Aus Liebe zum Spiel
Virtua Tennis - das ist für mich Emotion pur! Epische Duelle im Freundeskreis und in der Redaktion. Dazu eine langjährige Freundschaft, die ihren Ursprung in einem Games-Convention-Match bei Virtua Tennis nahm. Und natürlich meine zwei Interview-Treffen mit Mie Kumagai, der ehemaligen Hitmaker-Chefin - sie ist die Mutter der Virtua-Tennis-Serie, natürlich selbst Tennisfan, war im Jahr 2003 die erste weibliche Studio-Chefin bei Sega und auch noch so freundlich, mir meine sämtlichen Virtua-Tennis-Packungen mit ihrer Unterschrift zu veredeln. "Sämtliche" heißt im Fall des ersten Virtua Tennis bei mir natürlich: dreimal die Dreamcast-Version. In wunderschönem blauem PAL, amerikanischem NTSC und japanischem Jewel Case, auf dem „Power Smash Sega Professional Tennis“ prangt; so heißt der Titel nämlich in Japan. Aber ich schweife ab, bevor ich überhaupt begonnen habe…
Bild-im-Bild-Einblendungen, Nahaufnahmen, tobendes Publikum - die Präsentation in Virtua Tennis war topmodern.
Passend zum 20-jährigen 4Players-Jubiläum und unserem
PUR-Talk zu den Meilensteinen des Jahres 2000 haben wir uns dieses Kultspiel als Retro-Klassiker des Monats ausgesucht. Virtua Tennis erschien zwar bereits 1999, natürlich auf Naomi-Hardware in der Spielhalle, wurde aber im Jahr 2000 für die damals aktuelle Sega-Konsole Dreamcast umgesetzt. Der offizielle Arcade-Flyer pries die „realistischen Spielerbewegungen basierend auf Motion-Capturing-Aufnahmen“ und das pompöse Drumherum mit Schiedsrichter und vollen Zuschauerrängen an. Und tatsächlich können sich Teilaspekte dieses 20 Jahre alten Spiels optisch noch sehen lassen: Während grob modellierte und texturierte Spielergesichter heutzutage ein wenig gruselig wirken, sind der griffig aussehende Court-Boden inklusive der Spuren darauf, die Punkteanzeigen oder die Arena generell ziemlich ordentlich gealtert.
Echte Stars
Virtua Tennis leistete sich nicht die Lizenzen von Wimbledon, US Open & Co. - demzufolge schlägt man zwar nicht im All England Club oder in Flushing Meadows auf. Trotzdem sind alle wesentlichen Bodenbeläge dabei, von Gras und Hartplatz bis Teppich oder Asche. Volle Lizenzpower gab es dafür auf Spielerseite: Acht männliche Topspieler waren dabei (Courier, Haas, Henman, Kafelnikov, Johansson, Moya, Phillippoussis, Pioline), Racket schwingende Damen gab es hingegen erst im Nachfolger. Alle acht Athleten besitzen besondere Talente: Haas hat eine top Vorhand, Henman brilliert am Netz, Philippoussis schlägt brutal auf und Kafelnikov feuert seine Rückhand härter als alle anderen.
Macht was her aufm Bild, war aber nie so gut spielbar wie in Einzelmatch: Doppel.
Neben überzeugender Technik, Star-Power und simpler Steuerung (nur zwei Tasten für die Schläge) fesselte der damals wie heute fantastische Kompromiss aus Arcade-Zugänglichkeit und variantenreichem Spiel an die Konsole. Virtua Tennis war mehr als ein modernes Polygon-Pong, wo allein der gewinnt, der besser die Schlagrichtung des Gegners antizipiert. Es war wegen seiner grandiosen Spielbarkeit nicht nur ein Meilenstein im Tennisgenre, sondern generell ein Sportspiel, das seinen Namen in die Geschichtsbücher eintragen durfte. Neben dem variablen Standardschlag gab es nur die Lob-Taste - ein Konzept, das angesichts späterer Serienteile und Top-Spin-Episoden spartanisch anmutet. In der Tat verhindert es perfekte Stopbälle, die hinter dem Netz wie Blei zu Boden fallen. Davon abgesehen ist aber alles enthalten, was den echten Sport so reizvoll macht: wuchtige Asse durch die Mitte, knallharte Longline-Returns, lange Angriffsbälle zur Vorbereitung des Netzspiels, punktgenaue Volleys und unerreichbare Schmetterbälle.