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Entwickler: Digital Illusions
Publisher: Electronic Arts
Release:
13.11.2008
18.05.2010
15.09.2010
13.11.2008
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Spielinfo Bilder Videos

Durchschnittswertung

79%Gesamt
81%
82%
71%

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Lesertest von Mr. A

Mirror's Edge hat bei mir einen besonderen Eindruck hinterlassen. In der ersten Nacht, nachdem ich dieses Spiel installiert hatte, habe ich von ihm geträumt: Ich befinde mich in einer Großstadt, wie in der, in der ich lebe. Ich gehe durch die Straßen, als ich auf einmal Schüsse höre. Automatisches Feuer. Dumpfes Rattern einer schweren Mechanik. Ein Schock läuft mir durch Mark und Bein. Ehe ich mich versehe, renne ich. Ich werfe einen Blick über die Schultern, und sehe, dass ich von schwer gerüstete SWAT-Truppen verfolgt werde. Sie sehen alle gleich aus, kommen als allen Winkeln. Wie Sturmtruppen, nur noch unwirklicher. Ich flüchte in eine U-Bahn. Als ich aussteige, sehe ich schon einen neuen Trupp auf mich zukommen. Ich renne in die andere Richtung, suche verzweifelt nach einem Ausweg. Ich bin mir sicher, dass es einen geben muss, finde ihn aber nicht! Sie kommen immer näher. Und ständig höre ich dieses dumpfe Rattern. Es raubt mir den letzten Nerv. Ihr grundloses Geballere wirkt genauso befremdend wie ihre Klon-Visagen. Sie kommen immer näher, ich weiß nicht wohin ...

Wie der Traum ausging weiß ich nicht mehr. Aber eins steht fest: Mirror's Edge hat mir einen Albtraum beschehrt! Denn mein Gehirn hat nichts weiteres gemacht, als das, was ich im Spiel erlebt habe, auf meinen Traum zu übertragen. Ich war Mirror's Edge sehr aufgeschlossen. Ich liebe Jump&Runs, kann mich mit stilisierter Grafik gut anfreunden und habe ein Faible für renomierte Spiele, die im Ladenregal hängen geblieben sind. Aber ich bin noch nie so herb enttäuscht worden. Überall lese ich, dass mich ein unbeschreibliches Gefühl der Freiheit erwartet. Wie aber, frage ich, soll ich diese Freiheit spüren, wenn ich dauernd beschossen werde?

Natürlich ist es für das Setting nur logisch, wenn ich als Systemfeind verfolgt werde. Aber den Entwicklern fehlt das Gefühl für die richtige Dosierung. Wir sind hier in einer Stadt, nicht auf einem *Battlefield*. Die Intensität und die Häufigkeit der Actionszenen ist so übertrieben, dass das Spiel alle Glaubwürdigkeit verliert. Auch wenn ich nur eben das Level betrete, und mich umsehe: Ich mache keine zwei Schritte, und irgendwer eröffnet das Feuer auf mich. Einfach so. Ich kann das dumpfe Geratter der Maschinengewehre nicht mehr hören. Vermutlich täusche ich mich, und die Actionszenen machen nur einen kleinen Teil des Spiels aus. Aber sie sind so penetrant, so nervenaufreibend, dass sie das ganze Spiel trüben.

Dumm nur, dass man nicht nur fliehen, sondern immer wieder auch kämpfen muss. Mirror's Edge hat eines der schlechtesten Kampfsysteme, die ich je erlebt habe. Es gibt nur zwei Aktionen: Zuschlagen und Entwaffnen. Ersteres wird immer mal gerne geblockt, und letzteres verlangt gutes Timing. Einzelne Gegner zu überwältigen ist nicht allzu schwer, aber man überlebt es nicht, wenn man derweil von anderen Gegnern beschossen wird. Das Problem: Trotz der recht verwinkelten Kampfarenen habe ich kaum Möglichkeiten, meine Gegner zu isolieren, weil mir das Spiel meistens mehrere direkt vor die Nase setzt. Und das, obwohl Faith sehr viele Treffer einstecken kann. Das, zusammen mit dem plumpen Einsatz von Klon-Spawning an jeder Ecke, lässt das Spiel die Glaubwürdigkeit seiner Künstlerischen Vision verlieren.

