Special: Symphonic Legends (Events)

von Benjamin Schmädig



Symphonic Legends (Events) von Merregnon Studios
Symphonic Legends
Events
Publisher: Merregnon Studios
Spielinfo Bilder Videos
Als ich in Köln aus dem Bahnhof trete - Starbucks-Becher in der einen Hand, die Adresse meines Treffpunkts in der anderen - ahne ich noch nicht, wie eilig es das WDR Rundfunkorchester hat. WDR Rundfunk... fast möchte man die Staubschicht von der schweren Holztafel wischen, die diesen Namen trägt. Aber als ich zu zeitig vor dem Hotel ankomme, stiefeln mir Thomas Böcker und Jonne Valtonen bereits entgegen. Der WDR wolle früher als geplant anfangen, erklärt Thomas. Und immerhin steht heute die musikalische Eröffnung eines Konzerts auf dem Plan, das den wichtigsten Nintendo-Melodien orchestrale Ehren verleiht!

Nintendo in Concert

Thomas Böcker weiß, dass man ein Orchester nicht warten lässt. Immerhin zeichnet der Musikproduzent für die ehemaligen Eröffnungskonzerte der Leipziger Games Convention verantwortlich. Und als er vor zwei Jahren Klassiker von Chris Hülsbeck orchestral auflegte, arbeitete er schließlich das erste Mal mit dem WDR Rundfunkorchester zusammen. Für das Square Enix-Konzert Symphonic Fantasies arbeiteten Orchester und Produzent das zweite Mal zusammen - in den kommenden Jahren wird die Kooperation sogar noch weiter ausgebaut, u.a. durch eine Aufführung mit Werken von Nobuo Uematsu. Doch zunächst einmal steht Symphonic Legends an, das die Oldies und Goldies der Nintendo-Historie vereinen wird. Die etwa dreiminütige Eröffnungsfanfare dieser Zeitreise will das Rundfunkorchester heute mit Bild und Ton aufnehmen - um schon im Vorfeld Aufmerksamkeit zu erregen und um den »Text« zu üben.

Video: Leger, aber konzentriert - das WDR-Rundfunkorchester probt den Eröffnungstitel für das große Nintendo-Konzert.
Denn diese Fanfare hat es in sich...

Im Schatten des Kölner Doms bewegen wir uns auf die Philharmonie zu, in der die Aufnahmen zur Fanfare stattfinden werden. Unsere Eile ist berechtigt, denn die Musiker sind bereits auf dem Weg: Als wir noch auf unseren Einlass als »Gäste« warten, fliegen längst schwarze Geigenkästen an uns vorbei. Jonne Valtonen ist nervös - nicht zittrig, aber gespannt. Denn obwohl der Komponist bereits Soundtracks zu Theaterstücken, Filmen, Spielen sowie eigenständige Stücke geschrieben hat und seit 2005 Musik aus Videospielen für orchestrale Konzerte arrangiert, weiß man vorher nie, wie die Noten klingen, sobald sie sich vom Papier in den Äther erheben. Natürlich hört ein moderner Komponist schon mit Musikprogrammen in seine Werke hinein! Aber nicht umsonst konnte bis heute kein Computer die unberechenbare Lebendigkeit eines Orchesters ersetzen. Nicht ohne Grund hat Jonne Klassische Komposition studiert und möchte heute keine elektronische Musik mehr schreiben. »Es ist einfach etwas ganz anderes, wenn so viele Menschen zusammenspielen«, sagt er auf die Frage, ob er heute noch ein Interesse am Schreiben elektronischer Musik habe.

Die perfekte Katastrophe?

