von Mathias Oertel,

Interview-Reihe von GOG und 4Players: Indies aus Deutschland - Heute: Im Gespräch mit Paintbucket Games und Handy Games (Through the Darkest of Times)

GOG (Unternehmen) von CD Projekt
GOG (Unternehmen) von CD Projekt - Bildquelle: CD Projekt
Im Rahmen des nur noch wenigen Stunden dauernden Summer Sale lenkt GOG.com mit der Sonder-Rubrik "Indie-Perlen" den Fokus auf interessante Spiele aus dem Independent-Sektor. Doch die Produktionen unabhängiger Teams stehen auf der DRM-freien Verkaufsplattform ohnehin hoch im Kurs. Da 4Players Indie-Games auch ins Herz geschlossen hat, machen wir mit GOG zum Summer Sale gemeinsame Sache und präsentieren eine Interview-Serie zum Thema "Indie in Deutschland".

Im dritten Gespräch haben wir dem Entwickler Paintbucket Games sowie dem zur Embracer Group (THQ Nordic) gehörenden Publisher HandyGames Fragen zu dem Strategie-Titel Through the Darkest of Times sowie der Indie-Landschaft im Allgemeinen gestellt. Der Titel hat sich auf jeden Fall einen Platz in der deutschen Spiele-Historie sichern können, da es das erste Spiel hierzulande war, dass es ohne visuelle Veränderung von Nazi-Symbolik durch die USK geschafft hat.

4Players: Through the Darkest of Times war eines der ersten Spiele, das von der Lockerung der "Hakenkreuz-Thematik" in Spielen betroffen war. Hat dieser Fokus dem Spiel rückblickend geholfen oder geschadet? Wie wichtig ist es, die Kulisse geschichtlich so akkurat wie möglich zu machen?

Paintbucket Games: Für uns war es vor allem hilfreich, weil wir unsere Kreativität nun voll auf das Spiel konzentrieren konnten und nicht ständig darüber nachdenken mussten, wie man historische Szenen aus dieser Zeit darstellen kann, ohne gegen §86a zu verstoßen.
Wir finden es grundsätzlich richtig, Symbole der NS-Zeit aus der Öffentlichkeit zu verbannen - aber es ist wichtig, dass für Computerspiele nun die gleichen Ausnahmen greifen wie bei anderen Medien, damit historische Themen im Kontext auch entsprechend dargestellt werden können.

4Players: Das Feedback auf das Spiel war vor allem in der Presse eher gemischt. Was ist euch als Entwickler wichtiger: die positiven Rückmeldungen oder die negativen – auch um daraus für zukünftige Projekte zu lernen?


Paintbucket: Man freut sich über positives Feedback, aber ist es die Kritik, die man sich zu Herzen nimmt, denn aus der gilt es zu lernen. Eine neue Erfahrung für uns war aber die Resonanz, die Through the Darkest of Times in großen Medien außerhalb der Gaming-Presse ausgelöst hat. Das Spiel wurde beispielsweise vom „New Yorker“ und der „Times“ empfohlen und kam in der „Tagesschau“ – das war schon krass.

4Players: Wie hoch ist euer Interesse, sich nochmal an ein solch "schweres" Thema zu wagen?

Paintbucket:
Wir wollen als Paintbucket Games auch weiterhin gesellschaftlich relevante Games machen. Als Sebastian und ich (damals noch bei YAGER) Spec:Ops The Line mitentwickelten, haben wir realisiert  wie wirkungsvoll Games eine Message transportieren können. Seitdem ist das unser Antrieb und auch der Grund, warum wir Paintbucket Games gegründet haben.

4Players: Was würdet ihr dem Indie-Nachwuchs in Deutschland als Tipp mit auf den Weg geben?

Paintbucket:
Macht nicht das, was alle machen, seid innovativ! Sucht euch eure Schnittmenge aus Passion, Nische und Machbarkeit! Sucht euch Hilfe: andere Indies, Förderungen, Publisher. Es gibt so viele Türen, an die man klopfen kann und die Szene ist hilfsbereit und offen - auch und gerade für Newcomer.

