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Minit (Adventure) – Gone in 60 Seconds

Am Anfang geht alles seinen gewohnten Gang: Der Held – ein mit Händen, Füßen und langem Schnabel bestücktes Kugelding – wacht auf, tritt aus der Tür, lauscht dem Plätschern des Bächleins vor seinem Haus und siehe da, findet am Strand ein Schwert. Eigentlich cool. Doch die Klinge ist verhext, weshalb der Kugelkämpfer alle 60 Sekunden stirbt, um in seinem Haus wieder aufzuwachen. Klingt nach Stress? Ist es auch. Sowie sympathisch und unterhaltsam!

© Kitty Calis, Jan Willem Nijman, Jukio Kallio & Dominik Johann / Devolver Digital

Fünf Krabben und eine Kanne in 60 Sekunden

Ich musste sofort an Half-Minute Hero denken, an das ich bis heute gute Erinnerungen habe. Auch dort dauert jeder Level nur 30 Sekunden, binnen der man im Zeitraffer quasi ein komplettes Rollenspiel erlebt. Und das ist hier ganz ähnlich: Die Welt ist nicht besonders groß. Man erreicht schnell weiter entferne Höhlen, plättet im Handumdrehen eine Gruppe Krabben, erhält dafür eine Gießkanne – und stirbt.

Nun bleibt besagte Gießkanne allerdings dauerhaft im Inventar. Man kann damit also in den nächsten 60 Sekunden an anderer Stelle ein Feuer löschen, das dort den Weg versperrt. Oder in den 60 Sekunden danach oder den nächsten oder…

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Zu spät: Hält der Schnabelheld das verwunschene Schwert erst mal in der Hand, segnet er jede Minute das Zeitliche. © 4P/Screenshot

Stück für Stück arbeitet man sich so durch das flotte Action-Rollenspiel – wer nicht warten will, bricht die aktuelle Minute dabei einfach ab, das verhindert überflüssiges Warten. Außerdem gibt es an verschiedenen Stellen Unterkünfte, die als Rücksetzpunkte dienen, sobald man sie betritt. Der Schnabelheld latscht also nicht jedes Mal durch die komplette Welt, sondern ist stets in der Nähe seines Ziels

Je häufiger, desto besser?

Das Problem ist dieses Ziel zu finden; das erstmalige Entdecken neuer Areale wird ja ständig von der ablaufenden Minute unterbrochen. Man findet also ein neues Gebiet, doch bevor man weiß, was man dort überhaupt tun soll, wacht man erst mal wieder auf, latscht zurück, sucht weiter und muss oft genug noch mal neu anfangen und dann noch mal…

So viel Spaß das flotte Abenteuer sonst macht: Ich empfand es schon immer als buchstäblich ermüdend profane Dinge ständig zu wiederholen. In Ruhe einen Ort erkunden oder knackige Herausforderungen sofort zu wiederholen, das verstehe

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Manche Wege führen zu gut versteckten Belohnungen. Nur welche? © 4P/Screenshot

ich unter einem guten Videospiel. Und das hätte auch diesem Abenteuer gutgestanden!

Wohin des Wegs?

Zu allem Überfluss gibt es in Minit nicht mal eine Übersichtskarte, was beim normalen Spielen überhaupt kein Problem darstellt. Wege und Umgebungen sind so sinnvoll strukturiert, dass man sich weder verläuft noch lange braucht, um alle Grenzen abzustecken. Durchdachte Abkürzungen verhindern außerdem unnötig langes Wandern.

Doch wehe, man legt das Spiel beiseite ohne zu wissen, wo sich eigentlich der nächste wichtige Gegenstand befindet oder wo man mit einem zuletzt erhaltenen neue Wege öffnen kann. Dann grast man beim nächsten Start schon mal die komplette Spielwelt ab, um herauszufinden, wo es überhaupt weiter geht. Und das macht einfach keinen Spaß.

Clever knobeln

Die Rätsel selbst sind dabei richtig gut. Selten drischt man ja lediglich einen Busch weg, um verschlossene Pfade freizulegen. Vielmehr löst man meist kleine Kopfnüsse und muss sogar erst dahinterkommen, mit welcher Art Aufgabe man es überhaupt zu tun hat. Knackt man die, ist das kleine Minit dann wieder stark. Viele Lösungen sind nämlich so in die Umgebung eingebunden, dass sie nicht wie örtlich abgesteckte Herausforderungen wirken, sondern als natürliche Teile der Spielwelt erscheinen.

Kommentare

12 Kommentare

  1. Astorek86 hat geschrieben: 06.04.2018 17:20
    Eine Frage, weil ich die Info irgendwie nicht auffinde: Wie lange dauert es, bis das Spiel (ggf. vollständig) durchgespielt ist? Ich vermute mal ganz stark, dass die Spieldauer auch nicht gerade Bände spricht...
    Hab was von 2-6 Stunden gelesen. Je nachdem wie schnell du durchblickst.
    (Wobei ich anmerken muss, dass man bei diesem Grundkonzept sicherlich auch keine 8-12 Stunden Spielzeit erwarten sollte. Da nutzt es sich doch wohl zu schnell ab)

  2. Ein gutes Beispiel dafür, dass Zahlenwertungen wirklich nicht viel aussagen. Dem Spiel fehlen nur vier Punkte, um dieselbe Punktzahl wie (das meiner Meinung nach in allen Bereichen deutlich bessere) Celeste zu haben, beinhaltet aber recht kritische Sätze wie eben "während die ständigen Neustarts sogar ermüdend wirken, ohne dass die 60-Sekunden-Sperre einen echten spielerischen Zweck erfüllt", was für mich schon fast ein vernichtendes Argument fürs Spiel ist. Ich hab mit einer deutlich schlechteren Wertung gerechnet^^.
    Eine Frage, weil ich die Info irgendwie nicht auffinde: Wie lange dauert es, bis das Spiel (ggf. vollständig) durchgespielt ist? Ich vermute mal ganz stark, dass die Spieldauer auch nicht gerade Bände spricht...

  3. Ja. Früher wurde sowas als Public Domain zum Preis einer Diskette verkauft.... und schon damals nur von Zork-Freaks gekauft. Heute heisst es "treffsicheres Artdesign" und kostet 10€. :D
    Vlt sollte ich mein altes Textadventure einfach Windows-tauglich machen und ebenfalls einen 60sek-Reset (abgesehen vom Inventar) einbauen. $$$ ;)

  4. Mazikeen hat geschrieben: 06.04.2018 15:40 Bei aller Liebe zu Videogames und meiner spielerischen Vergangenheit. Wer spielt denn heutzutage so was abrundtief hässliches??? Als ich vor 30 Jahren mit zocken anfing war das ja der Wahnsinn. Aber heute?...Ne ne, da fehlt mir das nostalgische Gefühl dafür
    Nein, selbst vor 30 Jahren sahen die Spiele schon deutlich besser aus und boten mehr!
    Dafür 10 Euro zu nehmen ist für mich mehr als dreist.

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