Kommentar

hundertprozent subjektiv

KW 09
Freitag, 28.02.2014

100 Tage Xbox One


Am Sonntag ist die Xbox One die ersten 100 Tage „im Amt“. Zeit, um ein erstes Resümee zu ziehen, wie sich die neue Konsole bis hierhin geschlagen hat, mit der Microsoft gleichzeitig eine Woche vor Sony am 22. November 2013 die "nächste Generation" einläuten wollte.

Bereits im Vorfeld hatte es das Gerät nicht leicht: Angefangen beim zu starken Fokus auf TV-Funktionen über Sorgen von Datenschützern über die „Spybox“ im Fahrwasser der Snowden-Enthüllungen bis hin zum PR-Supergau aufgrund der DRM-Pläne stand die Xbox One unter keinem guten Stern. Als Konkurrent Sony mit seiner potenziell leistungsfähigeren PlayStation 4 zur großen Überraschung den Preis auch noch 100 Euro tiefer ansetzte, war das Desaster nahezu perfekt. Hielt man am Anfang in Microsofts Chefetagen noch stur am geplanten Konzept der Konsole fest, vollzog man kurze Zeit später eine Kehrtwende, die der Xbox One den Spitznamen Xbox-One-Eighty einbrachte. Onlinezwang und DRM-Maßnahmen? Weg damit! Einschränkungen des Gebrauchtspielemarkts? Rückgängig gemacht. Ständige Bereitschaft und Verbindung von Kinect? Abgeschafft. Doch von der Zwangseinheit aus Kamera und Konsole will man sich bis heute nicht verabschieden und dementiert gerade fleißig, dass kein neues Modell ohne das nicht überall beliebte Zubehör geplant sei. Trotzdem ging man in Redmond im Großen und Ganzen zum Status quo der Xbox 360 zurück. Zu dieser Entscheidung dürften nicht nur die zahlreichen Beschwerden der Spielergemeinschaft, sondern vor allem auch die enttäuschenden Vorbestellerzahlen beigetragen haben: Während Sony mit der PS4 Begeisterungsstürme auslöste und sogar in den USA einen beeindruckenden Sprint hinlegte, schien Microsoft mit der Xbox One nur angeschlagen hinterher zu hecheln.

Die Veröffentlichung am 22. November war trotz der Änderungen symptomatisch für die Ernüchterung hinsichtlich der neuen Konsolengeneration: Bevor man überhaupt etwas mit der One anfangen konnte, musste man erst ein Zwangs-Update herunterladen – Onlinezwang mal anders. Doch das war erst den Anfang, denn bis heute wird die Geduld nicht nur durch ewig lange Installationen der Spiele auf eine harte Probe gestellt – auch der Update-Wahnsinn nimmt mittlerweile Dimensionen an, bei denen mir das Lachen und die Freude an der neuen Konsole vergeht. Wurden früher mal ein paar Megabyte nachgepatcht, müssen jetzt Gigabytes an Datenbergen gesaugt werden – ein Horror für den normalen Internet-Nutzer, der keinen Highspeed-Zugang mit Glasfaserleitung zu Hause hat. Wo sind die Zeiten, in denen man eine Konsole anschalten und sofort loslegen konnte? In der Zeit, die die Xbox One zum Hochfahren benötigt und dabei selbst manche PCs in den Schatten stellt, hätte ich auf dem Super Nintendo schon ein halbes Spiel durchgezockt.

Ja, das ist vielleicht etwas übertrieben. Trotzdem war und ist die Xbox One sicher nicht das, was ich mir unter „Next Generation“ vorgestellt und erhofft hatte. Und dann dieses Dash-Board – eine Katastrophe an Unübersichtlichkeit und fehlenden Funktionen, bei denen selbst das Vorgängermodell mehr Ordnung und Durchblick bieten konnte. Immerhin hat es Microsoft mit dem letzten System-Update geschafft, mir endlich ein Festplatten-Management anzubieten und den Ladezustand meines Controllers anzuzeigen. Pünktlich zum Veröffentlichung zu Titanfall am 13. März soll ein weiteres Update dann auch den Zugriff auf die Freundesliste, Partyeinladungen & Co vereinfachen, womit man dann langsam aber sicher immerhin wieder an den gewohnten Komfort der Xbox 360 heran reicht – Glückwunsch!