4Players: Was die Kreativität betrifft, ist der Ruf des Entwicklungs-Standorts Deutschland unbestritten, insbesondere auch im Indie-Bereich. Dennoch wirkt es so, als ob man hinter der internationalen Szene zurückbleibt? Spürt ihr dies auch? Wo seht ihr ggf. die Gründe?

Paintbucket: Wir haben den Eindruck, dass Deutschland in den letzten Jahren einen gewaltigen Sprung gemacht hat. Die historischen Standort-Nachteile wie keine traditionellen großen Multiplattform-Studios, verglichen mit Osteuropa hohe Kosten und keine Games-Förderung wurden inzwischen weitgehend überwunden und gerade im Indie-Bereich gab es doch in jüngster Zeit einige extrem erfolgreiche Neuerscheinungen.



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4Players: Seht ihr euch mit der Zugehörigkeit zu THQ Nordic und der Embracer Group eigentlich noch als "Indie"-Studio bzw. -Publisher? Was charakterisiert eurer Meinung nach "Indie"-Entwicklungen?

HandyGames: Gegenfrage – was definiert denn ein „Indie“? Wenn es um Unabhängigkeit geht, dann ein klares Nein, denn wir sind ein stolzer Teil der THQ Nordic-Familie. Wir selbst sind Publisher von kleinen und mittleren Spielen, wir wollen vielversprechenden Titeln unabhängiger internationaler Studios die Möglichkeit geben, ihren Traum vom eigenen Spiel verwirklichen zu können. Spiele wie One Hand Clapping aus L.A., Endling aus Barcelona oder auch das immens wichtige Through The Darkest of Times aus Berlin hätten es ohne unsere Hilfe wahrscheinlich wesentlich schwerer gehabt. Das eine oder andere wäre vielleicht eingestellt worden - wer weiß.
Wiederum unsere Einbettung in die THQ Nordic Familie gibt – obwohl das nicht mehr „Indie“ ist – Entwicklern ironischerweise die Freiheit, Sachen zu implementieren, die so ursprünglich nicht geplant waren. Oder auch die Option, sich einfach die Zeit zu nehmen, etwas zu polishen, was in einer „echten“ Unabhängigkeit so nicht möglich wäre, weil das Budget es einfach nicht zulässt. Ein schönes Beispiel dafür wäre die Boxed-Version von Through The Darkest Of Times oder Chicken Police – Paint it RED!

4Players: Wenn man sich euer Portfolio anschaut, finden sich sowohl viele "kleine" Titel darunter als auch große Produktionen. Wo seht ihr die Grenze zwischen "Indie" und "Nicht-Indie"? Z.B. beim zur Verfügung stehenden Budget oder der Anzahl der beteiligten Entwickler?

HandyGames: Unser Portfolio hat kleine und mittlere Spieltitel im in der Tat sehr diversen Portfolio. Für große Spiele sind in der Familie andere zuständig. Und das ist auch gut so, denn wir haben seit über 20 Jahren Erfahrung in der Konzeption und Distribution mit diesen Spielen - und das kommt unseren Entwicklerteams zugute. Es ist so, wie es in einer Familie sein soll: Die einen brauchen vielleicht ein wenig mehr Zuwendung und andere kommen auch gut allein klar. Wir kümmern uns, dass am Schluss ein cooles Spiel fertig ist, darum geht es uns.

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

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Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)

Screenshot - Through the Darkest of Times (PC)



4Players: HandyGames ist sowohl als Entwickler als auch als Publisher erfolgreich. Wer hat bei kniffligen Entscheidungen das letzte Wort: Das Entwickler- oder das Publisher-Herz?

HandyGames: Es ist eine gleichberechtigte Partnerschaft – mit fest definierten Grenzen und Freiheiten. Insofern gibt es nicht wirklich knifflige Entscheidungen. Es ziehen hier alle an einem Strang – in eine Richtung. Klar passiert es, dass die Zugrichtung mal ein bisschen variiert; das Ziel ist aber allen klar: Wir wollen Gamern das bestmögliche Spiel bringen.

4Players: Eure Spiele findet man auf fast jeder Plattform. Seht ihr einen Trend, der weiterhin zu Mobile Games und weg von Core-Plattformen wie PC und Konsole geht? Oder ist dies mittlerweile (evtl. Dank der neuen Konsolen) schon wieder rückläufig?


