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Senua’s Saga: Hellblade 2 im Test – Der immersivste Albtraum des Jahres

Auf der Xbox-Seite gibt es keine großen Meisterwerke mehr? Die Entwickler von Ninja Theory wollen mit Hellblade 2 das Gegenteil beweisen und setzen auf enorme Produktionswerte. Wir verraten im Test, ob die Rechnung aufgeht.

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Senua’s Saga: Hellblade 2 – Isländischer Albtraum

Schreiende Stimmen aus der Vergangenheit von links und rechts. Vor Angst, vor Schmerz. Zerstückelte und aufgeschlitzte Leichen am Wegesrand: Ein überaus blutiger wie brutaler Pfad zeichnet sich durch diese kleine Siedlung. Letzte Rauchschwaden verraten, dass es noch gar nicht so lang her ist, dass wütende Nordmänner mit Axt und Fackel die Bewohner überrannt haben. Wer sich wehrte, wurde niedergeschlagen. Abgestochen. An spitzen Holzpfählen aufgehangen oder bei lebendigen Leibe gehäutet. Ganz egal ob jung oder alt. Als ich in ein Haus eintrete, verglimmt noch etwas Glut zwischen dem zum Teil eingestürzten Holzdach. Ich stolpere über eine Babykrippe. Höre die Mutter entfernt schreien, um Gnade betteln – ihre Stimme verhallt, ihr Körper bleibt für immer hier liegen.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich über ein solch grauenhaftes Zeugnis von Gewalt in Senua’s Saga: Hellblade 2 stolpere. Es sollte auch nicht der letzte Anblick dieser Art sein.

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Brutale, gewalthaltige Umgebungen wie diese gehören in Hellblade 2 zum Alltag. © 4P/Screenshot

Ninja Theory zeichnet schon in den ersten zwei Spielstunden ein düsteres wie unangenehmes Kapitel. Eines, in dem man anhält, um diesen Albtraum wahrzunehmen und in dem einen gleichzeitig die Neugier packt, mehr zu erfahren. Welchen Horror würde das gerade einmal 80 Entwickler starke Team noch in all seinen unfassbar brutalen Details auspacken? Mit was für Schrecken darf sich die von mir gesteuerte schottische Kriegerin herumschlagen, deren Körper ohnehin schon voller physischer wie psychischer Narben ist?

Die Geschichte von Hellblade 2 setzt nur kurze Zeit nach den Ereignissen des ersten Teils an: Senua hat den Tod ihres einstigen Lebensgefährten mehr oder weniger verarbeitet und ihre Psychosen akzeptiert. Sie kann mit den Stimmen in ihrem Kopf, den Furien, leben, fühlt sich mental gefestigter und hat neuen Mut gefasst. Sie lässt sich eines Tages von Wikingern freiwillig gefangen nehmen, um nach Island transportiert zu werden. Dort soll der Clan leben, der einst ihre Heimat zerstört und entzwei gerissen hat. Damit zukünftige Generationen vor ihnen sicher sind, will sie die Männer und ihren furchterregenden Sklavenhandel stoppen.

Auf der kleinen Insel nördlich von Großbritannien ist aber längst nicht alles so, wie es scheint. Die Bevölkerung vor Ort wird von den Wikingern unterdrückt. Zwischen den Felsen und düsteren Wäldern treiben sich Draugr umher und mit den Riesen ist ganz und gar nicht Kirschen zu essen. Senuas Plan, für den sie aus ihrer Sicht von einer höheren Macht auserwählt wurde, scheitert schnell und sie muss lernen, dass das Schicksal nicht so vorgegeben ist, wie es einem zu dieser Zeit vermeintlich eingetrichtert wurde.

Stimmen, die in die Knochen ziehen

Allerdings muss die nordische Kriegerin dieses Mal nicht gänzlich alleine in den Kampf ziehen. Erstmals treffe ich mit ihr auf Gefährten: Reale Menschen, die ihre ganz eigenen Ziele verfolgen und Senua zuerst ungläubig gegenüberstehen. Aber wie Vertrauen aufbauen, wenn man nicht einmal sich selbst trauen kann? Wenn man Dinge sieht, die andere nicht sehen können? Oder hören? Die bereits angesprochenen Furien melden sich schließlich stets zu Wort. Ruhige Minuten gibt es nur, wenn Senua selbst einmal kurz durchatmen kann.