An anderer Stelle ist man aber auch nach 100 Tagen noch weit davon entfernt und macht auch keine Anstalten, etwas daran zu verändern. Das Streaming von Audio- und Videodateien ist genauso wenig möglich wie das Anschließen externer Speichermedien wie Festplatten oder USB-Sticks. Immerhin darf man durch das Laden einer App Audio-CDs abspielen – das Rippen ist aber nicht mehr erlaubt und MP3s verweigert sich die One genauso zickig wie 3D-Blu-Rays. Und das soll die neue Medienzentrale des Wohnzimmers darstellen?

Ach, da war ja noch was: Die Xbox One kann ja auch TV! Aber mal abgesehen davon, dass viele Funktionen in Deutschland nicht nutzbar sind und Microsoft die Unterschiede zwischen dem US- und EU-TV-Signal verpeilt hat: Ich sehe einfach keinen Grund, weshalb ich bei meinem Kabel- oder Sat-Receiver den Umweg über die One gehen sollte anstatt ihn direkt mit dem Fernseher zu verbinden. Damit ich schnell zwischen TV und Spiel umschalten kann? Also bitte... Auch wenn der Kaltstart der Konsole eine kleine Ewigkeit dauert, hab ich die Zeit dann auch noch. Jedenfalls besser, als ein Gerät laufen zu lassen und noch mehr Strom zu verbrauchen, obwohl es eigentlich nicht sein müsste. Das würde ich vielleicht etwas anders sehen, wenn man die One auch als digitalen Festplattenrekorder einsetzen dürfte, doch sucht man eine solche Funktion bis heute vergeblich.

Kein Wunder, denn damit wäre schon das nächste Problem noch offensichtlicher: Die integrierte Festplatte ist mit ihrer Kapazität von 500 Gigabyte viel zu klein, wenn neben den drei Betriebssystemen auch Spiele und die unweigerlichen XXL-Updates so viel Platz beanspruchen! Und da man im Gegensatz zur PS4 die Platte hier nicht einfach gegen ein größeres Modell austauschen darf, sind Platzprobleme vorprogrammiert. Schon nach den 100 Tagen wird es auf meiner One langsam eng – und das, obwohl ich mir nicht mit jedem Mist wie etwa Loco Cycle die Platte zumülle.

Und damit wären wir beim letzten und vielleicht wichtigsten Punkt, um die bisherige Lebenszeit der Xbox One Revue passieren zu lassen: dem Softwareangebot. War man nicht gerade ein Rennspiel-Enthusiast, konnte man das Lineup zum Start zwar nicht überwältigend nennen, aber durchaus solide – wobei der Vorzeige-Titel Forza Motorsport 5 zwar technisch die nächste Generation am besten repräsentierte, inhaltlich aber nicht mal in den Windschatten des Vorgängers kam. Immerhin schaffte Turn 10 hier etwas, was zur großen Enttäuschung bis heute nicht viele Titel der Xbox One vorweisen können: Eine volle HD-Auflösung von 1080p bei flüssigen 60 Bildern pro Sekunde! So dominierten in den letzten Wochen und Monaten Meldungen, die einen Trend erkennen ließen, der Microsoft gar nicht schmecken dürfte: Im direkten Vergleich zu den PS4-Pendants zieht die Xbox One bei Multi-Plattform-Titeln in der Regel den Kürzeren – sei es hinsichtlich der Auflösung (z.B. Battlefield 4, Metal Gear Solid: Ground Zeroes) oder der Bildrate (z.B. Tomb Raider). Und wenn nicht mal Technik-Cracks wie Crytek bei ihrem lahmen Sandalen-Epos Ryse: Son of Rome 1080p aus der Konsole herauskitzeln können und lieber 30 Bilder pro Sekunde anpeilen, kann das schon zu denken geben.  

