Kommentar

hundertprozent subjektiv

KW 14
Freitag, 05.04.2013

Leb wohl, LucasArts, hallo Zukunft!


Mir hat am Mittwoch das Herz geblutet, als ich von der Schließung von LucasArts durch Neubesitzer Disney erfahren habe. Wie konnte das nur passieren? In meiner Jugend ging nichts über die Spiele der Kalifornier: Maniac Mansion - damals noch unter Lucasfilm Games veröffentlicht - hat mit seiner fantastischen Mischung aus Humor und Spannung einen ewigen Platz auf meiner Liste von Lieblingsspielen. Und was habe ich gelacht, als ich im großartigen Zak McKracken auf dem Mars das Benzin für die Kettensäge gefunden habe, das ich mit Dave & Co in der verrückten Villa des Dr. Fred Edison so verzweifelt gesucht habe.

Und dann natürlich The Secret of Monkey Island mit seinem traumhaften Karibik-Flair, den liebenswerten Charakteren und durchgeknallten Ideen von Dialogen mit Hunden bis hin zum Voodoo-Malzbier. Selbst als ich mich beim Nachfolger und Indiana Jones and the Fate of Atlantis am Amiga gezwungenermaßen als Diskjockey ran musste - beide Spiele wurden auf elf Disketten ausgeliefert, die teilweise im Sekundentakt gewechselt werden mussten - war meine Liebe zu LucasArts ungetrübt. Als dann die Entscheidung fiel, Day of the Tentacle nicht mehr auf Commodores 16-Bitter zu veröffentlichen, kaufte ich mir schon das Spiel, bevor ich mir überhaupt einen entsprechenden PC angeschafft hatte. Zu schön waren die Adventures aus der Spieleschmiede des Star-Wars-Schöpfers, die später mit dem amüsanten Sam & Max: Hit the Road, Tim Schafers Grim Fandango und Full Throttle sowie The Dig weitere Hits ablieferte.   

Apropos: Auch mit seinen Spielen rund um den Sternenkrieg war das Studio ein Qualitätsgarant. Ich war sicher nicht der Einzige, der sich beim Anblick von Rebel Assault ein CD-ROM-Laufwerk angeschafft hat - nie zuvor sahen die Weltraumschlachten so imposant aus, nie war ein Star-Wars-Spiel auch klanglich näher an den Kinofilmen! Und dann waren da ja auch noch die anspruchsvolleren Simulationen von X-Wing bis TIE Fighter - nicht zu vergessen den knackigen Ego-Shooter Dark Forces, der den Grundstein für Fortsetzungen wie Jedi Knight & Co legte.

Aber das ist lange her, sozusagen „A long time ago, in a galaxy far, far away“. Immer mehr der alten Veteranen kehrten LucasArts den Rücken: Ron Gilbert (Maniac Mansion) versucht sich nach seinem kleinen Intermezzo bei Double Fine wieder als unabhängiger Entwickler, während Tim Schafer (Day of the Tentacle) als Chef dort weiterhin die Stellung hält. Dave Grossmann ist - wie viele andere ehemalige Mitarbeiter von LucasArts - ein Teil von Telltale Games, wo u.a. die episodischen Fortsetzungen zu Monkey Island und Sam & Max entstanden. Das „alte“ LucasArts, das ich in meiner Jugend so geschätzt habe, existierte schon lange nicht mehr. Mit dem Abgang des qualifizierten Personals verabschiedeten sich zunehmend auch die Qualitätsansprüche des Studios, das die Arbeiten außerdem zunehmend an externe Entwickler wie Factor 5, BioWare, Pandemic oder Obsidian auslagerte. Spiele wie Knights of the Old Republic, Rogue Squadron, Star Wars: Battlefront und selbst Indiana Jones und die Legende der Kaisergruft weckten die Illusion, dass LucasArts immer noch hochkarätige Software produzierte. Das Problem: Man ließ hauptsächlich produzieren, doch zeigten eigene Machwerke wie das enttäuschende Star Wars: Obi Wan oder der öde Prügler Masters of Teräs Käsi, dass die interne Entwicklungsabteilung zu keinen Glanzleistungen mehr fähig war und sich darüber hinaus zu sehr auf die Versoftung des Sternenkrieg-Universums versteifte. Nach dem soliden Erstling war The Force Unleashed II einer der letzten großen Flops von LucasArts, der unter Eigenregie entstand.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet ergibt die Schließung durch Disney Sinn: Warum sollte man ein Studio halten, das ohnehin schon einen Großteil der Entwicklungen an externe Teams abgibt? Vor allem, wenn diese Teams auch noch qualitativ bessere Arbeit abliefern als die eigenen Leute. So gesehen wird sich durch die Schließung und die Konzentration auf die Lizenzvergabe nicht viel ändern. Im Gegenteil: Es besteht eine kleine Chance, dass die Qualität der Spiele weiter steigt, sollte Disney bei den Verhandlungen nicht zu gierig sein und gewisse Ansprüche bei der Auswahl von potenziellen Lizenznehmern stellen. Es kann z.B. nicht im Interesse des Unternehmens sein, wenn der Markt mit Star Wars- oder Indy-Spielen überschwemmt wird, die sich qualitativ auf dem Ramsch-Niveau eines The Walking Dead: Survival Instincts oder Aliens: Colonial Marines befinden. Im Idealfall gewinnt man etablierte Studios, die sich mit viel Elan und Leidenschaft den großen Lucas-Marken widmen und fantastische Spielumsetzungen realisieren. Man stelle sich das mal vor: Ein Indiana-Jones-Ableger von Naughty Dog, ein neues Battlefront von DICE, ein düsterer Jedi-Shooter von id Software, weitere Rollenspiele von BioWare, ein Weltraum-Simulator von Chris Roberts, spannende Rundenstrategie von FireAxis oder gar ein neues Monkey Island von Ron Gilbert. Theoretisch wird das alles möglich und man wird ja wohl ein bisschen träumen dürfen.

