Test: Polybius (Arcade-Action)

von Jan Wöbbeking



Polybius (Arcade-Action) von Llamasoft
Lebende oder tötende Legende?
Entwickler:
Publisher: Llamasoft
Release:
10.05.2017
10.05.2017
10.05.2017
Spielinfo Bilder Videos
Der Legende nach fallen Spieler des Arcade-Automaten Polybius früher oder später dem Wahnsinn anheim, werden von Agenten verschleppt oder begehen sogar Selbstmord. Wir haben uns für den Test trotzdem todesmutig in die VR-Interpretation des blitzschnell blitzenden Weltraumwahnsinns gestürzt.

Alles im grünen Bereich?

Zumindest bislang haben sich noch keine morbiden Nebenwirkungen in unseren Büros bemerkbar gemacht: Alle wirkten heute noch mehr oder weniger lebendig. Und das, obwohl schon lange nicht mehr so viele neugierige Kollegen ihren Kopf ins Konsolenbüro gesteckt haben, um auch mal Probe zu spielen. Die tatsächlichen Gesundheitsrisiken nimmt das kleine Entwickler-Team übrigens nicht auf die leichte Schulter. Ich habe noch nie derart viele Warnhinweise wegklicken müssen wie hier – die meisten handeln von blitzenden Farben und ihren Gefahren für epilepsieanfällige Personen. Für einen Neuling ist das bunte Chaos unterm VR-Helm vermutlich tatsächlich zunächst etwas viel. Selbst ich habe das Headset erst einmal reflexartig wieder abgesetzt, weil es mir seltsam flau im Magen wurde und ich keine Lust auf einen Ausflug zur Kloschüssel hatte. Ab dem zweiten Versuch hatte ich aber seltsamerweise nicht mehr die geringsten Probleme mit Übelkeit – sämtliche anderen Kollegen übrigens ebenfalls nicht.

VR-Headset oder Droge?
Invasion von vorne
Wer den zotteligen walisischen Entwickler-Veteran Jeff Minter kennt, weiß in etwa, was ihn erwartet. Ähnlich wie bei seinem Klassiker Tempest 2000 oder dem daran angelehnten Vita-Spiel TxK handelt es sich um einen klassischen Arcade-Titel, bei dem man mit einem Schiffchen über geometrische Flächen gleitet und mit hoher Dauerfeuer-Frequenz fast alles abräumt, was einem in den Weg wuselt. Erneut offenbart sich ein bizarrer Mix aus farbenfrohen Alienschiffchen und wild blökenden Huftieren. Mittlerweile stelle ich mir nicht einmal mehr die Frage, warum beides nicht zusammen passen könnte. Diesmal regnen vor allem farbwechselnde Kühe von der röhrenartig gewölbten Decke auf die spiegelnde Spielfläche. Auf Bildern kommt bei weitem nicht rüber, wie das bunte Treiben unter der Haube wirkt: Selbst einfache schwebende Würfel wirken in VR plötzlich richtig stimmungsvoll, wenn sie an einem vorbei schweben, um schließlich den Titelschriftzug zu bilden.

Schneller geht immer

Anders als bei Tempest und TxK verharrt man nicht am Ende eines Gitters, sondern düst mit einem Affenzahn über die leicht gebogenen Flächen. Der Großteil der Widersacher lässt sich einfach aus dem Weg rotzen. Man sollte aber gut aufpassen, dass man nicht in die stabileren Hindernisse kracht, welche einem schnell einige Leben kosten können. Entwickler Llamasoft vergleicht das Spektakel mit einer Ski-Abfahrt – und hat damit nicht Unrecht. Ab und zu muss man sich wie beim Slalom an Fähnchen vorbeischwingen, um heil ans Ziel zu gelangen. Draufgänger wagen sich nah an sie heran, um die Punktzahl in die Höhe zu treiben.

VR-Headset oder Droge?
VR-Headset oder Droge?
Besonders gut gefällt mir, wie intensiv der Ablauf auf die Möglichkeiten und Probleme des Mediums VR eingeht. Ein sanfter, eleganter Weg etwa wird stärker belohnt als abrupte Kurskorrekturen. Wer auf einer gleichmäßig geschwungenen Linie durch mehrere Tore rauscht und auf dem Weg ein paar leuchtende Pillen einschmeißt, wird zwar gefährlich schnell – gleichzeitig baut sich durch viele dieser Aktionen aber auch ein kugelrunder Schutzschild auf, mit dem man den Großteil der Hindernisse einfach über den Haufen rollt. So entwickelt sich ein stetes Abwägen. Fliehe ich lieber an die Spitze einer Wand oder auf die Unterseite der Röhre, weil oben zu viel los ist? Oder setze ich auf Stil und Risiko, indem ich gleich eine ganze Reihe von gehörnten Toren durchfahre und mit Wahnsinnstempo nebst Schild durch die Barrieren rausche? Oft ist auch eine Kombination aus beiden Strategien gefragt, weil man bei zu ruhigem Verhalten mit Luftschlägen oder tödlichen Bodenlasern getriezt wird.

Kommentare

Xris schrieb am
Wahnsinn! Fuer die paar Euros die es im Moment im PSN kostet unbedingt zuschlagen wer schon mal wissen wollte wie es sich an der Grenze zu einem epileptischen Anfall anfühlt. Die Effekte brennen sich regelrecht auf die Netzhaut und Videos zu dem Teil spiegeln nichtmal ansatzweise wieder wie geil es in VR rüber kommt.
Williams Gottlieb schrieb am
Die Sounds stammen aus der Arcade Szene Ende der 70er bis Anfang der 80er. Die meisten dieser Sounds habe ich bereits in einem meiner Flipperautomaten gehört. Der Levelstart von Polybius ist die Soundrom aus einem Pac Man Flipper von Bally aus dem Jahr 1982. Einen weiteren Sound hört man aus einem Williams Flash von 1979.
TMC schrieb am
Wirklich ein typisches Jeff-Minter-Spiel, irgendwo zwischen dem Jaguar-Tempest und den 3D-Leveln vom Amiga-SuperStardust. Wäre mir persönlich aber in VR zu schnell und grafisch zu spartanisch, obwohl die rumschwirrenden Voxel in der Brille bestimmt cool aussehen.
Hat denn bei Ubisoft und Q? keiner Erbarmen und setzt ENDLICH "Child of Eden" für VR um ? DAS wäre der Hammer ! :Hüpf:
johndoe1238056 schrieb am
4P|Jan hat geschrieben: ?13.05.2017 13:42
Akabei hat geschrieben: ?13.05.2017 10:58 Kann es sein, dass der gute Jeff hier Sounds vom C64 nutzt? Beim Ansehen des Videos kamen mir irgendwie sofort Ancipital und Gridrunner in den Sinn.
Ursprünglich stammen die wohl vom Williams D8224 Sound Board, das in Automaten wie Robotron und auch im Flipper-/Pinball-Bereich zum Einsatz kam. Die nutzt er ja gerne immer mal wieder in seinen Spielen, klingen ja nach wie vor kompromisslos spacig. ;)
https://youtu.be/iA3IzSxqjGY?t=55s
http://www.robotron-2084.co.uk/techwill ... sound.html
Jetzt wo du's sagst. Defender klingt tatsächlich auch so.
https://www.youtube.com/watch?v=pczwdW3UiLQ
schrieb am