Dadurch steckt Microsoft derzeit in einer ähnlichen Situation, in der sich Sony beim Start der PS3 befunden hat: Dort sorgte der festgesetzte und dadurch kleinere Grafikspeicher dafür, dass Spiele der Dritthersteller auf der 360 in der Regel eine bessere Figur abgaben. Doch Sony glich diesen Makel durch die Programmierkunst der eigenen Studios und Exklusiv-Titeln aus, welche die Power der Konsole demonstrierten – allen voran Naughty Dog. Und genau das fehlt der Xbox One derzeit: Zwar zeigt FM5 im Ansatz, was möglich sein könnte, doch die so wichtige „Killer-App“ fehlt bis heute – und ich bin skeptisch, wie lange man noch den Master Chief als Retter und Hoffnungsträger für diese Aufgabe heran ziehen kann. So schön es auch ist, dass die Marke Gears of War nach dem Kauf der Rechte endgültig zu Microsoft gehört, wird man wie auch bei Halo vermutlich wieder auf Recycling setzen anstatt etwas Neues zu versuchen. In diesem Zusammenhang stößt es besonders sauer auf, dass Black Tusk jetzt auf Gears angesetzt wurde anstatt weiter am deutlich interessanteren Titel zu arbeiten, der auf der letzten E3 präsentiert wurde. Dieser wurde nach dem Gears-Kauf dann auch einfach als Konzept abgestempelt, das nur zu Demonstrationszwecken entwickelt wurde – Milo & Kate lassen grüßen. So ruhen die Hoffnungen auf mehr Kreativität derzeit vor allem auf Quantum Break von Remedy – und sicher wartet auf der E3 auch noch die eine oder andere interessante Ankündigung.

Bisher hält sich das Spieleangebot auf der One allerdings noch in Grenzen und kommt erst jetzt langsam in Schwung: In der Zeit nach dem Launch folgte zunächst eine große Dürre-Periode, in der vornehmlich DLC-Erweiterungen oder kleine Arcadespiele den Hunger nach Nachschub stillen sollten. Ärgerlich dabei, dass man im Gegensatz zur 360 hier nur selten die Möglichkeit bekommt, die Spiele in Form von Demos auszuprobieren. Mit dem frisch veröffentlichten Plants vs. Zombies: Garden Warfare und den bisher positiven Eindrücken zu Titanfall sieht man aber Licht am Horizont. Das ändert aber nichts daran, dass ich aktuell auch nach 100 Tagen noch keinen Grund finden kann, warum man sich die Xbox One unbedingt anschaffen sollte.           


