Kolumne

hundertprozent subjektiv

KW 26
Dienstag, 24.06.2003

Revolution im Anmarsch?


Wir können uns frei bewegen, frei drehen, frei zoomen. Es gibt Explosionsorgien, Zeitlupenkicks und Wasser zum Reinlegen. Aber trotz aller Effekthascherei fehlt seit Jahren das gewisse Etwas, der innovative Schub. Sicher hat Hollywood Einzug gehalten, so dass manche Titel filmreif in den Laden kommen - viele Flops allerdings inklusive.

Aber die Spielewelt braucht nicht nur frischen Storywind, sondern einen eiskalten Platzregen, ein technisches Hagelgewitter! Seit der Einführung der dritten Dimension fehlen wirklich umwälzende Neuerungen. Mittlerweile sind Glanz und Gloria des Gütesiegels „3D“ vergangen, denn hinter vielen dreidimensionalen Kulissen verbirgt sich technisch altbekannte Spielekost. Geübte Spieler haben die Welt viel zu schnell durchschaut.

Ein Baum soll eben nicht nur realistisch aussehen, sondern auch korrekt umfallen. Ein Pfeil soll nicht nur Hitpoints abziehen, sondern authentische Wunden reißen. Ganz zu schweigen von virtuellen Charakteren, die bei der ersten Begegnung weniger Natürlichkeit versprühen als eine Holzmarionette. Natürliches Verhalten und lebensechte Emotionen stecken noch in den gleichen Kinderschuhen wie eine realistische Welt, die auf den Gesetzen der Schwerkraft beruht.

Es besteht allerdings Grund zur Hoffnung. Denn wenn man sich die aktuelle Wetterlage der Ankündigungen anschaut, die mit der E3 aufgezogen ist, zeichnen sich herrlich stürmische Tendenzen ab.

Zum einen sind sich die Entwickler des Stillstands im Bereich der künstlichen Intelligenz bewusst und haben das „AI Interface Standards Committee“ gegründet, welches glaubwürdige und lernfähige Charaktere schaffen will. Sehr lobenswert, doch die Früchte dieser Initiative werden Spieler wohl erst in einigen Jahren ernten.

Viel entscheidender könnte auf kurze Sicht ein Titel sein, der noch dieses Jahr erscheint: <4PCODE cmd=DGFLink;name=Half-Life 2;id=1172>. Das Team von Valve weckte mit seinen Trailern so viele Hoffnungen, dass viele Experten gerade im Bereich der Physik und Spielwelt eine kleine technische Revolution prophezeien.

Aber nicht nur im Action-Bereich würde so der Stillstand durchbrochen werden: Adventures, Rollenspiele, Sportspiele - alle würden von neuen Gütesiegeln à la „komplett mit Schwerkraft“ profitieren. Wer hätte vor der E3 noch gedacht, dass ein Shooter diese Vorreiterrolle übernehmen könnte?

Noch ist alles optimistische Spekulation, aber dieser Spielewinter könnte abseits von Konsolendebatten, Filmlizenzen und Nachfolgeorgien endlich mal wieder innovative Zeichen setzen.

Jörg Luibl
4P|Textchef

 

