Die Reise ins Ich
Drei Menschen steigen in ein Auto, fahren in die Nacht – doch nur eine scheint den schweren Unfall zu überleben. Träumt sie, wenn sich Erinnerungen aus der Vergangenheit wie Fotos vor ihrem geistigen Auge manifestieren? Was bedeuten die Bilder? Welche Geschichte erzählen sie? Trauma wagt es, diese Fragen nicht zu beantworten. Es hinterlässt Hinweise und Spuren. Es reiht sie aber nicht auf einer roten Schnur aneinander.
Video:
Geheimnisvoll und spannend: Eine fesselnde Erzählstimme schwebt in fernen Erinnerungen.
Man spielt Trauma, als würde man sich durch Fotos eines Ego-Shooters klicken: Befindet sich der Mauszeiger an der richtigen Stelle, erscheint ein verschwommenes Phantombild – klickt man drauf, bewegt sich die Kamera an diese Position. Die ruhige Stimme der Überlebenden führt durch die psychologische Reise und beschreibt viele Einstellungen meist nachdenklich, manchmal traurig. Einige Kommentare sind Hinweise zum Spiel, die meisten sind Gedankenblitze aus ihrer Vergangenheit.
Doch wie viele von ihnen werden einen bleibenden Eindruck hinterlassen? Zu banal ist das Absuchen der Bilder, bei dem die Maus fast schon nervös über die reizvollen Bilder fährt. Aktiv taucht man nie in diese Träume ab. Ohnehin klickt man sich viel zu schnell durch alle Facetten der vier kurzen Träume - meine Entdeckungsreise war leider schon vorbei, bevor sie mich mit Haut und Haaren packen konnte.
Faszinierende Klaustrophobie
Dennoch: So lange man sich in den Fluss der bedächtigen Akustik fallen lässt, wandelt man durch eine spannende Welt, in der die Zeit festgefroren scheint. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit erzeugt ein beinahe klaustrophobisches Gefühl des Feststeckens. Im besten Sinne hat man keine andere Wahl, als sich auf den Inhalt zu konzentrieren. Wer sind die Geister, über die die Stimme spricht? Was hat es mit dem Gewicht auf sich, unter dem ihr Teddybär begraben liegt? Wozu der Schwenk auf Hoppers „Nighthawks“? Welche Straße hat weder einen Anfang noch ein Ende?
Das Ziel ist nicht das Levelende. Man kommt zwar nicht voran, ohne sich durch den in gewisser Weise dreidimensionalen Raum zu bewegen – doch nur der Weg ist das Ziel, nicht der Ausgang. Jeder der vier Träume endet einfach,
|
In einigen Bildern entdeckt man Hinweise zu neuen Mausgesten. |
wenn man bestimmte Bilder erreicht. Es gibt keine echten Geheimnisse, keine Auflösung. Entweder lässt man sich in die gefrorenen Fragmente fallen oder spielt erst gar nicht.
Das versteckte Spiel
Zu vorsichtig deutet Trauma an, dass es auch ein Spiel sein will: Wenn in den Träumen kleine Polaroids mit weiteren Hinweisen versteckt sind. Auch wenn man auf bestimmten Bildern eine von vier Mausgesten ausführt, um einen Stein zu heben oder Gestrüpp von einen zugewachsenen Weg zu wischen. In jedem der vier Träume erklärt ein Polaroid nur eine dieser Gesten - so entdeckt man neue Aspekte eines bereits erlebten Traums, wenn man ihn noch einmal ergründet.
Mit anderen Gesten darf man sich vor, zurück oder zur Seite bewegen. Man kann sich allerdings fast ausschließlich auch über Schaltflächen durch das Spiel bewegen - und das zerstört leider einen wichtigen Teil der Faszination: das aktive Eintauchen in die starken Bilder. Meist rast meine Maus im Eiltempo über das Bild, um markierte Hier-geht's-weiter-Felder aufzuspüren. Viel zu schnell klickt man sich so durch die vier kurzen Träume. Banale Wimmelbilder sind da anspruchsvoller.