Michael Krosta
Redakteur

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Kommentare

King Rosi schrieb am
m4r!o hat geschrieben:Das Kinect sollte von MS optional verkauft werden. In einem kleinen Zimmer ist es total sinnfrei.
das mag ja sein. aber wenn es optional verkauft worden wäre, hätten sie es auch gleich ganz sein lassen können. kinect ist eine sache, die nur funktionieren kann (spirchtwort spieleunterstützung), wenn es eine bestimmte nutzerbasis dafür gibt. und die erreicht man eben am besten wenn man es "zwangsweise" beilegt.
m4r!o hat geschrieben:Achja, die Games auf der PS4 schauen auch wesentlich besser aus als auf der 360 :-)
ja, ist klar, aber darum ging es ja garnicht. dieser satz drehte sich darum, dass die grafik der one immer schlecht geredet wird im vergleich zur PS4. das ist aber eigentlich etwas unbegründet. natürlich ist ein unterschied da, ja, aber der ist nunmal bei weitem nicht so groß, dass man darüber so diskutieren (bzw eher haten) muss, wie es aktuell überall getan wird. viele scheinen nämlich immernoch zu vergessen, dass auch die "schwächliche" XBO immernoch mehr als die 10 fache rechenleistung bietet, wie PS3 und 360 und darum die spiele garnicht wirklich "schlecht" aussehen können.
objektiv betracht ist die xbox one wenn man alle fakten zusammen zählt die gegenüber der PS4 die schlechtere konsole. das heißt aber nicht automatisch das sie wirklich schlecht ist, wird sie aber überall geredet. da muss man halt in gewisser weise mit fakten kontern, deswegen ist DARK-THREAT aber noch lange kein fanboy. er hat ja schließlich recht mit dem was er sagt.
Exedus schrieb am
Geht aber um die Angeblichen Fakten der XO
Suckisuck schrieb am
Exedus hat geschrieben:
ich zu meinem Teil habe: Ryse, Forza 5, Dead Rising 3, Zoo Tycoon, FIFA14, Battlefield, CoD, NBA2k14 und jetzt kommt Titanfall.
Joa und jetzt Fehlen nur noch die guten exklusiven Titel
Joah, jetzt ergänzt du die Liste nur noch um die Massen an PS4 Exclusive. Ach ja, da gibts außer Knack und Killzone kaum welche. Ist ja blöd. Und DR 3 war ziemlich geil.....
Exedus schrieb am
ich zu meinem Teil habe: Ryse, Forza 5, Dead Rising 3, Zoo Tycoon, FIFA14, Battlefield, CoD, NBA2k14 und jetzt kommt Titanfall.
Joa und jetzt Fehlen nur noch die guten exklusiven Titel
Raptor99 schrieb am
@M4ar1o
Nun, du wirfst Dark-Threat vor, Fanboysichten zu erläutern und machst es auch nicht besser, weil du es entweder nicht besser weisst odes nicht besser machen möchtest. Innerhalb deines geschriebenen Textes sind Dinge, die einfach nicht stimmen oder von Unwissenheit her rühren.
Ob die XBox One jetzt listungsmässig an ihre Grenzen stösst, weisst weder du, noch alle anderen. Fakt ist nur eines: Würde deine Aussage stimmen, wäre die Playstation 4 am Ende des Jahres ebenso am Ende ihrer Kraft. Sicherlich ist sie hardwareseitig stärker einzuschätzen als die XOne, doch selbst dies würde nicht reichen um die PS4 jahrelang zu boosten, während die Box schon jetzt am Ende wäre.
Denkt man neutral und macht sich da zwei Minuten drüber Gedanken, dann merkt man, dass dein Argument haltlos ist.
Zudem spielen bei der niedrigeren Auflösung der One viel mehr Dinge herein, als es sich der Durchschnittszocker denken mag: Miese SDKs und eine verfrühte Veröffentlichung der One wären da die Hauptmerkmale.
Die Festplatte der XBox ist zu klein, korrekt. Und trotzdem wird man in Zukunft eine externe Festplatte anschliessen können um den Speicherplatz zu erweitern. Genauso wie das bei der PS4 der Fall sein wird. Ob nun intern oder extern ist doch Jacke wie Hose...
Dass die Analog-Sticks bei einem erwwachsenen Mann drohen würden, abzubrechen, ist unfassbarer Unsinn. Der Controller an sich ist stabil und gut verarbeitet, wobei bei manchem Controller bei festerer Handhabung ein leichtes Knarzen zu hören ist. Das liegt daran, dass er diese Generation nicht verschraubt, sondern versteckt wurde. Dies hat die Kosten gesenkt, worüber ich persönlich sehr dankbar bin. Aber schlechte Verarbeitung? Unsinn...
Das Kinect-System funktioniert wunderbar, vor allem bei der Spracherkennung. Bei klarer Stimme ohne brutalen Dialekt liegt die Spracherkennung bei über neunzig Prozent. Damit der Bewegungssensor richtig funktioniert muss der Boden zu sehen sein und genügend Platz vorhanden sein. Aber auch dies...
schrieb am