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Ein Gesicht, welches stets eine eigene Geschichte erzählt: Senuas Emotionen und Gedanken sind immer spür- und sichtbar. © 4P/Screenshot

Das ist allerdings äußerst selten der Fall, denn in jeder Minute prasseln Impressionen auf sie und damit auf mich als Spieler ein, die man erst einmal verarbeiten muss.

Die Stimmen kommen von links, von rechts, mal sind sie näher, ein andermal weiter entfernt. Ist Senua nervös, sind sie es auch. Im Kampf geben sie Tipps, lachen mich aus, wenn ich zu Boden gehe. In Gesprächen vermitteln sie Unsicherheit, Stärke oder irgendetwas dazwischen. Wie schon im Vorgänger empfiehlt sich auch bei Hellblade 2 die Nutzung von guten Kopfhörern – ich würde sogar soweit gehen, dass es absolute Pflicht ist. Denn die Entwickler haben ihr Sounddesign weiter ausgebaut, es noch intensiver und atmosphärischer gestaltet.

Die binaurale Technik dient nämlich nicht mehr nur dazu, um Senua und ihre Psychosen in Szene zu setzen: Stattdessen findet sie nun bei der gesamten Präsentation Anwendung. Wäre Hellblade 2 in der Virtual Reality gehalten, würde man sich vermutlich alle paar Sekunden umdrehen. Teilweise hatte ich zwischenzeitlich den Eindruck, als würde ich selbst zwischen Realität und Halluzinationen nicht mehr unterscheiden können. In Gefechten hört man bis in Detail, wie Stahl auf Stahl trifft. Wie Menschen um einen herum um ihr Leben kämpfen. Wie unverständliche Worte gesprochen werden, die mir aus irgendeinem Grund eine unfassbare Gänsehaut verpassen.

Ganz ohne Zweifel: Das Audiodesign in Hellblade 2 gehört mit zum Besten was ihr 2024 hören könnt. Hier wird ein neuer Standard gesetzt, der aus emotionalen Erzählungen noch eine ganze Ecke mehr Unterhaltungsfaktor quetscht.

Anmerkung der Redaktion: Solltet ihr selbst unter Depressionen oder Suizidgedanken leiden, zögert nicht, professionelle Hilfe anzunehmen. Bei der Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de), kostenlos erreichbar unter der Telefonnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222, könnt ihr beispielsweise mit geschulten Beratern sprechen, die euch auch in schwierigen Situationen zur Seite stehen und der Verschwiegenheit verpflichtet sind. Falls ihr bemerkt, dass Freunde oder Familienangehörige betroffen sind, sprecht mit ihnen und klärt sie über professionelle Hilfsangebote wie die erwähnte Telefonseelsorge auf.

Kommentare

24 Kommentare

  1. Habe es jetzt durch na ca 9 Stunden. Naja es hat definitiv seine Momente aber Teil 1 hat mich einfach viel mehr gepackt und hat zumindest spielerisch wenn auch nur minimal einiges besser gemacht.
    Würde den Spiel eine 7.5 geben.

  2. Es ist eine große Enttäuschung. Nach dem ersten Teil habe ich mir schon etwas anderes erwartet, aber nicht einen Movie, mit ein paar Interaktionen.
    Wert gelegt wurde hier nur auf cineastische Inszenierung und nicht auf das Spiel. Die Kämpfe sind ziemlich mau, das Kampfsystem träge und alles andere als innovativ.
    Das Spiel ist und wird gleich langweilig. Für mich ist es eine verar*che und das für dieses Geld.
    Sorry, aber das Spiel wir überall gehyped, am meisten von Spielemagazinen, nicht aber von Gamern die Zocken wollen.
    Es kann jeder sehen wie er will, aber für mich ist das eine grafische Bauernfängerei ohne spielerischen Wert - eher was zu Ansehen und etwas die Figur bewegen und interagieren.
    Headline u.ä. mehrerer Spielemagazine:
    Mega-Flop trotz Hit-Wertungen? Senua's Saga: Hellblade 2 geht heftig baden, was ist da passiert?
    Kann dem nur zustimmen.
    Ich kann hier nicht von einem Game reden - grafisch Top - spielerisch Flop. Ich hoffe der Entwickler lern aus diesen Rezensionen.

