Geschicklichkeit
Entwickler: Prope
Publisher: Sega
Release:
19.06.2009
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Durchschnittswertung

40%Gesamt
40%

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Lesertest von Super Wario

Yuji Naka, der Sonic-Erfinder, genoss bei mir mal ein hohes Ansehen. Ebenso hoch waren auch meine Erwartungen an sein erstes eigenes Spiel - Let's Tap. Doof nur, dass es da nicht um Hüpfen, Rennen und Kämpfen geht, sondern um familienfreundliches Kartongetippel. Ich war skeptisch - und das zu Recht. Dieses Spiel ist ein absolutes Debakel. Doch wieso, weshalb, warum? Das erfahrt ihr in meiner Review...

Die Idee hinter dem Konzept

Ich habe mich oft während und nach dem Spielen gefragt: Warum? Warum kann Let's Tap nicht einmal im Ansatz an die Qualität eines Sonic anknüpfen? Warum vertippt sich Yuji Naka gleich in seiner Solo-Premiere und warum geht das eigentlich recht unterhaltsame Tippen und Tappen so in seiner Menge an groben und unverzeihlichen Fehlern unter? Ich kann mir die Fragen nicht so recht beantworten, aber ich weiß: So geht's nicht, Herr Naka!

Dabei war die kreative Idee, die hinter dem Projekt steckte, gar keine so schlechte. Let's Tap sollte ausschließlich mit den Fingern gespielt werden können, ohne dass man die Wii-Fernbedienung groß verwenden musste - glücklicherweise geht dieses vielversprechende Konzept einigermaßen auf, allerdings wurde die innovative Steuerung lieblos in eine unterdurchschnittliche Minispielsammlung eingeschleust, sodass von Innovation, Einfallsreichtum und Kreativität nur noch wenig zu spüren ist. Mit gezielten Tippen mit den Fingern auf einen Karton, der als interaktive Unterlage dient, wird das komplette Spiel gesteuert, wofür die Bewegungssensoren der Wii-Fernbedienung dienen. Und diese Steuerung kommt in Let's Tap in sage und schreibe fünf Minispielen zum Einsatz - trotzdem scheitert das Spiel aufgrund vieler kleinerer und größerer Macken.

Vertippt noch vor dem Spiel

Diese Macken beschränken sich leider nicht auf einzelne bestimmte Bereiche, sondern ziehen sich über das ganze Spiel hinweg, angefangen noch vor dem eigentlichen Zocken: entweder ihr kauft euch die (überteuerte) Special Edition mit beigelieferten Kartons oder ihr macht euch selbst auf die Suche nach einem Karton - dazu tut es auch ein gewöhnlicher Schuhkarton. Leider ist die Special Edition die paar Euro nicht wert, die ihr drauflegen müsst.

Habt ihr schließlich nach langem Herumsuchen einen Karton gefunden, werdet ihr nach einem kurzen, nicht sonderlich toll präsentierten Tutorial in die nächste Welle der Verzweiflung gestürzt, wenn ihr euch nicht dazu erbarmt, die Wii-Fernbedienung selbst in die Hand zu nehmen und euch per Pointer durch die tristen Menüstrukturen zu klicken, denn die Tipp-Navigation ist - mit Verlaub - total daneben. Mit einzelnen Tipps klickt ihr einen Button weiter, mit zwei schnellen hintereinander wird dieser dann aktiviert. Und das funktioniert mehr schlecht als recht, weswegen das Versprechen Nakas ("Let's Tap kann komplett mit den Fingern gesteuert werden") nicht so richtig wahrheitsgetreu umgesetzt wurde.

Minispielwahnsinn ohne Worte

Aber was interessiert den leidenschaftlichen Zocker eine gewöhnungsbedürftige Menüsteuerung, solange das Gameplay stimmt - erschreckenderweise wurde dieses aber recht schlampig umgesetzt, sodass wirklicher Spielspaß nur selten aufkommt. Die fünf in Let's Tap enthaltenen Minispiele sind zwar kreativ und einfallsreich, leiden aber unter dem zu niedrigen Schwierigkeitsgrad und nur kurzem Unterhaltungswert und auch die nicht immer präzise Steuerung trägt ihren Teil zum letztlich total entfallenden Spaß bei. Bevor ich aber Let's Tap für seine vielen Fehler anprangere, erkläre ich euch erstmal, was genau die Minispiele denn sind und wie sie funktionieren.

