Adventure
Entwickler: Tale of Tales
Publisher: Tale of Tales
Release:
18.03.2009
Spielinfo Bilder Videos

Durchschnittswertung

87%Gesamt
87%

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Lesertest von mr archer

Sechs Mädchen zwischen 6 und 20 Lebensjahren. Eines nach dem anderen wird mit dem Auto am Waldrand abgesetzt. Ein Weg führt zwischen den Bäumen in einigen Minuten zum Haus der Großmutter, der sie Kuchen und Wein bringen sollen. Doch die Tiefen des Waldes zur Linken und Rechten locken verführerisch. Ein Rabe verschwindet zwischen den Bäumen. Blumen blinken. Und was ist das da hinten? Ein Autowrack? Interessant ...

Wir werden Ginger, Rose, Scarlet, Ruby, Robin und Carmen zwischen die Bäume steuern. Blumen pflücken. Dem Mädchen in Weiß bei seinem Tanz durch den Wald folgen. Wir werden das Sofa finden, das Klavier, den Brunnen. Und jede von ihnen wird ihrem ganz persönlichen Wolf begegnen. Und wenn wir nach dieser Begegnung aus unserer Ohnmacht im Regen vor dem Haus der Großmutter zu uns kommen und langsam und gebrochenen Schritts auf die Tür zu stolpern - dann wartet der wirkliche Horror noch auf uns. Hinter dieser Tür. Und wir fühlen uns als Spieler mit verantwortlich. Denn wir hätten ja auch einfach auf dem Weg bleiben können. Fern vom Wolf. Oder liegt der schon in Großmutters Bett?

Die Macher von "The Path", Auriea Harvey und Michael Samyn vom kleinen belgischen Independent-Studio Tale of Tales sagen, ihr Spiel drehe sich um das Drama des Heranwachsens. Und sie schildern dieses Drama aus weiblicher Sicht. "The Path" ist nicht nur ein Spiel mit weiblichen Charakteren. Es ist ein Spiel, das wirklich konsequent die weibliche Perspektive einnimmt. Im Jungsbusiness "Videospiel" macht allein dieser Fakt den Titel zu einer Ausnahmeerscheinung.

Wenn man an diese Psycho-Achterbahn auf die dunkle Seite Genremaßstäbe anlegen möchte, dann ist "The Path" ein 3D-Adventure. Wir steuern die Mädchen durch den Wald. In seinen unendlichen Untiefen finden wir immer wieder interaktive Orte, die uns einen Hintergrund zur Weltsicht des Mädchens geben. Für jede von ihnen ist der Wald darum etwas anders, enthält andere Orte. Und einen anderen Wolf. Haben wir ihn getroffen, kommt es unweigerlich zum Finale. Treffen wir ihn nicht, bleiben wir zwischen den Bäumen gestrandet. Pubertät gibt es nicht ohne Dramen.

"The Path" spielt man aber nicht wie ein herkömmliches Adventure. In dieser Hinsicht ist es kaum interessant. "The Path" ist eine Meditation. Man verliert sich hier. Man gibt sich hin. Es gibt auch keine Sprachausgabe. Nur Wörter und Klänge und Bilder. Und einen der besten Spielesoundtracks, der mir bisher untergekommen ist. Allein wegen der musikalischen Untermahlung des Geschehens, dieser Mischung aus Cello-Getragenem und die Nackenhaare aufstellenden Soundscapes, in denen beispielsweise das Geräusch einer Säge hinüberspielt in das womöglich ja nur eingebildete Zähnefletschen des Wolfes, wird "The Path" zum Pflichttitel für Freunde des Besonderen.

Dieses "Spiel" ist wie ein Schlag in die Magengrube. "The Path" macht Sachen mit Eurem Kopf. Es hallt nach. Wer sich einmal auf den Weg zu Großmutters Haus macht, der vergisst diese Wanderung nie.
Pro
  • Atmosphärische Bombe
  • Surreale Welt zwischen Tag- und Albtraum
  • Intelligentes Spiel mit den literarischen Vorlagen
  • Hohe narrative Qualität
  • Erzählung verlässt sich ganz auf Klänge, Bilder und geschriebenes Wort zur Erzeugung von Stimmungen
  • Lauter heiße Eisen, erzählt für ein erwachsenes Publikum aus weiblicher Perspektive
  • Fantastischer Soundtrack (kann auch gesondert erworben werden)
  • Sehr günstiger Preis
Kontra
  • Ist das noch ein Videospiel im herkömmlichen Sinn?
  • Love it or hate it
  • in seiner ambitionierten künstlerischen Sprache für einige wohl zu "kopfig"
  • Für psychisch labile Naturen nicht gesund
  • Texte nur in Englisch verfügbar
  • Systemvoraussetzungen für einen Nischentitel, der sich an eine Zielgruppe richtet, die oft nicht über einen 3D-fähigen Spiele-PC verfügt, etwas zu hoch
 

The Path

The Path
mr archer
mr archer 29.11.2011 PC 
92%
5 2

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