von Julian Dasgupta,

GCDC 2008: Eine Kultur der Innovation



Nicht nur Dini & Co. sinnierten auf der GC Developers Conference über das Thema Kreativität, auch Steve Meretzky machte sich so seine Gedanken und prangerte den "anti-innovativen Geist" an, der in der Branche vorherrsche. Es sei so, als ob viele Hersteller "auf dem Schlachtfeld des Einfallsreichtums aufgegeben" hätten.



Der Infocom-Veteran, der nun bei Blue Fang Games tätig ist, zog einen von ihm erstellten Zeitverlauf heran, der aufzeigte, in welchem Jahr welche Genres und Subgenres entstanden waren. Demzufolge gab es vor allem in den 80er und 90er Jahren zahlreiche neuen Typen - in der jüngeren Vergangenheit hingegen kaum noch. Man könne ja nun vermuten, dass das Feld vielleicht schon abgegrast und alle möglichen Genres erfunden wurden - eine These, von der Meretzky allerdings nichts hält und dabei auf einen Titel wie Portal verweist, der sich seiner Meinung nach in keine der bis dato bekannten Gattungen einordnen lässt.



Es gebe die technische und die kreative Innovation - während Dinge wie Hardware und Engines aber ständig vorangetrieben würden, "dort immer neue Grenzen ausgelotet werden", stagniere der Kreativbereich. Dabei gebe es durchaus Gründe dafür, sich auch inhaltlich in neue Sphären zu wagen, merkt Meretzky an.

Wii und Portal würden zeigen, dass sich Innovation auszahlt. So habe sich Nintendo vom dritten Platz in der letzten  Generation auf den ersten Platz in dieser Generation katapultieren können, weil man etwas anderes gewagt habe. Meretzky bezweifelt allerdings, dass die anderen Hersteller die richtigen Lehren aus dem Erfolg des Systems - "eine Mischung aus technischer und inhaltlicher Innovation" gezogen haben. Statt sich mit ihrer kommenden Hardware selbst in Neuland zu wagen, dürften Microsoft und Sony wohl eher die Schlussfolgerung gezogen haben, dass jedes System einen bewegungssensitiven Controller im Sinne der Wiimote braucht.



Auch müsse man das Comic-Buch-Phänomen vermeiden - angesichts der Vorbehalte gegen das neue Medium hätten sich die Herausgeber in den 50ern auf eine Art Gütesiegel geeinigt - Comics ohne jenen Segen hätten im Handel keine Chancen gehabt. Viele Formen seien dadurch ausgefiltert worden, hauptsächlich Superhelden-Comics hätten überlebt. Die Branche habe sich davon erst Jahrzehnte später erholen können. Wer festgefahrene Konventionen vermeide, würde so auch Verbote oder Zensurversuche erschweren. Außerdem, so Meretzky, mache es doch mehr Spaß an etwas Neuem zu arbeiten, als stets das gleiche Prinzip zu wiederholen.



Sollte kein Umdenken stattfinden, laufe die Industrie Gefahr, das große Versprechen, dass Spiele die Kunstform des 21. Jahrhunderts werden, nicht einlösen zu können, orakelt der Spielemacher schließlich, der auch Gründe für den Mangel an Innovationen benannte.



Beispielsweise hätte man bei den Genres nun die "low hanging fruits" abgeerntet. Die Genres, die einfach zu erschaffen sind, seien nun erfunden worden. Das Erkunden weiterer Genres bedeute mehr Arbeit und Aufwand als bisher. Auch die großen Budgets seien naturgemäß problematisch, weil die Hersteller bei derartigen Summen lieber auf Bewährtes setzen würden.



Die Marktkonsolidierung durch Übernahmen und Fusionen habe den Zufluss an neuen Ideen ebenfalls alles andere als beschleunigt. Bei den großen Publishern würden i.d.R. Leute das Sagen haben, die aus einer anderen Branche kommen und von Spielen kaum Ahnung hätten. Die großen Firmen würden "von Idioten" geleitet, formuliert Meretzky, um gleich darauf augenzwinkernd anzufügen, dass er das ja so nicht gesagt habe. In den großen Unternehmen gebe es außerdem mehr bürokratische Hürden, die eine Idee nehmen müsse.



