von Jörg Luibl,

GDC 2013: Text als Stilmittel in interaktiven Geschichten

Game Developers Conference Europe 2013 (Messen) von
Game Developers Conference Europe 2013 (Messen) von
"A World from Words: Highly Interactive Stories with Text"

Dass der Wechsel vom klassischen Storytelling der so genannten Fantasy-Spielbücher ("Fighting Fantasy") hin zu interaktiven Geschichten für Tablets gelingen kann, hat Entwickler inkle mit Sorcery! bewiesen (Wertung: 88%). Das iPad-Abenteuer hauchte den Büchern von Steve Jackson neues Leben ein, indem man die klassische Erzählweise mit ihren freien Entscheidungen um eine interaktive Karte sowie ein Kampfsystem samt Pokerflair bereicherte. Aber das Augenmerk lag weiterhin auf dem Text als zentrales Stilmittel.

Creative Director Jon Ingold erklärte in seinem Vortrag, wie und warum man ohne den Einsatz hochwertiger Technik wie Cutscenes oder Animationen eine Geschichte in einem "Text Game" erzählen wollte. Dabei hat man nicht den Retro-Weg der reinen Text-Adventures wie Zork oder Ooze eingeschlagen, die komplett ohne oder mit sehr wenig Grafik auskamen. Man wollte auch nicht "Avantgarde" sein wie etwa in "Device 6", sondern einen Mittelweg zwischen Buch und Adventure finden, wobei das Lesen weiter im Vordergrund stehen sollte.

Ingold erläutert die Vorzüge von Text gegenüber Grafik oder Filmszenen, die weniger Vielfalt und weniger Platz für die eigene Fantasie ermöglichen. Hinzu käme, dass man Text sehr gut je nach Situation stilistisch anpassen könne, indem man ihn formatiert. Er sei stabil, lasse sich einfach auf viele Systeme übertragen. Und natürlich: Text ist relativ günstig in der Herstellung. Ein Autor hat die 150.000 Worte mit knapp 800 Szenen, 159 Ereignisorte und 2614 Optionen von Sorcery! geschrieben.Für "Sorcery! 2" verspricht man in nahezu allen Bereichen eine Verdopplung.

Die Nachteile von Text bestünden darin, dass das Lesen ermüden kann oder dass er langweilig ist. Aber wenn man Text auch als visuelles Medium verstünde, müsse man ihn nicht unbedingt durch Bilder oder Videos auflockern - man könne all das über ein dynamisches Schriftbild machen. Deshalb habe man sich bei Sorcery! für das vertikale Scrollen und eine Auflockerung der Textdichte entschieden; ähnlich wie beim Lettering für Comics. Außerdem habe man sich sehr bemüht, möglichst keine Wiederholungen, sondern stilistische Vielfalt bei der Wortwahl anzubieten - dafür sei das Englische die ideale Sprache; aktuell sind keine Übersetzungen geplant.

Der Weg der Entscheidungen unterscheide sich zudem von dem chronologischen eines Mass Effect: Es gehe nicht nur um A oder B und mach dann bei C weiter. In Sorcery! wollte man mehr Vielfalt und innerhalb einer Reise auch die Rückkehr zu vorherigen Ereignisorten und Charakteren sowie eine erzählerische Ungewissheit anbieten. Sprich: Man erfährt nicht immer sofort, welche Auswirkungen die eigene Entscheidung hat.


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