Wääb-wööb-wäwäwööb!
Ich habe es selten erlebt, dass zwei Stunden derart schnell vorbei waren wie beim Spielen von Yooka-Laylee. Hier noch eine Welt freischalten, dort noch ein Minispiel ausprobieren – und schon war es dunkel geworden und ich fühlte mich wie an einem Retro-Nachmittag vorm guten alten N64. Als das Genre des 3D-Plattformers vor ein paar Jahren praktisch nur noch von Mario beackert wurde, taten sich Chris Sutherland, Steven Hurst und andere ehemalige Rare-Entwickler zusammen: Mit der Hilfe von Kickstarter wollten sie das Spielgefühl alter Klassiker wie
Banjo-Kazooie aufleben lassen, was ihnen allem Anschein nach ziemlich gut gelungen ist. Ähnlich wie bei
Super Mario Sunshine handelt es sich um eine verhältnismäßig offene Welt, in der man nach und nach neue Abschnitte freischaltet und natürlich „Rare-typisch“ jede Menge Sammelkram anhäuft. Der Wust unterschiedlicher Objekte wirkt zunächst wieder ein wenig überwältigend: Man sollte zu Beginn also gut aufpassen, was einem die in charmantem Kauderwelsch plappernden Figuren zu sagen haben, damit man sich nicht verzettelt. Im Studio sorgten die „Sprach-Aufnahmen" übrigens für ungewöhnliche Unterbechungen im Entwicklungsalltag. Technical-Art-Director Mark Stevenson erläutert:
Technical-Art-Director Mark Stevenson hat einen Teil der bizarren Figuren designt, die in der Welt auf den Spieler warten, um ihn mit Nebenaufgaben zu versorgen.
„Ja, die Stimmen - oh Gott! Das war in der Tat ziemlich lustig, weil ein Großteil des Teams auch die Stimmen machte. Wir haben da einen Raum abseits des Haupt-Büros, welcher unglücklicherweise nicht all zu schalldicht ist. Immer, wenn jemand hinein ging, hörte man eine Stunde lang all diese seltsamen Geräusche und alle anderen haben sich nebenan halb totgelacht, weil sie drüben die ganze Zeit über am grunzen und stöhnen waren.“
Farbenfrohe Luftschlösser
Mit der Zeit erkundet man immer mehr Ecken rund um die idyllischen Tempel, unterirdischen Verliese und Geheimverstecke am Rande von Felsmassiven. Wer genügend Seiten eines gestohlenen magischen Buchs gesammelt hat, kann sich entscheiden, ob er damit eine neue Welt freischaltet oder erst einmal die alte mit neuen Passagen, Stegen und Arealen mit höherem Schwierigkeitsgrad erweitert, um zu üben und Schätze zu sammeln. Die Tunichtgute Capital B und Dr. Quack hegen einen ebenso perfiden wie bescheuerten Plan: Sie wollen mit Hilfe eines magischen Buchs die komplette Weltliteratur absorbieren, sie in „puren Profit“ verwandeln und so die Weltherrschaft an sich reißen - was das Duo natürlich tunlichst verhindern möchte.
Wie wär's mit einer Runde Yooka-Ball?
Die mit der Unity-Engine gebaute bunte Welt sieht trotz nur solider Technik derart idyllisch und einladend aus, dass man gar nicht anders kann, als sich auf eine ausgiebige Entdeckungstour zu begeben. Vor allem die vertikalen Elemente wecken auch in älteren Spielern wieder kindliche Neugier: Überall warten in warmen Farben beleuchtete Lichtungen, zerklüftete Berge oder verwinkelte Tempel und Tümpel darauf, erforscht zu werden. Das Schöne daran: Im Gegensatz zu manch anderem Sammelmarathon mit offener Welt ist das Anhäufen von Buchseiten und anderem Krempel fast immer mit einer angenenehmen Herausforderung verknüpft – genauer gesagt: dem Anspruch ans Hüpfgeschick. Schon in den ersten zwei Levels konfrontiert Playtonic seine Spieler mit einigen Passagen, in denen gutes Timing gefragt ist. Sie sind noch nicht wirklich knifflig, aber man gibt bereits zu verstehen, dass man sich bei dem Herzensprojekt alter Schule offenbar nicht zu sehr an Gelegenheitsspielern anbiedern möchte.
Gemütliches Tempo
Die im Vergleich zu Mario etwas behäbigere Steuerung wirkte etwas knackiger als in der Playroom-Demo. Sie orientiert sich vom Spielgefühl her am offensichtlichen Vorbild Banjo-Kazooie, wobei die Kamerasteuerung und andere Feinheiten natürlich etwas moderner geraten sind. Wenn man etwa hoch über einem frostig glitzernden See über einen eisigen Steg balanciert, funkt nur selten die sich automatisch nachjusterende Sicht dazwischen. Wie in der Frühzeit des Genres ist die Kameraregie auch heute noch eines der kniffligsten Themen bei der Entwicklung, weil es so unterschiedliche Spielertypen und Vorlieben gibt, erläutert Stevenson:
Probe gespielt haben wir auf einer Debug-Version der "gewöhnlichen" alten PS4 - darauf lief die Grafik stabil in 30 Bildern pro Sekunde ab.
„Die Kamera ist immer eine riesige Herausforderung. Ich denke, das wird auch immer so bleiben. Wie du schon sagtest, es ist sehr subjektiv. Was eine Person mag ist vielleicht nicht so toll für eine andere Person. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum 3D-Plattformer beinahe ausgestorben sind. Die Leute haben dann einfach angefangen, mehr 2D und 3D mit festen Kameras zu entwickeln, nicht wahr? Ja, das ist wirklich eine riesige Herausforderung! Das ist eines der Dinge, mit der du beim Entwicklungsprozess schon am ersten Tag anfängst, woran du aber auch noch ganz am Ende arbeitest. So gut du es auch hinbekommst, es wird immer Situationen geben, in denen der Spieler an knifflige Orte kommt - und du musst Wege finden, mit denen du löst, was die Kamera dann macht. Es ist praktisch ein kontinuierlicher Prozess.“