Seine Kritik richtet sich allerdings auch an die Entwickler selbst - die würden nämlich selbst zum ganzen Dilemma beitragen. Getrieben von der Angst, bei einem Publisher nicht unterzukommen, würden die Studios nämlich schon im Vorfeld eine Selbstzensur betreiben und Konzepte streichen, die ihnen zu gewagst erscheinen. Manche frischen



Ansätze würden so schon vom Kreativpersonal selbst im Keim erstickt, murmelt Meretzky und fragt rhetorisch, wie "incredibly fucking stupid" das denn eigentlich sei. Auch solle sich jeder im Raum selbst mal fragen, ob er nicht schon mal einen neuen, ihm unbekannten Titel im Ladenregal hat liegen lassen, um stattdessen zu einer ihm eher vertrauten Fortsetzung zu greifen.



Es bedürfe einer Kultur der Innovation und bittet alle Anwesenden, sich doch selbst daran zu beteiligen. Auch das kleinste Rädchen im Getriebe habe immer noch die Möglichkeit, die Produktion in seinem Bereich mit neuen Ideen zu bereichern: "Be subversive!" Auch empfiehlt er einen Blick auf die Indie-Szene - die sei nämlich ein Motor der Innovation. Er verstehe nicht, warum nicht mehr Hersteller die kleinen Entwickler im Auge behalten und beispielsweise ein gutes 5000 Dollar-Projekt übernehmen und mit einem 50.000 Dollar-Budget ausstatten, um diesem den letzten Feinschliff zu verpassen. Statt dessen fokussiere man sich oft auf Titel mit Millionenbudgets.



Letztendlich, so schließt Meretzky etwas optimistischer ab, werde es genau wie vor zwanzig Jahren sein, als es größere Innovationswellen gab: Die neuen Konzepte würden von kleinen Teams entwickelt werden.