Von daher sehe ich die Schließung von LucasArts mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Es ist einerseits wahnsinnig schade, dass mit dem Studio ein Stück ruhmreiche Geschichte einfach von der Bildfläche verschwindet und dazu bedauerlich, dass mit dieser Entscheidung viele Angestellte ihre Schreibtische räumen müssen. Andererseits besteht die Chance, dass den großen Marken durch das Lizenzmodell neues Leben eingehaucht wird. Aber nur, wenn Disney weise genug ist, diese den Studios anzuvertrauen, bei denen das Streben nach Qualität über der Gier nach dem schnellem Geld steht.                   

Michael Krosta,
Redakteur


 

Kommentare

Nuracus schrieb am
Ah ihr tut Tomb Raider Unrecht.
Der Anfang war recht Cutscene-lastig, das gab sich aber mit der Zeit - und Youtube kann niemals die Atmosphäre einfangen, die das Spiel mit ner tollen 5.1-Umsetzung ins Wohnzimmer bringt.
De_Montferrat schrieb am
Kajetan hat geschrieben:
Obstdieb hat geschrieben: Was Cutscenes anbetrifft, geht mir das genauso, mittlerweile schaue ich mir die meisten Spiele auf Youtube an. Das Tomb Raider Reboot musste letztens, für einen sehr interessanten Filmabend herhalten. Bioshock Infinite wird wohl der nächste Anwärter 8)
Du elender Raubseher, du!!!
Nein, ehrlich, Du hast ja recht. Warum sich durch dröges Allerweltsgameplay quälen, wenn man die eigentlichen Highlights solcher Spiele, Cutscenes und Story auch einfach so haben kann?
Da muss doch die GEMA oder ein Videospiel-Pendant einschreiten und Gebühren verlangen, die keiner zahlen will, mit der Folge "Dieses Video ist urheberrechtlich geschützt und in ihrem Land leider nicht verfügbar". :twisted:
Kajetan schrieb am
Obstdieb hat geschrieben: Was Cutscenes anbetrifft, geht mir das genauso, mittlerweile schaue ich mir die meisten Spiele auf Youtube an. Das Tomb Raider Reboot musste letztens, für einen sehr interessanten Filmabend herhalten. Bioshock Infinite wird wohl der nächste Anwärter 8)
Du elender Raubseher, du!!!
Nein, ehrlich, Du hast ja recht. Warum sich durch dröges Allerweltsgameplay quälen, wenn man die eigentlichen Highlights solcher Spiele, Cutscenes und Story auch einfach so haben kann?
Mindflare schrieb am
Kajetan hat geschrieben: Für "Rebel Assault" hätte ich mich damals fast selber gesteinigt. Die Steuerung war so katastrophal, dass ich nie weiter als bis zur zweiten Mission gekommen bin. Und das auch nur ein einziges Mal. Sowas von ruckelig und schwammig, hart an der Grenze zur Unspielbarkeit..
oben+button1, unten+button1, links+button1, rechts+button1, center+button1 --> *bing* Lucasarts --> Press ESC to skip Mission. ^^
So konnte ich zumindest alle Level mal anspielen. Mit dem Joystick ging es bis Hoth eigentlich auch ohne Cheat ganz easy. Die Flugkorridore waren massiv eingeschränkt, aber das Fluggerät hat gemacht, was es sollte. Ein überragende Spiel war es natürlich nicht, da war X-Wing früher da und um längen besser.
Obstdieb schrieb am
Kajetan hat geschrieben:
Für "Rebel Assault" hätte ich mich damals fast selber gesteinigt. Die Steuerung war so katastrophal, dass ich nie weiter als bis zur zweiten Mission gekommen bin. Und das auch nur ein einziges Mal. Sowas von ruckelig und schwammig, hart an der Grenze zur Unspielbarkeit. Immerhin war ich bei Rebel Assault II schlauer und habe mir irgendwann Jahre später die Cutscenes einfach auf Youtube angeschaut.
Bin auch nie bis zur dritten Mission gekommen. Da hat mein StarWars verliebtes Herz defintiv geblutet.
Was Cutscenes anbetrifft, geht mir das genauso, mittlerweile schaue ich mir die meisten Spiele auf Youtube an. Das Tomb Raider Reboot musste letztens, für einen sehr interessanten Filmabend herhalten. Bioshock Infinite wird wohl der nächste Anwärter 8)
schrieb am