Ein finsterer Weg
Die ersten Schritte macht eine behäbig gezupfte Gitarre – die ersten Schritte scheinen schwer. Ein einsamer Streicher leistet dem Wanderer Gesellschaft, mehr eine Last auf den Schultern als motivierender Antrieb. Eine Harmonika scheint ihren Rhythmus im nächsten
Stück dann schon gefunden zu haben: Eine beinahe schwungvolle Melancholie leitet die Reise jetzt, ruhiges Glockenspiel begleitet sie. Dann verdunkelt sich der Weg, ein verzerrtes Ächzen und Heulen zieht von allen Seiten heran…
Bezirzen und Grusel
Ich bin richtig begeistert! Daniel Olsén spielt fast die ganze Musik auf einer elektronischen Orgel, eine Art früher Synthesizer. Seine Arrangements brauchen kaum eine Handvoll Instrumente und trotzdem öffnet jedes Stück ein Tor in eine andere Welt. In "Locksang" ruft mich die Stimme einer traurigen Sirene aus der Ferne, manche Schritte begleitet das Rauschen eines mysteriösen Windes. Die unmelodische "Vinterkyrka"-Elektronik versetzt mich in die Straßen von Silent Hill und in "Ugglornas Hemlighet" donnert ein Schiffshorn aus dichtem, finsterem Nebel. In "Arsgang" lässt klirrende Kälte schließlich die kahle Welt gefrieren, ein tiefer Streicher brummt wie ein müder Bär zwischen hohem, langem Piepen. Das sind starke Klangbilder, die der Spielemusik ganz selten gelingen!
Gleichgesinnte
Sword & Sworcery hat mich vor zwei Jahren auf ähnliche Weise beeindruckt. Es ist eine ganz andere Musik – gemeinsam hat sie mit Year Walk das Einzigartige und die eindringlichen Bilder. Daniel Olsén findet einen Tonfall, den man in vielen Jahren noch heraushören wird. Natürlich sind viele Titel mit einer Spielzeit von weniger als einer
Hörprobe & VerfügbarkeitYear Walk wurde als Download veröffentlicht, u.a. auf
iTunes und bei
Amazon. Ausschließlich bei
Bandcamp darf man allerdings sowohl verlustfreie als auch bestmögliche MP3-Formate laden und kann das Album zudem
in voller Länge probehören. Der Preis beträgt zudem nicht ungefähr neun, sondern nur mindestens sieben Dollar.
Minute so kurz, dass sie ausklingen, wenn sich das Gemüt gerade auf sie eingelassen hat. Selbstverständlich wäre der Soundtrack noch prächtiger, hätte Olsén viele Instrumente nicht nur simuliert, sondern mit den realen Vorbildern eingespielt. Das schmälert seine kompositorische Treffsicherheit aber in keiner Weise.
Schließlich leitet er die letzten Schritte mit einem verträumten Plätschern ein, das wie glasklarer Bach ins Tal fließt, bevor mich am Ende der Reise ein ebenso gewaltiges wie behäbiges Orgelspiel empfängt. Beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit sein Gefühl für Stimmungen, Melodien und Instrumentenwahl routinierte Soundtrack-Künstler an die Wand spielt! Deren Orchester zitieren sich meist selbst – Year Walk ist ein wichtiges Kleinod, das der Spielemusik zeigt, wozu sie fähig ist: das Erschaffen zauberhafter Erzählwelten.
Einschätzung: ausgezeichnet