von Julian Dasgupta,

Activision Blizzard: Einigt sich mit Zampella & West

Activision Blizzard (Unternehmen) von
Activision Blizzard (Unternehmen) von
Vor zwei Jahren und zwei Monaten erfolgte die vermutlich spektakulärste Trennung, die die Branche bis dato gesehen hatte: Activision Blizzard feuerte mit Jason West und Vincent Zampella seine einstigen Vorzeigeentwickler. Als Gründer und Chefs von Infinity Ward hatte das Duo zentral an der Erschaffung dessen mitgewirkt, was sich im Laufe der Zeit zur umsatzträchtigsten Marke der Spieleszene neben World of Warcraft entwickeln sollte: Call of Duty.

Binnen weniger Tage hatten sich beide Parteien dann gegenseitig verklagt. Das Duo warf dem Publisher vor, einen Vorwand gesucht zu haben, um sich der beiden entledigen zu können. Der Hersteller wolle sich so um die Zahlung fälliger Prämien drücken und sich außerdem aus dem Vertrag rauswinden, den man 2008 vereinbart hatte. In jenem Abkommen hatte Activision West und Zampella gehörige Mitspracherechte bei der Marke eingeräumt. Laut jener Vereinbarung hätte kein kommendes Modern Warfare-Spiel ohne die schriftliche Zustimmung der beiden produziert werden können. Auch wurde festgelegt, dass Treyarch ohne den Segen des Duos kein Call of Duty-Titel entwickeln dürfe, dessen Setting moderner als die Vietnam-Ära sei. Last but not least: Infinity Ward hätte sich nach der Fertigstellung von CoD: Modern Warfare 2 außerdem an einer neuen Marke versuchen dürfen.

Rückblickend, so West und Zampella, könne man sagen, Bobby Kotick & Co. hätten ihnen seinerzeit das Blaue vom Himmel versprochen, um das Arbeitshältnis zu verlängern, dabei aber nie vorgehabt, die Zusagen einzuhalten. Letztendlich sei es darum gegangen, Nebengeräusche fernzuhalten, die die Produktion von CoD: Modern Warfare 2 hätten gefährden können. Noch wichtiger: Kotick bastelte zu jener Zeit an seinem persönlichen Meisterwerk, dem Zusammenschluss mit Vivendi Games. Einer der Grundbedingungen dafür sei auch gewesen, dass keiner der Schlüsselfiguren des Publishers das Unternehmen verlassen werde. Dementsprechend bemüht sei man dann gewesen, die Infinity Wards-Bosse länger zu binden.

Activision wiederum behauptete, Zampella und West hätten hinter dem Rücken seines damaligen Brötchengebers mit Electronic Arts verhandelt und Pläne dafür geschmiedet, ein neues Studio zu gründen und die wichtigsten Angestellten von Infinity Ward dorthin zu locken. Der Konzern wollte auch die Folgeschäden geltend machen: Durch den Abgang zahlreicher Entwickler nach der gar so unvermeidlichen Entlassung hatte man nicht nur Ersatzpersonal suchen, sondern noch Sledgehammer von seinem eigenen Projekt abziehen müssen, um den Zeitplan von CoD: Modern Warfare 3 nicht zu gefährden. Der Publisher nahm auch noch EA ins Visier und forderte insgesamt einen Schadensersatz von 400 Mio. Dollar.

Last-Minute-Umtriebigkeit

Nachdem sich Activision allerdings vor Tagen außergerichtlich mit dem Konkurrenten einigte, lief alles auf den alten Zweikampf zwischen West und Zampella und ihrem einstigen Brötchengeber hinaus. Mitte der Woche deutete sich bereits an, dass Activision nicht so erpicht auf einen Prozess war. Schon im Vorfeld des Verfahrens waren bereits einige unliebsame Details über die Entlohnung der Entwickler an die Öffentlichkeit gelangt, die sich jetzt als bestens informiert erachten darf, aber auch über Einzelheiten des Vertrags zwischen Activision und Bungie samt finanzieller Details und einer kompletten Timeline. Zudem hatte der einstige IT-Chef des Konzerns zu Protokoll gegeben, er sei vom Management beauftragt worden, sich Zugang zu den Emails von Zampella und West zu verschaffen und Informationen zu suchen, die sich als hilfreich für eine Kündigung erweisen könnten. Jenes Vorhaben hatte sogar einen internen Codenamen gehabt: Project Icebreaker.

