von Julian Dasgupta,

Milo & Kate: Ein Blick hinter die Kulissen

Milo and Kate (Simulation) von Microsoft
Milo and Kate (Simulation) von Microsoft - Bildquelle: Microsoft
Milo and Kate gehört zu den etwas seltsamen Phänomenen der Xbox 360-Historie. Der Titel spielte eine zentrale Rolle bei der Vorstellung von Kinect (damals: Project Natal), wurde aber später als Tech-Demo, dann wieder als Spiel, dann doch aber wieder als Tech-Demo deklariert. Das Ende der Produktion nagte ziemlich an Peter Molyneux und war auch einer der Gründe, warum der Brite im vergangenen Jahr letztendlich seinen Posten bei Microsoft verließ, um sich noch mal in die Selbstständigkeit zu stürzen.

In einem ebenso umfangreichen wie lesenswerten Artikel wirft Matt Leone für Polygon einen Blick zurück und zeichnet dank diverser Interview mit Leuten, die an Milo beteiligt waren, ein Bild davon, was es eigentlich mit dem Spiel auf sich hatte.

Dabei fängt er bereits im Jahr 2001 an, als Molyneux bei Lionhead sein legendär vaporware-haftes Dimitri lostrat, das mehr Baukasten und Labor denn Spiel war. Das "interaktive Drama" rund um einen Jungen in einer Stadt der 50er, später dann der 80er Jahre war laut Mark Healey "eine Sache, die die ganze Zeit bei Lionhead lief, bei der keiner einen blassen Schimmer hatte, was das eigentlich sein sollte."

Nach fünf Jahren Arbeit und einem größeren Redesign stampfte Lionhead das Projekt zur Zeit der Übernahme durch Microsoft im April 2006 dann ein. Ein Großteil des Teams habe dann an Survivors gearbeitet, einem post-apokalyptischen Third-Person-Shooter, der sich um eine Familie drehte, die die USA durchqueren will. Jenes Vorhaben wurde aber bald wieder eingemottet.

2007 habe Molyneux dann Garry Carr darum gebeten, eine Idee von ihm weiterzuspinnen. Er habe immer Spiele gemacht, bei dem es um Völker bzw. eine große Zahl von Leuten ging - jetzt würde er gerne ein Spiel machen, bei der eine einzige Person im Fokus steht. Ein Kind sei dabei ideal, da es Wissen wie ein Schwamm aufsauge und sich weiterenwickeln/wachsen könne.

Seinerzeit war das Konzept noch für den normalen Controller konzipiert worden - als Molyneux als Chef der Europa-Sparte der Microsoft Games Studios Wind von Kinect bekam, beschloss er, auf jenes Zubehör zu setzen.

Irgendwann sei das Projekt dann zum Politikum geworden: Aufgrund des Konzepts bekam der Hersteller Angst, Milo and Kate könnte in Zusammenhang mit Themen wie Missbrauch und Pädophilie für negative Schlagzeilen sorgen. So konnte man dem Jungen per Kinect eigene Zeichnungen präsentieren oder sollte ihn in einer Szene beim Ankleiden helfen - Aspekte, die bestimmten Teilen der Presse wohl als dankbare Vorlage hätten dienen können.

Problematisch sei auch gewesen, dass unklar war, welches Zielpublikum man mit Milo and Kate eigentlich ansprechen wollte. So hätte Molyneux irgendwann von Familien und Erwachsenen geredet, während manch Entwickler zu jenem Zeitpunkt mit Kindern, bestenfalls Familien als potenziellem Publikum gerechnet hätten.

Der Artikel geht noch weiter ins Detail über den Ablauf des Spielgeschehens, potenzielle Problemherde, das Ende des Projekts im September 2010, präsentiert aber auch Bildmaterial und sogar Prototypen-Videos von Dimitri. Interessant, aber auch bezeichnend: Rückblickend sind einige der Leute, die an Milo and Kate beteiligt waren, uneins darüber, ob  der Titel, an dem zur Spitzenzeit über 80 Entwickler werkelten, denn nun letztendlich ein Spiel, eine Demo oder ein Experiment war.