Das erste Minispiel und gleichzeitig das einzige, welches mir wirklich viel Spaß bereitet hat, hört auf den Namen Taprunner und ist ein klassisches Sidescroller-Jump&Run. Tippt ihr schwach und im Rhythmus auf den Karton, rennt eure Neonfigur so schnell sie kann über den Parcours. Um Hindernissen auszuweichen, müsst ihr springen, wofür ihr etwas härter auf den Karton tippt. Das klingt in der Theorie noch ganz interessant und gut, ist in der Praxis aber wesentlich schwieriger als es sich anhört, da das im-Rhtyhmus-Bleiben nicht so leicht von der Hand geht. Letztlich verursacht aber vor allem die ungenaue Stärkeerkennung der Schläge, dass Taprunner fast ein reines Zufallsspiel wird - schwache und starke Tipps werden kaum unterschieden. Folglich hüpft eure Figur gerne kurz vor dem Ziel ein paar Mal in die Luft, sodass die computergesteuerten Gegner euch den Sieg vor der Nase wegschnappen. Leider ist auch im Multiplayer die Sache nicht wirklich besser: der Zufall spielt einfach eine zu große Rolle. Einen Leveleditor hat sich Yuji Naka übrigens komplett gespart, damit ist Taprunner mit seinen 16 Levels in vielleicht maximal einer 3/4-Stunde durchgespielt - und das, ohne an irgendeiner Stelle überhaupt einen Hauch von Herausforderung zu spüren. Eure komplette Spielzeit in Let's Tap müsst ihr übrigens ohne Siegerehrungen, ohne Filme und sogar irrwitzigerweise ohne Wettkämpfe mit mehreren Disziplinen verbringen - und das in einem Spiel, das gerade mal fünf Minispiele bietet!

Im zweiten Minispiel ist es eure Aufgabe, Bausteine aus einem großen Turm herauszuziehen, sodass Reihen von gleichen Farben entstehen. Lauter verschiedenfarbige flache Steine sind so aufeinandergestapelt, dass ein wackeliger Turm entsteht, aus dem ihr dann immer mit "präzisen Tippen" Steine herauszieht. Gleichfarbige Reihen von mindestens drei Steinen lösen sich automatisch auf, Balancestärke und Fingerspitzengefühl sind beim Jenga-ähnlichen Minispiel gefragt - sagt zumindest Naka. Ich hingegen fühlte mich weder gefordert noch wirklich unterhalten, sondern gelangweilt. Mit Freunden oder Familie macht das Ganze wenigstens noch etwas Spaß, wenn man dem Bruder schadenfroh beim Einstürzen des Turmes zuschaut, während man selbst haufenweise Punkte für gute Kombinationen einkassiert. Das Minispiel funktioniert in Steuerung und Gameplay ganz gut, ist allerdings kaum fordernd und wenig abwechslungsreich. Die Tipp-Steuerung selbst hätte man aber auch gut durch eine andere ersetzen können, sie stellt kein großes Highlight dar.

Als drittes Minispiel reiht sich ein Rhythmusspiel ein, in dem ihr mit richtigen Tippen zur richtigen Zeit die Noten treffen müsst, während sie auf einem Band in eure Richtung zulaufen - nicht ganz Guitar-Hero-like, aber durchaus spaßig. Seltsamerweise passen aber die Notenspuren kaum zum eigentlichen Lied, was zumindest mich teilweise ganz schön rausgebracht hat. Den Unterschied zwischen leichten und mittleren Schlägen braucht ihr übrigens überhaupt nicht zu beachten, denn Let's Tap erkennt darin keinen Unterschied, für die härteren Schläge müsst ihr aber ganz schön fest tippen. Im Multiplayer kann das recht chaotisch werden, aber immerhin gibt es sogar verschiedene Notenspuren für die Spieler! Leider wird das in der Abrechnung aber wieder addiert, sodass die anfängliche Hoffnung auf ein Spiel in der "Band" wieder schwindet. Die Songs sind ganz nett, aber kein besonderes Highlight von Let's Tap - wenn es das überhaupt gibt. Erschreckenderweise ist aber auch dieses Minispiel nach gut einer 3/4-Stunde durchgespielt - ohne große Probleme, versteht sich ...

