Brettspiel-Test: San Juan (Worker Placement (Arbeitersetzspiel))

von Jörg Luibl



San Juan (Brettspiel) von Ravensburger
Puerto Rico im Kartenturbo
Entwickler:
Publisher: Ravensburger
Release:
03.08.2012
03.08.2012
12.09.2004
Spielinfo Bilder  
Erst kürzlich haben wir mit Puerto Rico eines der besten komplexen Strategiespiele vorgestellt. Aber was ist, wenn man mal nicht genug Zeit oder die Muße für zwei Stunden karibischen Handel hat? Oder wenn man einfach schneller mit seinen  Freunden oder Kindern spielen will? Kein Problem: Neben der von uns bereits vorgestellten App gibt es auch ein empfehlenswertes Kartenspiel zum Klassiker, das mit anspruchsvoller Leichtigkeit überzeugt!


Rollenspiel in der Karibik

San Juan kostet knapp 15 Euro und ist 2004 bei Ravensburger erschienen.
San Juan kostet knapp 15 Euro und ist 2004 bei Ravensburger erschienen.Die Plättchen rechts geben den Verkaufswert der fünf Waren an.
Wen nehme ich bloß? Den Aufseher, damit ich Indigo, Zucker und Tabak produzieren kann? Oder besser den Baumeister, damit ich ein weiteres Denkmal erreichten kann? Ich habe schon zwei und wenn ich ein drittes fertig stelle, bekomme ich am Ende lukrative Bonuspunkte! Mal eben nachrechnen, ob sich das lohnt, denn ich könnte stattdessen auch…lieber den Händler nehmen, damit ich Waren verkaufen und endlich Karten nachziehen kann! Denn mit ihnen bezahle ich wiederum neue Gebäude. Schließlich könnte sich da ja ein wertvolleres Denkmal oder eine Markthalle offenbaren…

Mehrere ungeduldige Augenpaare und auf dem Tisch tippelnde Finger erinnern mich daran, dass ich schneller machen soll. Ist ja schon gut! Der Spielrhythmus von San Juan ist unheimlich flott. Keine Bange: Man entscheidet sich nicht einmal, sondern jede Runde für eine andere von fünf Rollen, darunter auch der Goldsucher oder der Ratsherr. Diese Karten symbolisieren gleichzeitig die Aktion, die man als Erster durchführen darf – z.B. das Bauen, Produzieren, Verkaufen oder Nachziehen. Wie im großen Vorbild Puerto Rico darf der jede Runde wechselnde Startspieler zuerst wählen und dabei ein weiteres Privileg genießen: Wer sich für den Händler entscheidet, darf z.B. nicht nur eine, sondern zwei Waren verkaufen.

Die Macht der Karten

Die Rundentaktik besteht darin, seine Position als erster Spieler so effizient wie möglich auszunutzen und möglichst das zu bauen, was am Ende den meisten Profit bringt. Außerdem muss man eine gesunde Balance zwischen Ernte und Verkauf finden, um flüssig zu sein – also Karten auf der Hand zu haben, die gleichzeitig Währung sind. Aber soll man auf
110 Karten, dazu sechs Rollenkarten sind enthalten.
Enthalten sind zudem 110 illustrierte Karten, dazu sechs Rollenkarten sowie einen Notizblock plus Bleistift für die Abrechnungen.
eine Monokultur setzen oder möglichst alles anbauen? Soll man auf Siegpunkte durch Spezialgebäude wie Palast, Zunfthalle oder Rathaus setzen, die einen Aspekt der Spezialisierung nochmal extra belohnen?

Wie bei den meisten Kartenspielen kommt auch ein wenig Glück hinzu. Nur wenn man die Kaffeerösterei oder den Palast zieht, kann man sie auch bauen. Aber der Zufall wird durch den gut sortierten Stapel, der z.B. bis zu acht Gebäude einer Sorte beinhaltet, einigermaßen im Zaum gehalten. Der besondere Kniff gegenüber dem komplexeren Hauptspiel ist die Überschaubarkeit: Weil die Karten gleichzeitig Währung, Produktionsarten, Gebäude und Siegpunkte darstellen, wird der Spielrhythmus stark vereinfacht und beschleunigt.