  3. Hellblade gehts einfach nicht so sehr um gameplay. Ich glaube sogar, wenn das gameplay viel ausgefeilter sein wuerde, koennte das die Staerken des Spiels vielleicht abschwaechen. Hier gehts mehr um eine Charakterstudie, sich mit einigen psychologischen Themen auseinanderzusetzen. Das wird alles super gut durch die Erzaehler und andere Stimmen eingebracht und eben das, was man in dem Spiel erlebt. Die Kaempfe sind fast nur auf direkte Emotion reduziert, keine feinen Kampfmechaniken oder sowas und ich glaub das ergibt bei Hellblade Sinn, weil Emotionen und die psychologischen Auswirkungen dieser Brutalitaet im Vordergrund steht.
    Die Raetsel haetten meiner Meinung nach sogar noch einfacher/ bzw. manchmal kuerzer sein koennen, weil die mich eher rausgerissen haben aus der Athmosphere und aus der Reise in die Tiefen von Senuas Psyche.
    Fand das Ende auch richtig gut inszeniert, wenn ich auch mit dem finalen Gedanken nicht ganz einverstanden bin.
    War ein richtig tolles Spiel. Wuerde mir mehr sowas in die Richtung wuenschen.

  4. Das Gameplay wurde einfach zu sehr zurechtgestutzt. Im Test wird das seltsamerweise nicht mal bemängelt. Die Runen-Rätsel lösen sich fast von selbst und die Kämpfe sind gewissermaßen noch genauso "brachial" wie im Vorgänger, aber wegen der 1v1-Beschränkung deutlich weniger dynamisch. Man "arbeitet" die Gegner jetzt halt so nach und nach "ab", was dann schnell monoton wird.
    Mir gefiel das Spiel insgesamt ganz gut. Story war interessant, und es ist natürlich ein optischer Leckerbissen, aber ich hätte erwartet, dass das Gameplay sich WEITER und nicht zurück entwickeln würde.

  5. Im Vergleich zu Teil 1 wo ich die 9.0 100% nachvollziehen kann, so kann ich das bei Teil 2 weniger verstehen.
    Rein von der Technikseite kann ich wenig meckern. Das Spiel sieht auf ein OLED Ultrawide einfach sehr gut aus. Auch auf Soundebene macht das Spiel alles richtig.
    Aber wofür ich Hellblade 1 mochte war die Story. Senuas Geschichte hat mich einfach gepackt und mich auf eine art und weiße irgendwo berührt. Es war auch das erste mal, dass ich mich mit dem Thema "Schizophrenie/ Halluzinationen" näher auseinander gesetzt habe.
    Teil 2 dagegen ist rein von der Story einfach nur langweilig bis jetzt. Ich bin bei ka Kapitel 5 oder 6 und es zündet einfach nicht. Die Story ist irgendwo so belanglos und die ganzen NPC könnten mir nicht egaler sein....
    Das war bei Teil 1 noch ganz anders^^
    Auch das Kampfsystem...ja ist nur Nebensache, aber bis auf die Kill-Animation (Die wirklich gut aussehen) fühlt es sich weniger wuchtiger an. Und gefühlt kommt es mir so vor als wäre hier Senusa weniger Kampferfahren als in Teil 1.
    Teil 1 - 9.0 Gehe ich mit.
    Teil 2 - Stand jetzt nicht mehr als eine 7.0
    Vielleicht ändert sich da noch was wenn ich es durchhabe.^^ Aber bis jetzt empfinde ich das Spiel als mittelmässig.

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