Sag kein Wort
Ihr wollt wissen, auf welchen Strecken man abseits bereits bestätigter Kurse wie Laguna Seca, Hockenheim oder Imola so alles Gas geben kann? Euch interessieren Spielmodi abseits einzelner Rennwochenenden oder dem Zeitfahren? Ist es für euch wichtig zu erfahren, ob es Boxenstopps geben wird oder nicht? Dann muss ich euch leider enttäuschen. Denn die Slightly Mad Studios haben sich in letzter Sekunde dazu entschlossen, der Presse einen kleinen Maulkorb zu verpassen. Dabei schienen die künstlichen Einschränkungen für die Berichterstattung selten so bescheuert zu sein wie hier: Ich darf z.B. die Nordschleife nicht einmal erwähnen und verrate euch jetzt nicht, ob sie im Spiel überhaupt existiert oder nicht. Oder wie
nah sie an der Realität ist, auch wenn sie vielleicht nur unter dem Namen "Eifelwald" den Weg in die Auswahl finden sollte.
Vielleicht, vielleicht aber auch
nicht. Gut, dass es im Netz von den zahlreichen Unterstützern
überhaupt keine Videos oder
Infos in Foren gibt.
Bewegtbilder aus einer Karriere (...die ich offiziell nicht erwähnen darf, obwohl man
selbst auf der offiziellen Seite schon etwas dazu lesen kann), von
Besuchen an der Box, der
Integration von Karts oder
Ausschnitte aus Online-Rennen muss man ebenfalls mit der Lupe suchen, weil
niemand, wirklich
NIEMAND etwas dazu sagt oder
Videomaterial online stellt. Nicht einmal die Entwickler selbst haben jemals
Pit Stops bei der offiziellen Spielbeschreibung in Aussicht gestellt.
Aufwändig modellierte Boliden, schöne Landschaften und Lichteffekte: Fürs Auge wird viel geboten.
Sei's drum, dann machen wir diesen Embargo-Unsinn eben mit. Von mir erfahrt ihr kein Wort darüber, dass ich mit Vollgas über den Eifelkurs geprescht bin und man mit abgefahrenen Reifen sowie leerem Tank früher oder später seinen Mechanikern einen Besuch abstattet. Keine Eindrücke von der Karriere, in die das Sim Racer Magazin eingebunden ist und die sich um das Erreichen von drei historischen Zielen dreht, bei denen der Spieler selbst entscheidet, welchen Weg er dafür einschlägt. Nichts, nada. Und von den Karts und Super Karts habt ihr von mir genauso wenig gehört
wie von Slightly Mad selbst. Also pssssssssssst. Zumindest darf ich über das schreiben, was in erster Linie zählt: das Fahrgefühl. Aber dazu später mehr. Gerade bei PS4-Rennfahrern ist die Sehnsucht nach einer anspruchsvollen Rennsimulation groß: Mit Gran Turismo 7 in unangekündigter Entfernung und dem eher arcadig ausgerichteten DriveClub klafft auf der Sony-Konsole seit ihrem Start eine riesige Lücke – eine, die bei Microsoft auf der Xbox One dank Forza Motorsport 5 gar nicht erst entstand. Trotzdem hat auch das Microsoft-Fahrerlager allen Grund, sich auf Project Cars zu freuen...
Echter Motorsport
Denn wo Turn 10 mit Forza in den Meisterschaften lieber auf kurze Rennen setzt und auf viele zentrale Elemente des realen Motorsports verzichtet, bekommt man hier das volle Racing-Programm: Komplette Wochenenden mit Training und Qualifikation, reale Flaggenregeln, dynamisch wechselnde Witterungen und Tageszeiten, Reifenverschleiß, Benzinverbrauch sowie einen Boxenfunk, der bei der PS4 sogar aus dem Lautsprecher des Controllers quäkt – cool! Alleine die Tatsache, dass ich hier einen Frühstart fabrizieren kann und eine schnelle Reaktion wieder etwas zählt, sobald die Ampel auf Grün schaltet, zaubert mir schon ein kleines Lächeln ins Gesicht. Auch beim Setup scheint man den authentischen Anspruch unterstreichen zu wollen, denn genau wie z.B. bei Assetto Corsa sind an den Schiebereglern feinste Abstimmungen an Fahrwerk, Aerodynamik & Co möglich. Und genau wie dort lassen sich auch die Bildschirmanzeigen nach eigenem Gusto anpassen und verschieben.
Mit Vollgas geht es über die Gerade.
Das Fahrerfeld versetzt mich dann endgültig in Verzückung: Wo sich bei Gran Turismo 6 höchstens 16 Gegner tummeln und selbst ein Forza Motorsport 5 trotz überlegener Hardware-Power nicht darüber hinaus gehen kann oder will, füllt Slightly Mad die Pisten je nach Schauplatz mit über 40 Fahrzeugen – und das nicht nur am PC, sondern auch auf der PS4, wobei die maximale Anzahl bei Ersterem am Ende höher liegen dürfte als auf den Konsolen! Zwar legt die skalierbare Konkurrenz hin und wieder die aus Need for Speed: Shift bekannte Rambo-Attitüde an den Tag, aber es ist beeindruckend und gleichzeitig fordernd, sich durch einen so gewaltigen Pulk an Boliden kämpfen zu müssen. Daneben gibt es eine weitere Parallele zu den Ablegern der EA-Reihe, die bekanntlich ebenfalls von Slighly Mad stammen: Die intensive Helmsicht mit zunehmender Unschärfe und Kopfbewegungen wird hier ebenfalls als Alternative zur gelungenen Cockpit- und anderen Kameraperspektiven angeboten. Kommt dann auch noch Regen hinzu, wird die Inszenierung ähnlich spektakulär wie bei den Formel-Eins-Spielen aus dem Hause Codemasters.