Der Hersteller hatte erst vor einem Monat eine neue Anwältin verpflichtet und damit auf einen Kurswechsel gehofft. Das eigentlich für Ende Mai anberaumte Verfahren wurde plötzlich auf den 1. Juni verschoben. Der recht offensichtliche Grund: Die Anwälte beider Seiten trafen sich in letzter Minute doch noch am Verhandlungstisch.

Und so verkündete der Publisher dann auch im Laufe des Abends: Man habe sich außergerichtlich mit Zampella und West geeinigt.

Wie in solchen Fällen üblich heißt es, die genauen Konditionen der Einigung seien "streng vertraulich". Es ist allerdings davon auszugehen, dass der Publisher das Duo nachträglich nochmals ordentlich entlohnt hat: Pflichtgemäß lässt man nämlich noch verlauten, dass die "einmalige Zahlung" insgesamt keine großen Auswirkungen auf die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr haben werden.

Electronic Arts kommentierte die Einigung übrigens folgendermaßen:

"Activision's refusal to pay their talent and attempt to blame EA were absurd. This settlement is a vindication of Vince and Jason, and the right of creative artists to collect the rewards due for their hard work."

Wer den Streit chronologisch von der Entlassung bis hin zur Einigung nochmals nachvollziehen will, kann sämtliche Details in den folgenden Artikeln nachlesen:

2010

2. März:  Infinity Ward-Bosse gefeuert


2011


2012



Kommentare

Aurellian schrieb am
Schade, hört die Seifenoper auf diesem Wege auf? Nen Prozess hätte bestimmt noch so viel Witziges zutage fördern können.
johndoe1318996 schrieb am
Geil find ich auch den Kommetar von EA :D
Ich wusste schon immer das die Sponsor der Kunst und des Niveaus und der fairen Behandlung ihrer Mitarbeiter und Studios sind :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:
Manchmal sollte man einfach die Fresse halten und sich innerlich freuen.
JunkieXXL schrieb am
Ja, ist schon lustig wenn sich ohnehin schon schwerreiche Säcke um weitere Geldtaschen prügeln. Natürlich gilt prinzipiell jedem das was ihm zusteht, aber es wirkt dabei auch so dekadent und blasiert, dass ich da nur noch grinsen kann.
Hier, das fällt mir dazu ein: http://www.youtube.com/watch?v=ofm-HJJIpu4
kaepernickus schrieb am
Ich mag weder Kotick noch West/Zampella, also ist es mir ziemlich Schnuppe wer hier wen bluten hat lassen.
Ich hoffe mal Treyarch übernimmt jetzt die führende Rolle in der CoD-Entwicklung, haben ohnehin zuletzt die bessere Arbeit abgeliefert (besseres Szenario, bessere Story, Dedicated Server, ...)
NotSo_Sunny schrieb am
Nach all den interessanten Einsichten, die dieser Streit zu Tage gefördert hat, hätte ich natürlich gerne auch die Details der Einigung erfahren - Schade. :(
Ich wage leider zu bezweifeln, dass Zampella/West jetzt wieder Mitsprache bei CoD haben, aber ich hoffe, dass man Activision dafür wenigstens einigermaßen hat bluten lassen und danach sieht es ja aus. Insgesamt kann man aber wohl leider nicht von einem all zu großen Schlag gegen Bobby&Co reden und ich schätze mal, die einzige Konsequenz die man aus dieser Affäre ziehen wird, ist sich darüber Gedanken zu machen, wie man in Zukunft unliebsame Angestellte effektiver feuern kann.
schrieb am