Kommentar

hundertprozent subjektiv

KW 48
Freitag, 02.12.2011

Kinect - Ein Jahr revolutionäre Bedeutungslosigkeit


Der erste Freitag nach Thanksgiving ist in den USA traditionsgemäß ein Festtag für alle Shops. Die amerikanische Bevölkerung stürzt sich truthahngefüllt in einen Kaufrausch - aus welchen Gründen auch immer. Und der hatte für Microsoft ein positives Ergebnis: Mit beinahe einer Million durchverkaufter Konsolen sowie mehr als 750.000 Kinect-Sensoren, die entweder solo oder im Bundle neue Besitzer fanden, muss man von einem Erfolg sprechen.

Doch abgesehen davon, dass meiner Einschätzung nach ein Großteil der dreiviertel Million Kinects tatsächlich eher als "Mitnahme" gebündelt über die Theke ging denn als Ergebnis einer gezielten Kaufentscheidung pro Bewegungssensor, stellt sich natürlich die Frage, ob Kinect ein Jahr nach dem Start die Erwartungen erfüllt und vor allem die hohen Verkaufszahlen rechtfertigt.

Wie immer liegt Schönheit (und in diesem Fall erfüllte Erwartungshaltung) im Auge des Betrachters. Setzt man die "Revolution im Wohnzimmer" in seiner Urform als Maßstab, mit der die controllerlose Steuerung propagiert wurde, hat sich wirklich etwas getan. Trotz niedrig aufgelöster Kamera und Lag bei der Umsetzung der Bewegung hat man hier tatsächlich ein neues Gefühl hervorrufen können: Das Spiel ohne Gamepad oder Fernbedienung in der Hand fühlt sich "anders" an.  Es geht in seiner Intensität des "Unwohlfühlens" sogar weiter als das Remote-Konzept von Nintendo.  Man muss noch bewusster über seinen Schatten springen, um sich wirklich voll und ganz auf Kinect einzulassen und die mitunter nötigen ausufernden Bewegungen durchzuführen, ohne sich wie Donkey Kong auf der falschen Seite des Schirms zu fühlen.

Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Denn der Reiz, sich zum Affen zu machen und sich auf die neuen Möglichkeiten einzulassen, ist natürlich eng verknüpft mit den veröffentlichten Spielen. Und da geht die Crux los: Zwar wurde seit dem Kinect-Start in den letzten zwölf Monaten im Schnitt über ein Titel pro Woche (und damit gefühlt deutlich mehr als für Nintendos 3DS) veröffentlicht -wenngleich viele davon nicht in Deutschland, sondern nur im europäischen Ausland oder Übersee erschienen sind-, doch in Erinnerung geblieben sind nur wenige.

Lag es daran, dass die Entwickler sich nicht trauen, die vermeintlich revolutionäre Steuerung zu erforschen und auszureizen und sich daher nicht einmal auf die Evolution üblicher Konzepte, sondern das Abarbeiten des Bekannten konzentrieren? So gab es wie auf Wii das übliche Sammelsurium an Minispiel-Kompilationen, Fitness-Hilfen sowie Tanzspielen. Wobei zu Kinects Ehrenrettung in diesem Fall gesagt werden muss, dass die Fitness-Programme von Your Shape bis zum UFC Personal Trainer tatsächlich von der controllerfreien Steuerung profitieren. Gleiches gilt auch für die Titel, die zum tänzerischen Verrenken vor dem Bildschirm aufrufen - wobei die Qualität hier nur selten Höchstwerte wie bei Dance Central 2 erreichte.

Doch wo bleiben die Titel, die auch die Zocker ansprechen, die keine Lust auf Spiele haben, die man im Zweifelsfall entweder hinsichtlich der visuellen Qualität oder im Bezug auf den „Casual“-Anspruch auch auf Wii haben kann? Die kommen zu spät und vor allem zu wenig. Das mittlerweile indizierte Rise of Nightmares hätte nicht nur thematisch, sondern auch mechanisch die Brücke zwischen Kinect und der Gruppe bilden können, die man als „Hardcore-Zocker“ abstempeln und in einer Schublade einmotten kann. Doch die Chance wird ebenso verbockt wie jüngst bei dem Shooter Blackwater. Ich bin gespannt, was Capcom z.B. aus Steel Batallion macht.

Dennoch gibt es Qualität: Child of Eden hat mit Kinect ebenso gut funktioniert wie mit Pad, das Marionettenabenteuer The Gunstringer zeigt, dass der Rail-Shooter (bzw. Rail-Jumper) ein kinectisierbares Konzept ist. Und die Entscheidung Microsofts, Kinect als optionale Ergänzung zur herkömmlichen Steuerung einzusetzen, wird von mir laut applaudierend begrüßt - vor allem, wenn die Umsetzung so subtil und gut funktioniert wie in Forza Motorsport 4.

Und in einem Punkt hat Microsoft es sogar geschafft, Nintendos Wii in meinem Wohnzimmer komplett auszustechen: Die jüngeren Familienmitglieder gehen lieber mit Elmo und dem Krümelmonster aus der Sesamstraße auf Abenteuer oder wandeln durch Disneyland, als mit Remote vor dem Fernseher herumzufuchteln.

Doch bis Kinect in den Fokus für die Zocker rückt, die lieber Gears of War 3 statt Tontaubenschießen Deluxe spielen und geflissentlich darauf verzichten können, mit Kids durch deren Traumwelten zu marschieren, wird wohl noch mindestens ein weiteres Jahr vergehen - wenn nicht sogar die gegenwärtige Konsolengeneration...

Mathias Oertel,
Portal-Leitung


 

Kommentare

Stalkingwolf schrieb am
er hat auch recht. Tastatur und Maus im Wohnzimmer? Nein danke.
Kinect ist hier die bessere Lösung.
Wigggenz schrieb am
padi3 hat geschrieben:dann bin ich mal froh, es nicht zu haben. denn maus- und tastatur-"Feeling" will ich wirklich nicht auch noch auf der konsole haben.
IIIh, das hat was mit PC zu tun, bloß nicht auf meiner Konsole!
Nuracus schrieb am
crewmate hat geschrieben:Ich habe den Sharpshooter bestellt.
Wenn ich ihn nicht mag, ist alles deine Schuld.
Was mir aber bis zuletzt gefehlt hat, war eine Pumpgun Nachlade Bewegung. *Tscht Tscht Boom Tscht Tscht *
Hatter!
Outsider schrieb am
padi3 hat geschrieben:
leifman hat geschrieben:
Alking hat geschrieben:Wer will denn bitte in einem Killzone oder Heavy Rain mit Move fuchteln?
8O
mal killzone mit move gezockt?
ist echt eine bereicherung und kommt fast an tastatur/maus feeling ran!
soviel dazu!
dann bin ich mal froh, es nicht zu haben. denn maus- und tastatur-"Feeling" will ich wirklich nicht auch noch auf der konsole haben.
naja der vorteil an Move ist, wer es will der kann es benutzen um sich durch die Games zu fuchteln aber keiner muß es tun.
crewmate schrieb am
Ich habe den Sharpshooter bestellt.
Wenn ich ihn nicht mag, ist alles deine Schuld.
Was mir aber bis zuletzt gefehlt hat, war eine Pumpgun Nachlade Bewegung. *Tscht Tscht Boom Tscht Tscht *
schrieb am