von Marcel Kleffmann,

Staatliche Förderung der Spiele-Entwicklung mit Hindernissen: "Wie der Bund Startups vernichtet"

Spielemarkt Deutschland (Sonstiges) von
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Ein Bericht über die Probleme bei der Beantragung von staatlicher Förderung für ein Spiele-Projekt hat in den vergangenen Tagen auf Reddit größere Wellen geschlagen. Eine Person beschreibt unter dem Deckmantel der Anonymität ihre Erlebnisse und kommt auf Missstände, viel Bürokratie sowie lange Antwortzeiten zu sprechen. Der Titel des Beitrags lautet: "Videospieleentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland. Oder: wie der Bund Startups vernichtet."

Das Ziel des Projektleiters war es, ein Spiel mit insgesamt sechs Entwicklern in einem Jahr zu produzieren. Dazu mussten laut Autor knapp 400.000 Euro (knapp kalkuliert) her. 200.000 Euro sollten als Fördermittel vom Staat kommen. Auch andere Investoren/Banken waren interessiert an dem Projekt. Da das von Andreas Scheuer (CSU) geleitete Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) den Antrag aber nicht in zwei Monaten bearbeiten konnte, sprangen die anderen Interessierten ab - was besonders schwerwiegend ist, da externe Investoren bei der staatlichen Förderung zwingend erforderlich sind, um überhaupt eine Förderung zu erhalten. Der Autor kann den Rückzug der Investoren/Banken nach längerer Sendepause verstehen, nicht aber die lange Leitung des Bundesministeriums.

Die Antwort auf den Förderungsantrag kam nach einem halben Jahr, aber nicht vom Bundesministerium, sondern vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das in der Zwischenzeit bei der Bearbeitung aushalf. Man könnte meinen, Spiele-Entwicklung sei Raketentechnik in Deutschland. In dem Schreiben hieß es, dass sie einen Antrag stellen dürften.

"Natürlich ist das DLR - normalerweise mit Raketen und künstlichen Satelliten beschäftigt - mit diesem Gamingbullshit genau wie das BMVI vollständig überfordert, mutmasslich unzufrieden, und lässt das auch so richtig raushängen. Provozierende Mitarbeiter, schleppende Antworten, dämliche Fragen im Klein-Klein Bürokratieirrsinn", heißt es im Original. Dieses Geschehen fand in der zweiten Jahreshälfte 2019 statt. Erst danach machte die Covid-19-Pandemie die Sache noch schwerer.

Weiterführend wird ein Teufelskreis beschrieben: "Trotz Beteuerung und schriftlichen Zusagen von Banken, Fonds und Beteiligungsgesellschaften wurde eine Kreditfinanzierung nach mehreren Monaten abgelehnt. Corona fordert seine Opfer, die Banken wollen kein Risiko eingehen, erstrecht nicht mit dem Neuland Gaming. Sie geben dies übrigens unumwunden direkt zu: Ihnen fehle die Expertise; würde aber die BMVI die Förderung zusagen, gäbe man gerne sofort Kredite, ohne dieser aber nicht. Das BMVI sagt selbstverständlich das Gleiche: Ohne fertige Finanzierung gibt's keine Förderung."

Das Fazit lautet: "Zwei Investoren verloren, Banken verloren, Mitarbeiter verloren, viel Eigenkapital verloren, weil wir nicht starten durften. (...) Wir durften nicht beginnen, es wurde Zeit durch das BMVI massivst verschleppt, Eigenkapital verbrannt für nichts und wieder nichts, Geld das ein Startup nicht hat und Eigenkapital so kostbar wie Wasser in der Wüste und unantastbar wie des Kaisers Frau ist. Was das BMVI abzieht, das ist keine Förderung, das ist ein volkswirtschaftliches Verbrechen. Sie vernichten Startups. So ist das eben, in der Bund[e]srepublik Deutschland. Wo Internet und Gaming Terror-Neuland sind."

Dieser Reddit-Beitrag sorgte für viel Aufsehen (über 4.000 Upvotes) und mittlerweile kamen auch zwei Antworten von Personen, die ihre eigenen Erlebnisse schilderten. Ein Kommentar/Beitrag war überaus positiv, während in dem anderen Bericht wieder massive Probleme bei der Förderung zum Vorschein kommen.

Das Branchen-Magazin GamesWirtschaft berichtet ebenfalls über den Fall und schreibt über den aktuellen Stand der Förderung und den zur Verfügung stehenden Geldmitteln:

"In Summe wurden bislang weniger als 10 Mio. Euro jenes 50-Mio.-Euro-Topfes ausgeschüttet, der für 2019 zur Verfügung stand. Weitere 50 Mio. Euro pro Jahr sind bis 2023 eingeplant. Allerdings gibt es bis heute keinerlei Informationen zur Ausgestaltung jener Großprojekt-Subventionen, obgleich die EU-Genehmigung bereits seit einem halben Jahr vorliegt. Sowohl deutschen Studios als auch internationalen Publishern fehlt somit weiterhin jegliche Planungssicherheit mit Blick auf Rahmenbedingungen und Fristen. Ob bis Silvester noch Zuschüsse aus dem diesjährigen Videospiele-Etat ausgezahlt werden, ist völlig offen. (...) Der zuständige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Richtlinie ursprünglich für das Frühjahr 2020 angekündigt, mutmaßlich im Umfeld des Deutschen Computerspielpreises. Aus Berlin ist zu hören, dass sich Scheuer den öffentlichkeitswirksamen Startschuss dieser wichtigen zweiten Phase nun für Ende August vorgenommen hat - am 28. August eröffnet er die rein digitale Gamescom 2020."

