Aussagekräftige Illustration und starke Solovariante
Zwei Dinge möchte ich noch lobend erwähnen. Zum einen das Artdesign von Dennis Lohausen, das auf den ersten Blick vielleicht etwas bieder wirkt - mich hat es allerdings mit seinen bunten Planeten auf charmante Art an das "Spiel des Wissens" aus den 80ern erinnert. Und gerade bei komplexeren Brettspielen geht es über den künstlerischen Wow-Effekt hinaus immer auch darum, Zusammenhänge visuell zu verdeutlichen, indem man auf dem Spielplan sowie den Tableaus verkürzende Hinweise gibt - und das gelingt Gaia Project sehr gut. Nach zwei, drei Spielen weiß man die kleinen Symbole zu schätzen: die offenen Hände für die Ernte, aber auch subtilere Dinge wie die transparenten Rahme, die beim Bau von Labor oder Akademie
Im Spiel zu viert wird es richtig spannend, weil es über Allianzen auch um Gebietskontrolle geht.
sichtbar werden und auf die Forschung hinweisen; oder dass Ausbautechnologien exakt in die Basistechnologien passen, weil sie eine davon ersetzen.
Zum anderen möchte ich die Solovariante "Gaia Project Automa" herausheben, die nicht wie so oft aus kleineren Anpassungen besteht, sondern die ein komplett eigenständiges achtseitiges Regelwerk mit KI-Zügen in mehreren Schwierigkeitsgraden bietet. Dafür wurden extra spezielle Völkerkarten sowie Umwandlungen konzipiert, aber auch konkrete Baubefehle mit Prioritäten, die man in einem Deck mit Karten jedesmal neu zusammen stellen kann. Zwar wird nur ein virtueller Gegner damit simuliert, außerdem wird einiges für diesen komplett ignoriert oder vereinfacht, aber es macht richtig Spaß, sich mit ihm zu messen.
Was gefällt nicht so gut?
Gaia Project hat auch ein paar Schwächen, die aber komplett von den Stärken oder je nach Aufbau kompensiert werden. Ganz vom Glück befreit ist es nicht: Vor allem die Art der Boni, die man schon während des Spiels bekommt, aber auch die finalen Siegbedingungen, werden durch zufällig gezogene Plättchen bestimmt - jetzt kann es aber sein, dass dort in der ersten Runde schon Abrechnungen für Allianzen oder Regierungssitze auftauchen, die natürlich noch keiner hat; manchmal ändern wir das dann einfach. Außerdem sind nicht alle exklusiven Fähigkeiten der Völker gleich wertvoll, so dass sich auf Dauer aus den vierzehn Völkern nur eine Hand voll als Favoriten heraus kristallisieren. Auch bei der Forschung haben wir auf lange Sicht vor allem im blauen Bereich des Wissens sowie des Terraformings expandiert, wohingegen Gaia-Projekte oder Künstliche
Falls ihr Terra Mystica gerne gespielt habt, ist Gaia Project ein Selbstläufer: Helge Ostertag und Jens Drögemüller erweitern das erfolgreiche Konzept um mehr Möglichkeiten.
Intelligenz weitgehend ignoriert wurden. Zudem ist das Spiel eher was für Grübler als für Quassler: Die Kommunikation am Tisch hält sich in Grenzen und Handel à la
Merchant of Venus gibt es nicht.
Fazit
Gaia Project ist eine sehr gute futuristische Fortsetzung von Terra Mystica. Wer das charmante Fantasy-Vorbild mochte, wird sich über etwas mehr Möglichkeiten im Weltraum freuen. Auch hier greifen Gebäudebau, Ernte, Terraforming und Forschung auf unterhaltsame Art ineinander. Hinzu kommen vierzehn Völker mit exklusiven Merkmalen sowie eine modulare Karte, so dass sich jedesmal neue Herausforderungen zwischen bunten Planeten ergeben. Wer kompetitive Aufbaustrategie sucht, wird hier einen spannenden Wettlauf für bis zu vier Spieler erleben, der direkt in unsere Top 20 eingestiegen ist - auch eine Solovariante ist vorhanden. Falls ihr eine kriegerische Alternative mit 4X-Flair sucht, sollte ihr auf jeden Fall mal Eclipse ausprobieren. Falls ihr im Weltraum mit zig Waren handeln wollt und es etwas kommunikativer am Tisch mögt, kann ich Merchant of Venus empfehlen.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps, Klassiker oder ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet. Mehr Brettspiel-Tests und eine Top 20