Letztes aktuelles Video: Motion Capturing-Video



Kommentare

Tettsui schrieb am
greenelve hat geschrieben:Also das hier abzuwatschen, weil im echten Leben kann man Kindern auch obszöne Bilder zeigen.... Dude what? Wenn man Kindern obszöne Bilder zeigt ist das nicht toll, es ist das Gegenteil. Es ist schlecht. :/
Wenn es dir um den falschen Ansatz der Hexenjagd geht, dass das eigentliche Problem in der Gesellschaft nicht angegangen wird, dann sag das bitte auch. Ändert aber nichts daran das es leicht missbraucht werden kann....
Es wird sich auch aufgeregt das man bei dem Browserspiel MissBimbo seiner Figur einer Brust-OP unterziehen kann....
Es ist doch offensichtlich, dass ich ausgedrückt habe, dass das was in der Realität passiert gravierender ist als das im Digitalen.
Das mit der Hexenjagd hab ich doch gesagt, eben im zweiten Post ; )
Wie kann es denn missbraucht werden? Haben wir digitalen Figuren inzwischen Gefühle zugesprochen? Schindluder kann man mit jedem kindlichen Charakter in irgendeinem Spiel treiben, die die es nötig haben sind da einfallsreich genug. Ich brauch da nur ans Teabagging in diversen Shootern zu denken XD
Tatsache ist, dass es lächerlich ist sich in diesem Bezug um Spiele zu kümmern.
greenelve schrieb am
Also das hier abzuwatschen, weil im echten Leben kann man Kindern auch obszöne Bilder zeigen.... Dude what? Wenn man Kindern obszöne Bilder zeigt ist das nicht toll, es ist das Gegenteil. Es ist schlecht. :/
Wenn es dir um den falschen Ansatz der Hexenjagd geht, dass das eigentliche Problem in der Gesellschaft nicht angegangen wird, dann sag das bitte auch. Ändert aber nichts daran das es leicht missbraucht werden kann....
Es wird sich auch aufgeregt das man bei dem Browserspiel MissBimbo seiner Figur einer Brust-OP unterziehen kann....
Tettsui schrieb am
greenelve hat geschrieben: Man könnte auch weiterlesen und findet Beispiele woher diese Angst kommt:
So konnte man dem Jungen per Kinect eigene Zeichnungen präsentieren oder sollte ihn in einer Szene beim Ankleiden helfen - Aspekte, die bestimmten Teilen der Presse wohl als dankbare Vorlage hätten dienen können.
Besonders der Punkt einem (halb)nackten Jungen anzuziehen...einem fremden Kind wohlgemerkt...bestimmte Personen hätten sich mit Freude darauf gestürzt. :/
Dass man da irgendwas bei den Haaren herbeiziehen kann, ist mir schon klar. Sinn ergibt das allerdings nicht.
Jemand kann auch einem Kind im RealLife obszöne Bilder zeigen und betreffend dem fremde Kinder anziehen; es ist ja nichts neues, dass in der eigenen Familie da noch am meisten passiert.
Würde die Presse jetzt ernsthaft kritisieren können, oder sollen, dass dieses echte Verhalten im Spiel nachgeahmt wird? Das Spiel lädt ja nicht dazu ein sich einen *abzuwedeln* während man mit einer digitalen Figur agiert, es propagiert nichts und macht auch niemanden zum Pedo der es nicht schon vorher war.
Mich stört an der Aussage bezüglich dessen was die Presse schreiben könnte, dass genauso wie im Fall der reellen Gewalt wieder im falschen Gebiet Hexenjagd getrieben wird und man sich um belangloses kümmert, anstatt dort anzugreifen wo das Problem entsteht, nähmlich in der Gesellschaft nicht in den Medien.
johndoe774091 schrieb am
greenelve hat geschrieben:Besonders der Punkt einem (halb)nackten Jungen anzuziehen...einem fremden Kind wohlgemerkt...bestimmte Personen hätten sich mit Freude darauf gestürzt. :/
Ja, kinderlose Mütter die sich ein Kind wünschen? ;)
(Jaja, gleich kommen wieder die Kommentare wegen meinem Avatar)
greenelve schrieb am
Was für ein "Spiel" hätte Milo denn werden können?
schrieb am