz. Demgegenüber stehen Meinungen, die das Gegenteil behaupten oder zumindest sagen, dass sie auch nach 30+ Partien nach wie vor begeistert vom Prinzip sind.
Nach deiner Review damals ist ja etwas Zeit ins Land gegangen, vermutlich hast du auch danach noch die ein oder andere Partie gespielt. Könntest du einen kurzen Eindruck geben, ob und inwiefern sich deine Meinung zum Spiel gewandelt hat? Würdest du es immer noch mit demselben Urteil wie 2016 empfehlen oder hat sich auch bei euch ein Ermüdungseffekt eingestellt? Mangelt es wirklich an Abwechslung und Varianz? Falls ja, beheben die Addons diese Probleme? Über ein kurzes Statement würde ich mich freuen, da ich bei so vielen Fragezeichen noch davor zurückschrecke, ~70 Euro in die Hand zu nehmen.
Die Frage richtet sich auch an alle anderen Besitzer und Leute, die Erfahrungen mit dem Spiel haben. Packt ihr das Spiel heute auch noch gerne auf den Tisch oder ist die Luft raus?
TanteDörte schrieb am
Vielen Dank für den guten und ausführlichen Test. Mir macht das Spiel sehr viel Spaß, ich habe aber auch noch nicht so viele Runden hinter mir..
Zocke gerade "The Others" und "Die Kolonisten". Beide würden sich auch recht gut für einen Test eignen, falls sie noch nicht auf dem Radar waren :D .
Als altes Netrunner-Wesen freu ich mich natürlich auch nächstes Jahr auf "New Angeles"...
Habt ein paar entspannte Weihnachtstage!
M_Coaster schrieb am
Ich glaube das ist auch einer der Vorteile des Spiels - man kann es obwohl es komplexer ist, mit vielen Leuten spielen. Ich finde ab dem Midgame wird das Spiel aber uninteressanter und wenn man es häufiger spielt, dann wird es schnell monoton, obwohl das Spiel modular ist. Ich habe es auf der Spiel16 für 50? gekauft - ich bereue den Kauf nicht, es war aber einer der schlechteren Investitionen.
danibua schrieb am
Mir gefällts, trotz leichtem monopoly charakter, sehr viel besser als gedacht, vielleicht auch deshalb weil meine frau da auch ganz gerne mitspielt.
Hatte es eigentlich nur mitgenommen weil mein lokaler händler ne black friday aktion auf pegasus spiele hatte und ich es da um 30? mitnehmen konnte.
Erwartet hatte ich nicht viel davon, die idee rinder durch die pampas zu treiben hatte einfach keine faszination auf mich ausgeübt.
Umso schöner wenns letztenendes gefällt :)
schrieb am