Zwei ungleiche Freunde
In A Boy and His Blob muss man nur auf dem Digipad nach oben drücken, und schon nimmt der namenlose Junge seinen weißen Glibberfreund in die Arme, um ihn ganz fest an sich zu drücken. Richtig fest. Die Augen sind zu, die Mundwinkel gaaaanz breit - und auch die sonst so emotionslose Kumpelblase lässt sich in diesem Augenblick zu einem Lächeln hinreißen. Das Ganze dauert nur ein, zwei Sekunden, dann ist's auch schon wieder vorbei. Aber die Herzenswärme, die diese kleinen Augenblicke der Dankbarkeit verbreiten, strahlt noch viel länger. So süß.
Dass Boy viel zu danken hat, ist keine Frage - denn er selbst kann nichts Besonderes: Einen kleinen Hopser kriegt er noch hin, kleinere Steine verschieben ist auch drin, aber das war's auch schon. Er ist kein Superheld, der sprinten, hangeln und sich akrobatisch überschlagen. Kämpfen kann er nicht, schwimmen nicht, allzu tief fallen sollte er besser auch nicht. Kontakt mit den dunklen Kreaturen, die vereinzelt auftauchen, ist für ihn sofort fatal. Kurz gesagt: Er ist ein ganz normaler kleiner Junge, der nicht von einer radioaktiven Spinne gebissen wurde. Seine Superkraft heißt stattdessen
»Jelly Beans« (im einfachsten Sinne süße Weingummis), auf die Blob irre scharf ist. Der praktische Nutzen dieser Sucht: Je nach Süßkram verwandelt er sich in unterschiedliche Gestalten. Mal wird er zum Loch im Boden, mal zur Leiter, mal zum Trampolin, mal zum Luftballon, mal zur Bowlingkugel oder zum Springball. Das geschicht nicht nur zum Spaß oder zum Bewundern der tollen Morphing-Animationen, sondern bildet die Grundlage des Spielprinzips: Genau wie beim
1989er Original von David »Pitfall!« Crane muss man die richtigen Blob-Fähigkeiten an der richtigen Stelle nutzen, um durch den Level zu kommen. Das ist allerdings auch schon alles, was den Neuling mit dem Opa verbindet, denn Entwickler WayForward hat den frustierenden Design-Ballast des Originals über Bord geworfen: Die Zahl der Jelly Beans ist jetzt unlimitiert, früher musste man schottisch mit jeder einzelnen Bohne herumgeizen. Außerdem hat man jetzt in jedem Level nur die Bohnen dabei, die man tatsächlich auch braucht - maximal acht pro Abschnitt. Und ein Game Over, seinerzeit an der Minutenordnung, gibt es nicht mehr: Zwar führt Kreaturenkontakt zum Boy-Nickerchen, aber Checkpunkte, an die man automatisch zurückkehrt, gibt es in Hülle und Fülle - und die Zahl der Leben ist unbegrenzt.
Aus Liebe zum Pixel
Es ist eine laue Sommernacht: Der breite Vollmond strahlt mächtig am glitzernden Nachthimmel, eine sanfte Brise lässt die Spitzen der riesigen Tannen behutsam wackeln. Grün schimmernde Glühwürmchen erhellen dunkle Pfade, winzige Frösche blasen sich am Boden ein paar Mal auf, bevor sie sich gelenkig aus dem Bild schwingen. Eine sanfte Melodie schwebt über die Wiese,
Video: A Boy and His Blob zeichnet sich durch einen einzigartigen, liebevollen Grafikstil sowie das gemütliche, Experimentierfreudigkeit belohnende Spielprinzip aus. |
der Junge läuft vorbei, der weiße Blob hüpft hinterher. Raben fliegen aus dem Weg, Libellen, schwirren uninteressiert vorbei, Paul Kautz ist hin und weg. Liebhaber handgezeichneter »Plattformer« wie
Braid 
oder
Lucidity 
werden A Boy and His Blob von der ersten Sekunde an ins Herz schließen. Geht auch gar nicht anders, denn das Spiel versprüht eine Herzenswärme, die fast schon unheimlich ist. Die gesamte Umgebung, die kuschelweich in mehrere Ebenen scrollt, präsentiert sich in einem Wasserfarbenstil, der an Filme wie Lilo & Stitch erinnert, die Figuren erinnern leicht an Anime wie Prinzessin Mononoke, die Animationen sind herzallerliebst. Für Abwechslung ist ebenfalls gesorgt: Man beginnt in einer entspannten Wald-Umgebung, in der sich Tag und Nacht abwechseln, durchquert einen Sumpf, grübelt herum, während im Hintergrund die Sonne feurig unter den Horizont rutscht. Oder man sieht von den beiden Helden nichts als die Silhouette, während sie vor einem gemütlich glühenden Vollmond traben. Später geht es in die Großstadt, auf den Heimatplaneten des Blob sowie zur Festung des garstigen Blob-Imperators.