Kinect-Spürnase
Obwohl sich D4 natürlich sehr gut mit Pad spielen lässt, würde ich empfehlen, die Kinect-Steuerung zumindest einmal auszuprobieren. Nicht nur, weil sie bequem aus sitzender Position abrufbar ist. Sondern auch, weil die dezenten Gesten beim Öffnen von Schränken, der Änderung der Position, um einen anderen Blickwinkel zu erhaschen oder sonstiger Interaktion mit der Umgebung zum einen natürlich wirken, zum anderen richtig gut erkannt werden. Auch in den rasant geschnittenen und hinsichtlich der Inszenierung an Tsui Hark oder John Woo erinnernden "Stunt-Sequenzen", in denen man als Reaktionstest etwas größer angelegte "Wischgesten" verwenden muss, erscheinen die Abläufe natürlich. In dieser Hinsicht ist das Adventure für den sinnvollen Kinect-Einsatz ähnlich effektiv zu sehen wie seinerzeit Another Code für in das Spielkonzept eingeflochtene neue Kontrolloptionen auf dem DS. Man bewegt sich z.B. über das "Anklicken" von Symbolen auf dem Boden.
Die Inszenierung orientiert sich an Mystery-Serien.
Und über allem liegt ein surrealer Nebel, den man im Laufe des Prologs sowie zwei Episoden zu lichten versucht, was insgesamt etwa vier bis fünf Stunden in Anspruch nimmt. Danach kann man erneute Anläufe unternehmen, die allerdings hinsichtlich der linearen Geschichte oder dem fiesen Cliffhanger nach Episode 2 keine neuen Erkenntnisse bringen. Hier gibt es im Gegensatz zu The Walking Dead keine Entscheidungen, die es zu treffen gilt und die nachfolgende Begegnungen oder Durchläufe beeinflussen. Allerdings kann man mit beharrlichem Verfolgen von Dialogen innerhalb der leidlich verzweigten Gesprächsbäume zahlreiche Nebenmissionen finden, die den Zweck verfolgen, die Spielwelt greifbarer zu machen und manche Figuren-Beziehungen zu vertiefen. Ein Quiz über Luftfahrt-Grundlagen gehört ebenso dazu wie Hol- und Bringdienste oder ein Minispiel, in dem man von oben nach unten fallende Kleeblätter über Berührung sammeln muss.
Drei Mal Gesundheit?
Die optionale Kinect-Steuerung funktioniert bis auf eine Ausnahme sehr gut und zieht einen mit intuitiven Gesten in die Welt.
Bei all dem muss man allerdings auf drei Anzeigen achten, darunter die "Visions-Anzeige": Wenn man nicht weiterkommt, kann man eine Sicht aktivieren, in der Interaktionsmöglichkeiten oder eventuelle Geheimnisse farblich hervorgehoben werden. Jede Verwendung und das Aufrechterhalten der Vision kostet allerdings Energie. In Geschicklichkeitstests, den Stuntszenen oder beim unvorsichtigen Erforschen der Umgebung kann man Lebensenergie verlieren. Und zu guter Letzt die wichtigste Anzeige: Die Aktionspunkte. Nahezu alles, was man in der Spielwelt manipulieren kann, kostet Punkte - kleine Aktionen weniger, Aufwändigeres mehr. Antworten in Gesprächen, Öffnen von Schränken, Hinsetzen. Einfach alles. In manchen der seltenen Trial-und-Error-Situationen kann diese Energie zwar nervenzehrend zur Neige gehen, doch man dürfte nur selten den Punkt erreichen, an dem die fehlende Ausdauer dafür verantwortlich ist, wegen Erschöpfung zum letzten Kontrollpunkt zurückkehren zu müssen.
Merkwürdige Charaktere, wohin man auch schaut.
Auffrischen kann man seine Lebens- oder Visionsenergie sowie die Ausdauer in den von Katzen (!) geführten Shops. Hier ist allerdings der einzige Schwachpunkt der Kinect-Steuerung zu finden, das Scrollen durch die Angebote ist deutlich fitzeliger als der Rest der Berührungssteuerung. Zudem ist das Ausdauer-Konzept für mich zu viel des Guten. Es hilft nicht, Spannung zu erzeugen, sondern führt eher zu Frust, da man nur genötigt wird, lange Weg zurück zur letzten Katze in Kauf zu nehmen, bevor man die Umgebung weiter erforschen kann. Zumal auch das dafür benötigte Kleingeld in ausreichenden Mengen vorhanden ist, wenn man kleine Aufgaben erfüllt und die Umgebung erforscht. Schade ist auch, dass es keine komplexeren Rätsel gibt. Die Aufklärung der Fälle hängt nicht vom eigenen deduktiven Verstand ab. Hat man alle Beweise über Gespräche oder akribische Suche gefunden, übernimmt David das Kommando und erzählt einem, was passiert ist. Hier wäre es zumindest in Ansätzen interessanter gewesen, wenn sich D4 etwas bei Square Enix' Murdered: Soul Suspect bedient hätte und den Spieler von Zeit zu Zeit fragt, wie es zu dieser oder jener Situation gekommen sein könnte.