Rockstar hat es wieder einmal geschafft: Grand Theft Auto 5 ist ein actionlastiger Themenpark, wie es ihn als Open-World-Spiel bislang noch nicht gab. Die Kulisse führt die Konsolen zwar an ihre Grenzen und zeigt immer wieder Probleme mit Kanten, stabiler Bildrate oder kleinen Bugs, doch wenn es darauf ankommt, passt alles. Das Ergebnis ist eine lebendige Stadt mit teilweise Atem beraubenden Landschaften, deren Geschichtchen die Glitzer- und Glamour-Welt Hollywoods ebenso bitterböse und unterhaltsam karikiert wie den amerikanischen Way of Life. Allerdings sollte man sich hüten, unter die Oberfläche zu schauen. Denn was man dort an Inkonsequenzen sowie fehlender Logik hinsichtlich Figuren-Verhaltens zu sehen bekommt, raubt die Illusion. Als gigantisches Filmset für eine interessante Räuberpistole, die die drei ungleichen Hauptdarsteller zusammenbringt, scheint die auf Scheinwelten spezialisierte Entertainment-Metropole ideal gewählt. Die Inszenierung ist ebenso interessant und abwechslungsreich wie das Missionsdesign der gut 70 Aufgaben, die man abwechselnd oder parallel erfüllen muss, die aber bis auf wenige Ausnahmen erschreckend wenig Entscheidungen zulassen. Letztlich stagniert Rockstar auf extrem hohen Niveau: Alles ist größer, schöner und weiter, wirkt aber auf mich unter dem Strich nur selten wie mehr als ein auf Massentauglichkeit (braucht es wirklich die Option, eine Aufgabe überspringen zu können?) getrimmtes GTA 4.5. Trotz Trevor, der für mich mit seiner psychopathischen Kompromisslosigkeit eine der interessantesten Videospielfiguren der letzten Jahre ist. Trotz des großteils gelungenen Versuches, eine auf sechs Schultern verteilte Story zu erzählen sowie mit Sex und Gewalt zu provozieren und so endlich den längst fälligen Schulterschluss zwischen Videospielen und Filmen bzw. TV-Serien wie The Sopranos oder Breaking Bad zu schaffen – auch wenn es unter dem Strich nicht ganz reicht und zu bemüht wirkt. Aber dieser Schritt war wichtig! Habe ich mich in Los Santos wohl gefühlt? Ja! Ich habe jede verdammte Minute genossen und ausgekostet. Aber Rockstar muss aufpassen, nicht von der eigenen Vergangenheit überholt zu werden. Die Mannen um Sam und Dan Houser haben es nicht geschafft, die offene Welt mit frischen Impulsen auf eine neue Stufe zu heben.
Zusatz 04.10.2013
GTA Online:Hat man die initialen Verbindungsprobleme sowie den Flaschenhals des Tutorial-Rennens hinter sich gebracht, kann der Spaß losgehen. Los Santos und Blaine County sind online ebenso offen und mit Jobs bzw. Aktivitäten für bis zu 16 Spielern zugepflastert wie offline. Zwar kann das Missionsdesign nicht mit der Abwechslung punkten, die die Kampagne um Michael, Trevor und Franklin kennzeichnet. Doch der unkomplizierte Zugang zu den Rennen, Deathmatches und Aufgaben, die meist aus Hol-und-Bring-Diensten bestehen, sowie die zahlreichen Aktivitäten sorgen dafür, dass man schneller, als einem lieb ist, bei dem "Nur-noch-ein-paar-Minuten"-Phänomen landet, das einen dann doch länger packt als veranschlagt. Großen Anteil daran hat natürlich auch das Rangsystem, das mit den damit verbundenen frischen Inhalten (darunter mehrstufige Jobs) für Langzeit-Motivation sorgt. Schade ist allerdings, dass noch keine Raubzüge möglich sind und der Editor zum Erstellen eigener Inhalte erst nachgeliefert wird. Denn die wenigen Standard-Missionen, in denen man mit kleinen Teams unterwegs und auf die sinnvolle Unterstützung seiner Gangster-Kollegen angewiesen ist, geben einen kleinen spannenden Ausblick auf das Potenzial, welches das erfreulich lagfreie GTA Online zweifellos besitzt. Aber ebenso wie bei der Offline-Kampagne wird es derzeit noch nicht komplett ausgereizt.