HandyGames: Im Idealfall lässt uns so ein Trend relativ kalt – wir sind dank unseres Wissens in-house oder bei den internationalen Teams so breit aufgestellt, dass wir alle Plattformen bedienen können. Im Endeffekt entscheidet eh der Kunde, welche Plattform ihm am besten gefällt – von uns bekommt er die Spiele! Wirklich weg sind wir von Free-2-Play auf den mobilen Plattformen – da sehen wir keine Zukunft. Hier befassen wir uns mit dem was uns am besten gefällt: Premium Games! Wir sind der Meinung, dass das auch am fairsten für den Kunden ist – denn bei uns gibt es keine Paywalls, keine Loot-Boxen oder versteckten Kosten. Du bekommst, für was du bezahlst.



Kommentare

Todesglubsch schrieb am
Kajetan hat geschrieben: ?28.06.2021 14:29 Warum schafft es niemand dieses Spiel vernünftig in die Moderne zu bringen?
Vielleicht weil es niemand versucht und man stattdessen lieber die schnelle Kohle machen will? Bzw. man letzteres nicht hatte?
Das Kickstarter-JA war ganz vielversprechend - aber dem Entwickler ging ja das Geld aus.
Und über die ganzen deutschen Produktionen, wie eben Rage! oder Back in Action, kann ich mich auch auslassen: Keinerlei Respekt gegenüber der IP.
Wie war das in Rage? Ivan ist jetzt Alkoholiler? Weil er Russe ist? Haha, lustig. Seinen Namen hat man auch falsch geschrieben, weil man offensichtlich nichtmal richtig ablesen kann. Wieso hat man nicht Larry genommen? Dem hätte man das abgekauft. Oder Ace? Ach was reg ich mich auf... wenn man schon Elliot (der Schwachkopf) als Antagonisten etablieren will, ist doch eh nichts mehr zu retten.
Jaja, Handy Games waren nur der Publisher, aber daher tragen sie für mich ne Teilschuld. Jetzt liegt die IP bei THQ Nordic und damit kann nun alles passieren.
Ich würde allerdings Mimimi zutrauen ein brauchbares Echtzeit-JA zu schaffen. Sofern man das will.
Naja, leicht vom Thema abgewichen. Zurück zu diesem Publisher von dem ich nur JA Rage kenne :)
Herb THE berT schrieb am
Danke für das aufreißen der schon fast verheilten Wunde :D
Ja das frag ich mich seit vielen Jahren warum es keiner schafft.
Mir kommt das so vor bei einen der zick remakes. Wir machen ein Remake aber wir müssen es besser machen also was können wir alles ändern was gut war aber wir jetzt verbessern müssen um unseren Fingerabdruck zu hinterlassen.
Kajetan schrieb am
Todesglubsch hat geschrieben: ?28.06.2021 13:51 Nicht, wenn man weiterhin Spiele wie Jagged Alliance Rage! veröffentlicht.
Sorry, ich bin da etwas nachtragend. ;)
Hey, niemand ist perfekt :)
Ja, Jagged Alliance ... eines der großen Mysterien unseres Hobbies. Warum schafft es niemand dieses Spiel vernünftig in die Moderne zu bringen?
Todesglubsch schrieb am
Kajetan hat geschrieben: ?28.06.2021 12:49 Jupp. Kann man nicht oft genug sagen. Die Gegenwart sieht gut aus und Videospiele aus Deutschland haben glänzende Zukunftsaussichten.
Nicht, wenn man weiterhin Spiele wie Jagged Alliance Rage! veröffentlicht.
Sorry, ich bin da etwas nachtragend. ;)
Kajetan schrieb am
Wir haben den Eindruck, dass Deutschland in den letzten Jahren einen gewaltigen Sprung gemacht hat. Die historischen Standort-Nachteile wie keine traditionellen großen Multiplattform-Studios, verglichen mit Osteuropa hohe Kosten und keine Games-Förderung wurden inzwischen weitgehend überwunden und gerade im Indie-Bereich gab es doch in jüngster Zeit einige extrem erfolgreiche Neuerscheinungen.
Jupp. Kann man nicht oft genug sagen. Die Gegenwart sieht gut aus und Videospiele aus Deutschland haben glänzende Zukunftsaussichten.
schrieb am