Mittlerweile kritisieren Abgeordnete von FDP, SPD und den Grünen die Versäumnisse (langsame Abwicklung, zu bürokratisch) bei der Computerspiele-Förderung - und abermals Andreas Scheuer. Weitere Kommentare und Angaben sind bei GamesWirtschaft aufgelistet.
Quelle: Reddit, GamesWirtschaft

Kommentare

Sir Richfield schrieb am
There is no game : Wrong Dimension:
Bild
Sorry, fand auf die Schnelle keinen Link zu einer Site, wo das stünde.
Und bin mir auch nicht sicher, ob ich da eine Aussage zu habe. ;)
Sir Richfield schrieb am
greenelve hat geschrieben: ?04.08.2020 14:29 Genauso wie Förderung im Detail abläuft, mit dem Paradebeispiel Facebook, bei dem Bundesstaaten in den USA ein Wettbieten veranstalten, wer die größte Förderung raushaut, damit die Firma in die eigene Region kommt.
Oder Microsoft und München...
greenelve schrieb am
Khorneblume hat geschrieben: ?03.08.2020 09:26 Generell natürlich durchaus problematisch Haltung, wenn die Investoren letztlich nur den Profit sehen wollen, die Risiken soll aber der Staat als solcher tragen. Einerseits verständlich das man Risiken minimieren will, andererseits wird die staatliche Hilfe so ad absurdum geführt. Seitens Politik sollte man sich entsprechend mal überlegen, ob diese Form der Förderung nicht generell falsch konzipiert wurde. Es sollte doch eher so funktionieren das Startups gar nicht erst in die Abhängigkeit rutschen, sondern ein gewisses Kapital haben um irgendwann auf eigenen Beinen zu stehen. Diese Abhängigkeit von Investoren ist mmn das eigentliche Problem. Wenn der Staat hier eingreifen sollte, dann indem er gute Voraussetzungen für Startups schafft, sich ohne die Gönner zu behaupten. Gefördert werden leider oft die Großen Platzhirsche, die dann mit subventionierten Preisen gerade die Kleinen und Mittelständler verdrängen oder aufkaufen.
Durch Föderungen wird das Risiko für Investoren minimiert, weil es mehr Geldgeber gibt (der Staat kommt hinzu). Eine Abhängigkeit wird für Studios nahezu immer bleiben. Dafür müssten sie selbst genügend Geld einspielen und als eigener Publisher auftreten. Denn Publisher sind auch nichts anderes als Investoren, die Studios Spiele finanzieren.
Förderung sollte es auch für große Firmen geben....ersteinmal. Denn bei der Förderung geht es für den Staat um die Förderung von Wirtschaft und Arbeitsplätze. Große Firmen schaffen ebenfalls Arbeitsplätze.
Inwieweit die Kleinen und Mittelständler verdrängt oder aufgekauft werden, ist wieder ein anderes Thema. Genauso wie Förderung im Detail abläuft, mit dem Paradebeispiel Facebook, bei dem Bundesstaaten in den USA ein Wettbieten veranstalten, wer die größte Förderung raushaut, damit die Firma in die eigene Region kommt.
Sir Richfield schrieb am
thormente hat geschrieben: ?04.08.2020 09:18 Soller sich an Kickstarter oder irgendnem anderen Crowdfunder wenden. Oder läuft das nicht mehr so wie einst? Woran könnte das liegen? :roll:
Auch nur die Einleitung gelesen?
Warum in aller Welt scheint das so ein No-No zu sein, den Staat mal beim Wort nehmen zu wollen, wenn er vollmundig Förderung verspricht, damit man sich langfristig beim Computerspielpreis nicht verbiegen muss, weil aus D nix kommt?
Zumal fast der gesamte Rest der Wirtschaft in der Republik ja auch das (MEIN) Geld von Vorne und Hinten reingeblasen bekommt.
Wieso dürfen das die Leute, die EUCH EUER ENTERTAINMENT BRINGEN, WEGEN DEM WIR ALLE HIER SIND, nicht?
Bzw. warum dürfen das nur kleine StartUp Buden nicht, aber Läden wie Ubisoft und EA, die dürfen die Fördertöpfe ruhig anzapfen. Weil, die bekommen das Geld ja und müssen derowegen nicht auf die Herausforderungen einer Förderung hinweisen. Die haben ja keine. Geld für Übersetzungen haben sie allerdings nicht (Wir waren denen zu teuer, bevor einer fragt, was ich meine).
Weil man sich hier ja immer im Detail erklären muss: Natürlich meine ich damit NICHT, dass man AUSSCHLIE?LICH Fördergelder anzapfen soll, wenn man eine Spieleweberei aufmachen will. Kickstarter, Garagenentwicklung, Publisher anbiedern, Geldgeber suchen, all das sind AUCH komplett valide Möglichkeiten, ein Spiel zu machen.
Mir geht es ausschließlich um die in meinen Augen Heuchelei, kleinen Buden die Fördergelder nicht zu gönnen und gleichzeitig zu meckern, aus DE kämen ja keine Spiele und GLEICHZEITIG zu sagen, die Spiele aus DE sind alle eh scheiße (weil sie kein Geld zur Entwicklung bekommen)...
Oder wie der Imperator zu Wamuudes sagte: "I see your double standard just doubled over and died!"
PS: Ich habe noch nirgendwo etwas gelesen, was die Behauptungen aus dem Post und den Kommentaren entkräftet hätte. Nicht mal Formfehler oder so. Der einzige nachweisliche Fehler war zu glauben, man bekäme tatsächlich was "vom Staat", nur weil der das...
schrieb am