Shooter
Entwickler: Action Forms
Release:
05.01.2006
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Durchschnittswertung

68%Gesamt
68%

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Lesertest von mr archer

Tragt Ihr einen tiefen, nie so recht durchanalysierten Hass auf Tiere mit Fell in Euch, die im allgemeinen trotz ihres Raubtierwesens als niedlich gelten? Tiger, Bären, Löwen, Gorillas und so Viechzeugs? Habt Ihr als Kind Zoobesuche eigentlich immer gehasst? Wolltet Ihr schon immer mal in einer Reservation unter lauter Vertretern der Roten Liste einen zünftigen Amoklauf hinlegen? WWF am Arsch? Wozu gibt es Videospiele, um nicht solchen dunklen und tadelnswerten Trieben einmal zünftig nachzugehen. 23 Level, 20 Stunden, 16 Waffen. Und Aberhunderte von Mietzekatzen und ähnlichem, die es hinzumeucheln gilt. Willkommen zu "Vivisector".

Navy Seal Kurt Robinson (Nomen est omen) landet bis an die Zähne bewaffnet auf einer Insel, auf der ein fragwürdiger Wissenschaftler auf Anweisung eines fragwürdigen Generals ein fragwürdiges Zuchtprogramm durchführt. Natürlich lief mal wieder alles aus dem Ruder, und nun ist es an Euch, den Tag zu retten. Die Kiewer Jungs von Action Forms bewiesen ja bereits im faszinierenden Nachfolger "Cryostasis", dass sie was Storyvorbilder anbelangt ein gesundes Ego ihr Eigen nennen. Bei "Vivisector" finden wir daher Anleihen bei H.G.Wells, angereichert mit Bezugnahmen auf Da Vinci-Gemälde und Bibel-Zitate aus Altem wie Neuem Testament. Und Zugeständnisse an beinahe jede B-Actionfilm-Plot-Konvention, die man sich denken kann (Uh, unsere blonde Vorgesetzte will uns zu Beginn etwas Wichtiges sagen und guckt dabei ganz doll ernst und scheu. Wetten sie wird nicht mehr dazu kommen, uns zu sagen, was los ist? Oh, die Tragik!) Wie hier literarische Ambition und größter Trash miteinander verrührt werden - das hat schon beinahe wieder was. Und die Idee, das übliche Gegnerpanoptikum einmal durch Hybridwesen aus Tier und Maschinen (Transpanter! Flammuar! Mörsergorilla! Rhinotruck!) sowie genmutierte Tiger, Wölfe und einen Gegneralbtraum wie den Schwarzen Panther zu ersetzen - da muss man erstmal drauf kommen.

Außerdem gibt es in "Vivisector" Levelbauten von einer Größe und Monumentalität zu bestaunen, wie sie im FPS-Bereich nur selten anzutreffen ist. Gigantische Mauern durchziehen das Inselinnere, monumentale Dome, enorme Hangars und Laboranlagen warten auf uns. Ein riesiges Schienensystem, auf dem ein kolossaler Zug verkehrt (das Level auf dem fahrenden Zug muss man gesehen haben). Das letzte Mal bin ich in "Chaser" in solch schwindelnden Höhen über Rohre geklettert. Nur dieses Mal macht es mir Spaß, mir hier meinen Weg durch die ambitionierte Map zu suchen. Plausibel ist das natürlich keinesfalls. Auf dieser Insel wurde mehr Beton verbaut als durch die Organisation Todt zwischen 1933 und 1945 sowie die sächsischen Straßenbauämter seit 1990 zusammen. Aber schick ist das schon. Dabei sieht kein Level aus, wie der andere. Das kann man sich schon mal angucken. Dazu gibt es Dank der vielen Waffen und der Gegnerfreakshow einiges an Abwechslung und als Dreingabe noch ein kleines Skillsystem, das niemandem weiter weh tut (außer den Mietzekatzen).

Allerdings muss man dazu durch die ersten fünf Level. Action Forms empfand es irgendwie als sinnvoll, diese mit einem unterdurchschnittlich fesselnden Arena- und Trigger-System als Grundlage zu gestalten. Dazu gibt es ein bis zwei eher mißglückte bis unfreiwillig komische Bosskämpfe. Und Mörsergorillas, die einen vom Map-Horizont aus treffen. Außerdem sieht die bei den Levelbauwerken recht brauchbare Eigenbau-Engine bei den Landschaftsleveln vor allem im Bereich Vegetation alles andere als gut und überhaupt nicht wie 2005 aus. Das hat dazu geführt, dass "Vivisector" in der Presse als eine Art "Far Cry" für ganz ganz Arme abgewatscht wurde.

Ich kann nur dafür plädieren, sich die ersten vier bis fünf Stunden da hindurch zu beißen. Ab dem zweiten Drittel erwartet Euch nach dem spielerischen Durchschnitt ein ziemlich unterhaltsamer Oldschool-Shooter, der zeigt, dass Action Forms zu den interessanten osteuropäischen Studios gehören.



Pro
  • Ordentlicher Umfang (23 Level, 16 Gegnertypen, 16 Waffen, 20 Stunden Spielzeit)
  • Eindrucksvolle Levelbauten, die nicht nur Kulisse sind
  • Oldschool: Medpacks, Munitions-Pickups, Freies Speichern
  • Brauchbares Skillsystem
  • Freakiges Gegnerpanoptikum abseits der ausgetretenen Pfade
  • ab dem zweiten Spieldrittel sehr abwechslungsreiche Levelgestaltung
  • Engine läuft bugfrei und trotz der großen Maps schnörkellos schnell
  • Schön trashige Story-Idee aus interessanten Versatzstücken der Literatur- und Filmgeschichte
  • der Löwenanführer
  • der Schwarze Panther
  • kein DRM
  • Hübsche Fellanimation
Kontra
  • Gegner-KI bestenfalls Durchschnitt
  • Bosskämpfe zu leicht
  • Erstes Spieldrittel mit der Arena-Struktur unbefriedigend
  • Auch auf "schwer" noch etwas zu leicht
  • Außenlevel grafisch unbefriedigend
  • Munitionskisten-Räumen umständlich
  • XP-System zum Charakter-Aufleveln bleibt undurchsichtig und wirkt schlecht implementiert
  • Schießen auf Serengeti-Insassen = Schlechtes Karma! Ganz schlechtes Karma!
 

Vivisector

Vivisector: Beast Within
mr archer
mr archer 03.04.2012 PC 
68%
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