Kommentare

Seriouskano schrieb am
Ich kann dem Mann nur vollkommen zustimmen.
Es wird zu wenig gewagt.
Kleinere Projekte mit Innovation scheitern an mangelndem Budget (was sich in der Umsetzung und der Werbung niederschlägt) und potentiell teure Projekte werden gar nicht erst in Angriff genommen, weil der Verlust im Falle eines Flops zu schmerzhaft wäre.
Für Nintendo war es der sprichwörtlich letzte Strohhalm. Nachdem sie zweimal in Folge von Sony übertrumpft wurden, war ihnen klar, dass sie mit einem reinen Hardware/Multimedia-Monster ohne besondere Eigenschaften auch dieses Mal nichts reißen würden. Im Handheld-Markt macht ihnen ja sowieso niemand was vor, da stehen auch alle Publisher und Entwicklerteams hinter ihnen.
Ich würde gerne mehr gewagtes sehen. Aber dass Topgames wie Okami (PS2 und Wii-Version) oder The World Ends with You marketing-technisch verschwinden oder nicht mal übersetzt werden, zeigt doch die Angst der Unternehmen, sich auch mal einer möglichen Pleite zu stellen.
Money makes the world go round.
Der Protagonist schrieb am
Wer behauptet hier das es keine Innovationen mehr gebe, bzw. das diese nur in einem sehr geringfügigen Maße vorhanden wären?! Wie es doch schon so toll im Artikel heißt, Nintendo hat mit dem neuen Konzept des Wii's, ich muss auch noch den DS hinzuziehen den Vogel abgeschossen! Wenn diese beiden Systeme keine Innovationen mitbringen, dann weiß ich auch nicht, die Touchgeneration Spiele sprechen für sich (die ja bekanntlich vollkommen neue Genres in die Welt herabgelassen haben.) Und wer nicht weiß welche Art von Spielen sich zurzeit am besten verkaufen, sollte sich mal die Games Charts anschauen. Eine Entwicklung wie sie in den 80ern und 90ern staatfand, kann es in dieser Form niemals mehr geben, schließlich befand sich die Gamesindustrie noch in den Startlöchern, folglich war es nur eine logische Konsequenz das zu der Zeit, die meisten Genres entwickelt wurden. Wie die Entwicklung derzeit abläuft ist mehr als nur zufriedenstellend, ein Blockbuster jagt den nächsten...ich kann dieses Gejammer überhaupt nicht nachvollziehen. Die einzig wahre Innovation wird ohnehin im Hardwarebereich liegen und das wird keine andere sein als Virtual Reality, doch bis dahin braucht es imo noch ein Weilchen.
OG_Shoot schrieb am
KnuP hat geschrieben: Und da könnt ihr noch so in den Foren rumplärren wie ausgelutscht dier Spiele sind und den Entwicklern außer immer besserer Bombastgrafik nichts Neues mehr einfällt.....
genau wenn so viele schweigen tu ich das auch :lol: lustige ansichten vertretten hier einige. ich plärre hier so viel und so oft ich möche, vllt hab ich auch mal ganz ganz viel glück und jemand erhört mich ^^ wie es ja bei ea grad der fall ist oder was meinst du warum jetzt plötlich 2 teams an neuen nfs teilen arbeiten, obwohl das letzte bombastische verkaufszahlen hatte ?
richtig. weil sich ein haufen leute die nich nur 2-3 spiele pro jahr kaufen "rumgeplärt" haben. denn die sind soetwas wie stamkunden und die wollen halt das sich die firma von denen sie die produkte beziehen sich um sie kümmern.
Scipione hat geschrieben:übrigens, ich freu mich schon auf ... CoD5...
genau am besten als film dann braucht man noch weniger skripte und noch viel viel weniger ki :roll:
cod4 war doch sowas von scheisse. ich würd sogar sagen es war der größte rückschritt des genres im letzten jahr
Scipione hat geschrieben:Wobei man erstmal abwarten muss, was denn nach Spore oder Mirrors Edge noch so kommt.......... vielleicht Spore2k9 und Mirrors Edge2?
na und selbst wenn wer von euch hat sich denn bitte über hl2 beschwert ?
solange das spiel neuerungen bietet
wernerking hat geschrieben: bei okami liegt des an der dem zeichen stil viele leute die ne wii kaufen haben nie zuvor pc bzw. konsolenspiele gespielt und wollen daher ein spiel mit realitäts naher grafik oder mario welches oft in der werbung und so gezeigt wird
1. ist der grafik-stil nicht zu sehr verfremdet sondern kommt eher schon kunst nahe
2. will keiner der sich ne wii gekauft hat realitätsnahe grafik oder warum sind wii fit und sports einige der best-verkauften spiele auf der wii ?
3. liegst du mit dem einwand der werbung vollkommen richtig, vllt sollten publisher weniger in hochauflösende grafik investieren und mehr in werbung
SPF hat...
KnuP schrieb am
Man kann den Managern ja (teilweise zu Recht) Viel vorwerfen,aber sie haben auch unbestechliche Argumente - die Verkaufszahlen.
In den letzten 10 Jahren gab es nicht wenige erfrischende Spiele mit neuen Ideen,Inovationen (obwohl das eher ein dehnbarer Begriff ist),ungewöhnliche(r)n Storys und Atmosphäre,Spielereien mit verschiedenen Genren ect.
Nur leider blieb ein großer Teil wie Blei in den Regalen liegen,und das nicht unbedingt weil sie schlecht waren.
König Kunde mag solche Spiele nicht.Nein,König Kunde gibt sein Geld lieber für den X-ten Klon bekannter Spiele aus die selbst die einfachsten Spielmechanismen im Dutzend zu Tode reiten.
Und König Kunde bekommt was König Kunde haben will.
Und da könnt ihr noch so in den Foren rumplärren wie ausgelutscht dier Spiele sind und den Entwicklern außer immer besserer Bombastgrafik nichts Neues mehr einfällt.....
johndoe731183 schrieb am
Ich find' Fortsetzungen gar nicht mal so schlimm, wenn sie sinnvoll sind.
Oft haben die Macher innovativer Spiele aber auch die Idee, zusätzlich noch "spezielles" Design u.ä. dazu zu tun, damit es auch ja was besonderes wird. Dann darf man sich aber auch nicht wundern, wenn das Spiel nur spezielle Leute anspricht. Entweder man findet einen guten Mittelweg oder man trifft eben nur einen bestimmten Geschmack. Völlig normal, würde ich sagen.
Was Okami angeht, könnte es vielleicht damit zusammen hängen, dass es das Spiel schon mal auf der PS2 gab und für die Wii Version so gut wie nichts dazu kam.
Ansonsten wüsst' ich nicht, wieso es von den Spieler links liegen gelassen werden sollte. Ich mein', es ist schon ein besonderes Spiel, aber nichts daran schreit auf den ersten Blick "Achtung, Innovation, es könnte Ihnen nicht gefallen!" Es ist ja nicht nur ein relativ einzigartiges Konzept, sondern ganz nebenbei auch noch ein fantastisches normales Spiel, also es ist nicht so, dass es nur bestimmten Leuten gefällt.
schrieb am