Nacheinander stoßen auch Orchestermanager Winfried Fechner sowie Dirigent Eckehard Stier vor der Philharmonie zu uns und führen uns schließlich in den Saal. Dirigent und Komponist brauchen keine zwei Minuten: Noch bevor sie durch die Tür sind, schwingen Arme im Takt durch die Luft - man
Der Hauptarrangeur der symphonischen Spielemusikkonzerte, Jonne Valtonen, hat mit 34 Jahren schon zahlreiche Erfahrungen als Komponist gesammelt. So schrieb der Finne zunächst unter dem Pseudonym »Purple Motion« Musik für die Demo-Gruppe Future Crew, bevor er u.a. für Remedy als Spielekomponist arbeitete. Seit 2005 arrangierte er zahlreiche Spielesoundtracks für orchestrale Aufführungen; im vergangenen Jahr schloss er das Studium der Klassischen Komposition ab.
fachsimpelt über das Notenbild, schwärmt von musiktechnischen Besonderheiten. Schön, wenn man hier nur Bahnhof versteht!

Jeans, legere Hemden, lose Locken: Die wenigsten der Musiker denken während einer solchen Probe an Bluse oder Jackett. Thomas, Jonne und ich suchen uns einen Platz inmitten der leeren Ränge. Kontrabässe, Flöten, Pauken - die meisten sind längst an ihrem Platz. Auch Benyamin Nuss, der die Pianofassung zu »Turrican III« für die CD-Version von Symphonic Shades eingespielt hat, stimmt seinen Flügel ein. Anderswo werden die letzten Saiten gestimmt - dann geht es los. Zum ersten Mal führt das WDR Rundfunkorchester Jonne Valtonens Fanfare auf. Wie will der Finne das große Nintendo-Konzert einleiten?

Ich bin vom ersten Moment an begeistert, Thomas ebenso.

»Ach, du lieber Himmel!«, schlägt der Orchestermanager sinngemäß die Hände über dem Kopf zusammen.

»Thank god, it's working«, waren Jonnes erste Gedanken.

                  

Kommentare

DrEDDDlokk schrieb am
Hab's grad ferig gehört, und es war der helle Wahnsinn. Vielleicht liegt es dran, dass ich nicht oft Live-Interpretationen von Videospiel-Musik höre, aber diese war definitiv meisterklassig! Schon die 8-Bit Hero Fanfare war toll, und was dann an Feuerwerk für Interpretationen abgefeuert war, liess mich für zwei Stunden durchgehend eine Gänsehaut haben - schlicht und einfach fantastisch!
Speziell die Zelda-Suite am Schluss war einfach nur der Oberburner. Kam mit den Kollegen beinahe nimmer nach im Skype, wie oft wir geschrieben haben was wir gerade staunten. :D Ganz toll übrigens auch das finale Bonusmedley, das einem endgültig eine Träne die Wange hinuntertrieb. Episch bis zum abwinken!
In diesem Sinne: Vielen, vielen, vielen lieben Dank an das WDR, Dirigent Niklas Villén und allen Interpreten für die zweieinhalb fantastische Stunden in meinem Leben! Danke auch an 4Players fürs aufmerksam machen - hätte diese tolle Klangreise sonst wohl verpasst. ;)
- D
Mephisto2687 schrieb am
Toller Beitrag!!!
Einige Highlights aus dem Konzert würden sich auch prima im 4Players-TV machen.... So hätten dann alle was davon...
Ich fände es prima. :lol:
technotica schrieb am
Und da sage einer nochmal das Spiele keine Kunst sein können :)
Kibato schrieb am
Ich hab 2 Karten, aber meine Freundin hat sich von mir getrennt, jetzt muss ich alleine gehen :cry:
Dr.Colossus schrieb am
Sehr schöner Beitrag der auch mal hinter die Kulisse von einem Orchesterbetrieb schaut.als Profimusiker in einem großen deutschen Symphonieorchester find ich das natürlich besonders gut wenn die Kollegen über den Tellerrand hinausschauen und damit neue Publikumsschichten erschliessen können. Nur so haben klassische Orchester die Chance auch noch die nächsten Jahrzehnte zu überleben. Der WDR Köln ist n klasse Orchester gibts kaum bessere in Deutschland. Genau das richtige um solch eine Musik zu präsentieren.
schrieb am