Erstmal durchatmen
Keine Angst: Im späteren Spielverlauf ging irgendwann doch noch der Punk ab, eine friedliche schleichlastige Vorgehensweise soll aber in etwa genau so eine hohe Erfolgschance mitbringen wie die rabiate Variante. Nach ein wenig Anpasserei im Editor (statt echten Klassen gibt es bekanntlich ein „Fluid Class System“, z.B. mit Vorgeschichten eines Nomaden, Straßenkindes oder Geschäftsmanns) hatten wir zunächst ein wenig Zeit, einen Eindruck von einem der sechs Distrikte und seiner Lebensrealitäten zu erlangen. Nicht jede Bande in Pacifica ist blutrünstig: Der erste Kontaktmann „Placide“ in einem besetzten verlassenen Hotelkomplex ist zwar ein Schlachter...
...doch erstens bedeutet das in dieser Zukunft primär die Zubereitung von künstlich gezüchtetem Kulturfleisch und zweitens scheint sich die Gemeinschaft der Anwohner relativ friedlich mit ihren neuen Nachbarn arrangiert zu haben. In der Lobby floriert mittlerweile ein reger Handel mit elektronischen Gadgets und Daemon-Software (eine Art Virus). Wirklich wohl ist dem Protagonisten „V“ natürlich trotzdem nicht, als er sich für den Job dazu bereit erklären soll, dem Umbekannten Zugriff auf den geheimnisvollen Chip im Kopf zu gewähren.
Schwere Entscheidungen?
Der hübsche Ausblick trügt.
Also kam es zu einer der Multiple-Choice-Entscheidungen, in denen man Einfluss auf die Intensität von Einverständnis oder Ablehnung nimmt und so das entsprechende Verhältnis in eine etwas andere Richtung lenken kann. Hier lenkt V schließlich ein und hat fortan Placide als eine Art Big Brother in der Bildecke dabei, der ihm im Feindesland Anweisungen gibt – auch wenn an bestimmten Orten die Verbindung abbricht.
Hier und auch am nächsten Missionziel wirken Körpersprache und Dialoge angenehm unaufgeregt und authentisch – sofern man das aus heutiger Sicht in einer solchen Dystopie einschätzen kann. Mit dem eigenen Motorrad begibt sich V in einen verfallenen Einkaufskomplex, der ganz und gar nicht der hehren Vision der Städteplaner entspricht, die noch auf einem alten Hochglanzplakat zu sehen ist.
Bizarr und verfallen
Angenehm bizarr wirkte z.B. ein Heli, der unaufhörlich in die oberen Stockwerke eines Wolkenkratzers ballert. Wahnwitziger Zeitvertreib? Ein Art private Razzia? Oder nur ein Übungs-Manöver? Die Antwort darauf werde ich wohl erst im finalen Spiel erfahren. Die Entwickler waren zudem stolz darauf, auch mal einen Ausblick im hellen Sonnenlicht zu präsentieren. Die speckig-transparenten Glasflächen und spiegelnden Oberflächen stehen der Kulisse richtig gut, andere Details wie die Unschärfe an den Bildrändern (oder war es chromatische Aberration?) störten mich eher.
Im Gegensatz zum kollabierten großen Maglev-Netz scheint diese Einschienenbahn noch in Betrieb zu sein.
Zudem hat übrigens auch die Debatte um die Penis-Kontur auf einem Werbeplakat Einfluss aufs Design der Demo genommen: Mittlerweile prangte auf der entsprechenden Stelle des Plakats ein fetter schwarzer Zensurbalken. Vorher war als Motiv ist eine weibliche Figur in einem knappen Bodysuit zu sehen. Zugleich war die Kontur ganz klar durch die Kleidung zu erkennen, was mit dem Werbeslogan das Thema Transsexualität in den Vordergrund rückte.
Kritiker fragten sich, ob es sich um einen Witz auf Kosten von Transgender-Personen handeln könnte - oder eine Art Satire auf die Kommerzialisierung im Zuge von Unternehmensinteressen (
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