Ich bin niemand, der Spiele überinterpretiert, aber ich glaube, dass die Welt von Mirror's Edge keinen Aspruch auf Realitätsbezug stellt. Die Ansätze für einen fast dystopischen Überwachungsstaat sind da, aber die Vision ist viel zu unreflektiert, viel zu plump, wenn es zur Sache geht. Mirror's Edge ist keine Vision, sondern das, was in unseren Köpfen ein Albtraum ist.

Da hilft es nicht viel, wenn das eigentliche Jump&Run dahinter auch albtraumhafte Qualitäten zeigt. Im Ansatz mag ich die Spielmechanik. Sie erinnert mich an Prince of Persia, nur, dass die Ego-Perspektive von Zeit zu Zeit tatsächlich ein intensiveres Spielgefühl vermittelt. Leider hat DICE den Dolch der Zeit nicht mitgenommen. Mirror's Edge hat so unglaublich viel Trial und Error, dass das Hüpfen und Rennen einfach nur eine Qual ist. Ich scheitere am laufenden Band, auch an den trivialsten Dingen. Manchmal scheinen ähnliche Steuerungsangaben nicht ähnliche Resultate zu haben. Mal sterbe ich, mal nicht - das ist Error ohne Trial. Die viel gelobten Magic-Moments werden zunichte gemacht, wenn ich beim ersten Sprung über die Häuserschlucht auch nur einen Zentimeter daneben lande.

Spätestens hier bin ich so frustriert, dass ich gar nicht mehr auf die Story achte. Im Nachhinein kann sie mich auch nicht überzeugen. Wenn die Entwickler mir selbst im dramatischen Finale noch Klongegner in den Rücken setzen müssen, die sich nach der Rettung in Luft auflösen, dann dann hat Mirror's Edge den letzten Funken Glaubwürdigkeit verspielt.


Ist dies nun eine Hasswertung? Sagen wir es so: Laut 4Players ist dies nicht verwerflich - Tests sind 100% Subjektiv. Und bei mir hat der Frust leider jeden (im Ansatz vorhandenen!) Spielspaß im Keim erstickt.
Pro
  • Im Ansatz gutes Spielprinzip.
  • Stimmiger, minimalistischer Grafikstil.
  • Passende Musikuntermalung.
  • Sofern die Mechaniken nicht gerade versagen, verschafft die Ego-Perspektive ein tolles Spielgefühl. Aber dies hält nie lange.
  • Fazit: Man merkt, dass Mirror's Edge Potential gehabt hätte. Die guten Seiten des Spiels konnten die unglaubliche Frustration aber nicht übertünchen.
Kontra
  • Unglaublich viel Trial und Error.
  • Die Steuerung ist zu unpräzise. Gleiche Eingaben scheinen nicht immer das gleiche Resultat zu bringen.
  • Anfangs hat man keinerlei Orientierung.
  • Nerventötende Schießereien und Verfolgungsjagden. ( Sind besonders schlimm, wenn man anfangs keine Orientierung hat!)
  • Sehr schlechtes (Nah-)Kampfsystem.
  • Unglaubwürdiges KI-Trefferverhalten: Auf mittlere Entfernungen trifft die KI selten, aber sie treffen auch auf Distanzen, die vom Spieler nicht einmal mit dem Präzesionsgewehr abgedeckt werden können.
  • Insgesamt extrem frustrierend.
  • Trial&Error ruiniert Magic-Moments.
  • Story und Szenario verlieren durch die plumpe Regie jede Glaubwürdigkeit.
  • Kein Wiederspielwert, da Zeitrennen dank Trial&Error ungenießbar sind.
  • Fazit: Mirror's Edge ist so frustig, dass ich es für mich nicht einmal "ausreichend" sein kann. Andere, frustresistentere Spieler, könnten aber Gefallen daran finden.
 

Mirror's Edge

Mirror's Edge
Mr. A
Mr. A 29.08.2013 PC 
39%
3 2

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