Kommentare

johndoe-freename-48018 schrieb am
Es gibt fast keine Innovation mehr: Das stimmt, aber halt nur FAST. Die meisten Spiele konkurieren nur in sachen Grafik. Auf Story, Persöhnlichkeit der Charaktere, die Länge des \\\"Actionkrachers\\\" oder \\\"Strategieepos\\\" und vor allem auf Abwechslungsreichtum wird so gut wie kein WERT mehr gelegt :evil:. Zum Beispiel U2: GEILE GRAFIK, aber es gibt keine Identifizierung mit dem Charakter, und ab dem 6 Level wird das mehr oder weniger sinnlose Gemetzel langsam langweilig. Die Story ist auch etwas knapp, denn die Handlung beschränkt sich darauf, dass man auf dem Level landet, meisten alles niederschießt, wenn vorhanden ein relativ anspruchsloses Ziel zu erfüllen, den einen oder anderen Endgegner zu besiegen (davon gibts so gut wie gar keine), und oft ein Artefakt einzusammeln. (Achtung Spoiler) Und am Ende des Spiels bleibt das Mühsam gesuchte und zusammengebaute Artefakt einfach neben einem toten \\\"Verrückten\\\" liegen, man flieht, später stirbt die ganze Crew, man düst ins Universum und Pustekuchen. :cry:
Ich hätte jedenfalls mehr von dem so\\\"Perfekt und Revolutionären\\\" Spiel erwartet. Aber ich muss zugeben es macht trotzdem Spaß. :wink:
Aber es gibt auch Lichtblicke: Auf der E3 zum Beispiel wurden 1.350 neu Spiele vorgestellt. Da müsste für jeden was dabei sein.
Meine absoluten Geheimtipps sind:
HL2: Absolut GEILE Grafik (war ja nicht anders zu erwarten :D )Eine meiner Meinung nach sehr beindruckende und sehr gut entwickelte Physik-Engine, und eine interessante Story. Ich hoffe der Spielspaß dauert länger als nur 15 Stunden.
und Stalker: Der Schauplatz ist dem Tschernobylgebiet realistisch nachempfunden. Es gibt natürlich auch eine (hoffentlich) gute Physik-Engine und sehr lobenswerte Grafik.Top ist aber die wahrscheinliche Spiellänge: Das gebiet ist riesig und hat eine meines Wissens nach nicht lineare Story. Die Geschichte wird so vom Spieler selbst vorangetrieben antstatt einfach in ein Gebiet \\\"gebracht\\\" zu werden wo es Ziele zu erfüllen gibt. 8O
johndoe-freename-47210 schrieb am
@Tir
Mit deinem Job <-> Berufung Ansatz hast du schon recht. Es ist nicht mehr das gleiche, wie vor 15/20 Jahren. Damals hast du im Grunde nur eine gute Idee gebraucht. Im Schnellkurs Programmieren gelernt und dann einen halbwegs talentierten Freund gesucht, der paar Grafiken zeichnen konnte. Ein Spiel war damals noch ein 2-3 Mann Projekt und in 6 Monaten fertig.
Heute sieht es leider so aus, dass ohne ein Team von mehr als 20 Leuten, die über 2 Jahre an einem Projekt arbeiten, nichts mehr geht. Alles hochspezialisierte Leute, teilweise mit Studium, auf jeden Fall aber mit jahrelanger praktischer Erfahrung.
Das hier langsam die Innovation untergeht ist doch klar, denn irgendwo wird eingespart. Wenn alleine die Technikabteilung so viel Zeit und Personal raubt, dann schrumpft die Story- und Gamedesignabteilung. Erschwerend kommt noch dazu, dass es die naive Konsumgesellschaft doch tatsächlich schafft, das 100. Die Sims Addon und das 1000. quasi unveränderte NHL Update zu kaufen. Da vergeht doch jedem engagiertem Designer die Lust, was neues zu machen, wenn er die astronomischen Verkaufszahlen der Addon/Sequel-Konkurrenz sieht.
Ich hab nichts gegen eine interessante Fortsetzung zu einem gelungenen Titel. Im Gegenteil. Oftmals schreit ein kultiges Spiel geradezu danach eine Fortsetzung zu bekommen.
Aber es werden dermaßen viele Spiele unnötigerweise fortgesetzt, einfach des guten Names wegen (->Verkaufszahlen), dass es zum Heulen ist.
Wer was daran ändern will soll in Zukunft auf die gehypten Sequels und Addons verzichten und innovative Titel - auch wenn sie hier und da schwächeln - unterstützen. Denn nur wenn Quake, Fifa, Die Sims, NHL & Co. die Kundschaft wegläuft werden die entsprechenden Entwickler umdenken...
johndoe-freename-35921 schrieb am
Half Life 2 wird, denke ich, der Shooter der den nächsten Spielen zeigen wird, wie sie zu sein haben!
Half LIfe 2 wird viele Ansätze zeigen, die von der Perfektion aber noch lange entfernt sind.
Nu, hoffen wir mal auf mehr Inovationen!
johndoe-freename-2311 schrieb am
jo das mit dem tetris und pirates is schon so gewesen
auch rollenspiele und adventures aus alten amiga und c64 zeiten warn wochenlang beschäftigung
aber damals warste nochn bekloppter freak wenne gesacht hast das du computerspiele zockst(denkt nur an die startdisketten bei dos)
der massenmarkt hat uns zocker eingeholt und die industrie ebenso, waren damals noch 3-4 fanatische programmierer nötig um ein erstklassiges spiel zu machen brauchste heute schon eine armee aus grafikern,leveldisignern,programmierern usw...
ich glaub kaum das noch echte innovationen von grossen firmen kommen, denn da ist es wie überall, erstmal marktanalyse dann ein spiel entwickeln was dem letzten verkaufsschlager ähnlich ist(insofern es kostengünstig zu produzieren ist siehe GTA, warum gibs davon keine abklatschs??)
johndoe-freename-47983 schrieb am
nur mal so ein Gedanke...
das Spiel das mich bisher die längste Zeit hat am Rechner sitzen lassen is (ihr könnt jetzt gerne lachen) Tetris, damals auf dem 64er (ja, ich bin wirklich schon so alt). Tetris hatte keine gute Grafik, absolut Null Story, war im Prinzip schweineeinfach, aber es hat damals die Leute gefesselt und tuts auch noch heute (aufm Gameboy)...
Ich hab damals in den 80ern in der Schule die Karibik-Karte im Erdkunde-Atlas auswendig gelernt um bei \"Pirates\" besser navigieren zu können, kann ein Spiel denn noch realistischer sein ???
Ein Kumpel von mir hat sich sogar ne alte Atari-Spielekonsole bei E-Bay besorgt und spielt damit wie ein bekloppter...
Die Spiele die\'s damals gab können technisch gesehen in keiner Weise mit dem konkurieren was heute auf dem Markt ist, das is klar (abgesehen davon das heute kein Game mehr auf den Markt kommt das nich min. 5 Patches zum Bug-Fix benötigt bis es rund läuft), aber manchmal werd ich das Gefühl nicht los das heute der Beruf \"Spieleprogramierer\" ein job ist, und damals der Job \"Spieleprogramierer\" eine Berufung war.
schrieb am