Nummer vier des bunten Quintetts, ein sehr fragwürdig präsentierter und wegen der unpräzisen Steuerung nahezu unspielbarer und zufallsbedingter Sidescroller-Shooter, ist gar nicht erst der Rede wert, weder im Single- noch im Multiplayermodus. Und als fünftes "Minispiel" reiht sich noch eine Art interaktiver Bildschirmschoner ein, der aber nach zwei Minuten uninteressant wird - einmal angeschaut und dann nie wieder.

WiiWare oder Vollpreistitel?

Leider das letztere. Betrachtet man den Umfang von Let's Tap, könnte das Spiel durchaus als WiiWare-Game durchgehen - und da fragt man sich doch, ob das nicht besser gewesen wäre. Wenn man ein Spiel nach 2-3 Stunden komplett durchgespielt hat, stimmt da was nicht - zumindest nicht, wenn es ein vergünstigter Vollpreistitel ist. Für 30? bietet Let's Tap einfach viel zu wenig, als dass man den wirklich erbärmlichen Umfang akzeptieren könnte. Warum hat man das Spiel nicht auf WiiWare veröffentlicht? Dort wäre der Umfang angemessen, das Gameplay würde mit seiner innovativen, leider etwas schlampig umgesetzten Steuerung sogar etwas herausstechen und der Preis wäre absolut okay - aber 30? ist das nicht wert.

Nicht einmal verschiedene Spielmodi werden geboten! Keine mehrdisziplinen Wettbewerbe, keine Turniere, nur ein Schwierigkeitsgrad und nur fünf Minispiele - und wer keine Freunde hat, darf nicht einmal online spielen. Das ist ein schlechter Witz, würde man denken. Leider aber die traurige Wahrheit.

Technisch läuft Let's Tap immerhin einwandfrei, wenn man von der schlampigen Steuerung mal absieht, gewinnt aber trotzdem keine Qualitätspreise: Die Grafik ist zwar nett, aber recht einfach gehalten, die akustische Untermalung beinhaltet einige Ohrwürmer, aber keine Highlights und Slowdowns oder Ruckler sucht man glücklicherweise vergebens. Kurz: Let's Tap ist technisch durchschnittlich. Spielerisch aber deutlich schlechter.

Mein Fazit:

Bitte, lieber Herr Yuji Naka, das kann doch einfach nicht Ihr Ernst gewesen sein. Ein Spiel, das nach weniger als 2-3 Stunden vorbei ist, das 0,00% Wiederspielwert bietet, dessen innovative Steuerung im minimalen Umfang zugrunde geht und das als Partyspiel nicht mehr als ein schlechter Witz ist, soll tatsächlich von Ihnen entwickelt worden sein? Diese klitzekleine Minispielsammlung ist auf Ihrem Mist gewachsen? Herr Naka - ich bin wirklich besseres von Ihnen gewohnt. Ja gut, die Tippel-Tappel-Trommel-Steuerung funktioniert bis auf einige Macken akzeptabel und die fünf Minispiele unterscheiden sich deutlich, aber so ist Let's Tap auf mittelmäßigem WiiWare-Niveau. Nicht nur vom Umfang her, sondern auch von der Präsentation würde das Spiel für 10? als Downloadgame wirklich besser dastehen und auch einen guten Eindruck machen. Als Vollpreistitel ist es das Geld aber nicht wert. Und deshalb, Herr Naka: Bemühen Sie sich, wieder bessere Spiele zu produzieren. Keine Spiele wie Let's Tap und Let's Catch.
Pro
  • innovative & coole Steuerung, aber ...
  • 5 abwechslungsreiche Minispiele, aber ...
  • bis zu vier Spieler im Multiplayer, aber ...
  • kurzfristig unterhaltsam, aber ...
Kontra
  • ... viele Erkennungsmacken
  • ... das war's dann auch schon
  • ... kein Onlinemodus
  • ... wie gesagt, nur kurzfristig
  • kaum Multiplayer-Motivation
  • minimaler WiiWare-Umfang
  • unterm Strich zu leicht
 

Let's Tap

Let's Tap
Super Wario
Super Wario 25.08.2009 Wii 
40%
10 1

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