Und bevor man sich versieht, ist eine gute halbe Stunde voller Grübelei und Kartenzieherei vorbei: Sobald jemand das zwölfte Gebäude errichtet hat, geht es an die Ermittlung des Siegers. Man schaut auf seine kleine Kolonie, die aus ausgelegten Gebäuden wie Schmieden, Aquädukten und Schreinereien sowie Zuckermühlen, Indigo-, Kaffe- und Tabakplantagen oder Silberschmieden bestehen kann. Dann wird anhand einer Übersicht ausgerechnet, wer die meisten Punkte ausliegen hat.

Ausblick

Jörg Luibl (44)  San Juan spielt sich wie Puerto Rico im Turbo – es ist leichter, schneller, aber immer noch unheimlich motivierend! Es ist schon erstaunlich, wie gut dieses Kartenspiel die ineinander verzahnten Mechanismen des komplexen Vorbilds abbildet - ähnlich gelang es Im Wandel der Zeiten: Das Würfelspiel, allerdings mit deutlich größeren Verlusten hinsichtlich der Spieltiefe. Vieles erinnert hier immer noch angenehm an den international gefeierten Klassiker. Man bekommt also trotz des erhöhten Glücksfaktors ein interessantes Aufbauspiel, das auch in einer halben Stunde spezialisierte Taktiken ermöglicht und spannende Endabrechnungen inszeniert. Das ideale Wirtschafts-Spiel  für Kinder, Familien oder Puerto Rico-Kenner mit wenig Zeit!

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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Kommentare

UncleT schrieb am
Danke für den Test. Ist mal wieder sehr gelungen.
San Juan ist ein echter Knaller. Gerade für diejenigen, die den "goldenen Mittelweg" zwischen anspruchsvoller Strategie und kalkulierbarer Spielzeit suchen. Manche Strategiespiele arten oft in Arbeit aus und lassen eine gewisse - im wahrsten Sinne des Wortes - spielerische Leichtigkeit vermissen. San Juan kommt da genau richtig. Wer es etwas komplexer mag, greift zu "Race for the Galaxy" und wer es einfacher und glückabhängiger mag, zum aktuelleren "The City". Auch wenn das Letztere etwas unausgewogen scheint, macht es doch eine Menge Spaß "für Zwischendurch". Vor allen wenn man den Preis bedenkt und man mit den Retro Grafiken klar kommt. (Mir gefällt´s)
UncleT
dRaMaTiC schrieb am
Vielen dank für diesen Test Jörg,
ich kannte bisher nur Romé und Mau Mau aus Kindertagen und habe nun mal was neues versucht. Wurde nicht enttäuscht. Gerade das lernen von neuen Regeln war am Anfang zwar einwenig Zeitaufwendig, hat aber doch Spass gemacht. Nun sind die Runden echt schnell zu Ende und die Berechnung der Siegerpunkt zum Schluss machen es nochmal spannend. Leider gibt es ja Gebäude wie z.B.: Zunfthalle die echt viele Punkte zusätzlich geben und man sich echt ärgert wenn man da nicht kontern kann.
Alles im allen, ein tolles Spiel gerade für Regen /Wintertage. Liebeugel ja jetzt sogar mit dem komplexeren Porto Rico.
Jörg Luibl schrieb am
Zombies würde auch nicht in meiner Top 10 der Brettspiele auftauchen. :wink: Aber ab und zu muss auch ein Nobrainer auf den Tisch. Last Night on Earth ist wesentlich besser, hätte ich auch vorgestellt, wenn es denn endlich auf Deutsch erschienen wäre. Oder hab ich was verpasst, gibts das etwa schon lokalisiert? Oder kommt das nicht dieses Jahr erst? Mal sehen...
CaptainGen schrieb am
...und wo wir schon bei Spieletipps sind. Habe gesehen dass du Zombies!!! auch bewertet hast (Ich finde das ja ziemlich mies). Schau dir mal die Spiele von Flying Frog an, besonders Last Night on Earth. Bestes Zombiespiel ever, beste Aufmachung ever. Und die Erweiterungen sind sensationell.
Jörg Luibl schrieb am
Hatte ich immer mal auf der SPIEL in Essen im Visier, aber hat nie den Weg in meine Sammlung gefunden. Daher kann ich hinsichtlich der gemeinsamen Wurzeln nix sagen.
Demnächst steht Gears of War auf meinem Plan, wenn ich es denn rechtzeitig schaffe.
schrieb am