Summon the b??!

Die berühmte Trinkszene (google ?drunk witchers?) auf Kaer Morhan bringt für mich auf den Punkt, was den dritten Hexer auszeichnet und besser macht, als seine Vorgänger.

Denn wo diese einen für mich zu politik- und intrigenbehafteten Gesamtquerschnitt durch Sapkowski´s Welt zeichnen, wird der Dreier wesentlich persönlicher und betrachtet auch Details: Ich lerne Geralt als Person kennen, die dämliche Auftraggeber oder ausweglose Situationen souverän zynisch kommentiert, es aber auf der anderen Seite kaum schafft, seinen Witcher-Feunden gegenüber nicht als kompletter Pantoffelheld dazustehen.

Was findet er eigentlich an Yen? Das war mir in den Büchern immer ein Rätsel ? The Wild Hunt durchleuchtet ihre Beziehung aber dynamischer, interessanter, und lässt mich in Geralt´s und Yennefer´s Interaktion in den vielen Haupt- und Nebenquests, sowie natürlich in den obligatorischen Beischlafszenen praktisch nebenbei erleben, warum Geralt sie nicht schon lange in die zerrikanische Wüste geschickt hat.

Ich muss mich im Witcher 3 nicht mit Wikipedia in politische Hintergründe einlesen, um mich in einem Sammelsurium von Namen, Fraktionen und Verwandschaftsbeziehungen zurecht zu finden.

Nein, hier hat alles wesentlich mehr persönliche Relevanz.

Die Welt des Hexers lebt von den markigen Charakteren, wie dem Baron, Dijkstra und Avallac´h. Man hört ihnen einfach gerne zu, möchte mehr von ihnen erfahren, ertappt sich sogar dabei, deren Kodex-Einträge zu lesen... Gut so.
Und auch wenn es keine Party gibt, werden Geralt´s Mitstreiter im Laufe der Handlung und der Quests so glaubwürdig entwickelt und immer wieder eingebunden, dass man nie das Gefühl hat, die Geschichte als Einzelkämpfer zu erleben.

Natürlich hat der Hexer auch Schwächen. Die Open-World sorgt wie schon bei DA:I dafür, dass wer alle Nebenquests mitnimmt, im Endgame alles viel zu leicht umhaut. Und das ist schade, denn man hat so viele interessante Quests im Log, die man dann kaum noch genießen kann, weil man deren Levelanforderungen schon lange überholt hat. Das gilt übrigendes für alle Schwierigkeitsgrade, also unbedingt zumindest im zweithöchsten anfangen!

...und ein Himmelreich für den, der das verdammte Pferd rauspatcht. Den Entwickler, der dessen Wegfindung programmiert hat würde ich zwingen, zwei Wochen am Stück Red Dead Redemption zu spielen, und der Kollege, der die omnipräsenten Kerzen, welche ich gefühlte 1000 mal an und aus gezaubert habe, kann ihm gerne Gesellschaft leisten.

Was den Spielablauf angeht, hat die Souls Serie die eindeutig überlegene Kampfmechanik, Dragon Age dagegen die durchdachteren Skill-Trees. Hier kann der Witcher nichts wirklich besonders gut, so dass man sich all zu oft beim Button-Mashing ertappt.

Technisch kann man dem Witcher allerdings tatsächlich nichts vorwerfen. Weitsicht, Ausleuchtung, Animationen und vor allem Artdesign sind klasse, die filmreife Präsentation sowiso. Auch die Musik gibt sich keine Blößen, obwohl man sich bei der Länge des Spiels noch das eine oder andere Stück mehr gewünscht hätte, um Widerholungen zu vermeiden. In der von mir gespielten Englischen Version wird meiner Meinung nach darüber hinaus zu viel mit Irischem oder Schottischem Akzent palavert. Vor allem auf Skellige finde ich das nicht immer passend.

Wer eine glaubwürdige, wunderschön präsentierte Fantasywelt erleben möchte, und das storylastiger, als z.B. in Skyrim, und mit dem teilweise unpräzisen Kampfsystem leben kann, ist beim Hexer an der richtigen Adresse.