von Julian Dasgupta,

Quo Vadis 09: Takahashis Start-up-Loblied

Die Bedingungen für Start-up-Unternehmen seien besser als jemals zuvor, orakelte Dean Takahashi jetzt auf den Deutschen Gamestagen in Berlin.  Das Loblied kommt nicht von ungefähr - der in der Branche durchaus bekannte Journalist und Buchautor (Opening the Xbox, The Xbox 360 Uncloaked) ist nämlich mittlerweile für VentureBeat tätig.

Die Szene wachse explosionsartig, was vielen Menschen nicht unbedingt bewusst sei, da die üblichen Verdächtigen - NPD Group, GfK & Co. - digitale Kanäle bzw. Plattformen wie Steam, Facebook, Flash oder iTunes nicht erfassen würden.

Geld regiert die Welt

Es sei für aufstrebende Unternehmer heute deutlich einfacher, an Venture Capital (VC), also Risikokapital, zu kommen, als noch vor Jahren, als die Investoren sich noch davor scheuten, den Spielemarkt zu betreten. Das habe sich aber mittlerweile geändert. Von den 28 Mrd. Dollar Risikokapital, welches 2008 in den USA insgesamt floss, seien 885 Mio. Dollar an insgesamt 93 Spielefirmen gegangen; es sei davon auszugehen, dass die Höchstmarke noch nicht erreicht sei. (9,1 Prozent bzw. 10,4 Mio. der Arbeitsplätze in den USA seien derzeit insgesamt über VC abgesichert, ergänzt Takahashi noch.)

Start-ups seien die Quelle der Innovation, führt Takahashi weiter aus und findet, es habe gar eine Art "Indie-Revival" in den vergangen Monaten und Jahren gegeben. Auch hätten viele Firmen festgestellt, dass es dieser Tage leichter sei, "junge Talente aus anderen Unternehmen zu klauen." Wer heute mit der Produktion eines größeren Spiels anfängt, der werde in ungefähr zwei Jahren fertig damit sein - und dann dürfte die wirtschaftliche Lage sich auch wieder gebessert haben. Ein Beispiel für den Trend sei Will Wright, der vor ein paar Tagen seinen Abgang bei Electronic Arts verkündet hatte, um sich zukünftig seiner Konzeptschmiede Stupid Fun Club widmen zu können.

Die derzeitige Krise hätte durchaus ihre Vorteile, würde sich doch jetzt zeigen, wer ein "winner" oder ein "loser" ist. Firmen, die derzeit im asiatischen Markt umtriebig sind und sich dort etablieren, würden sicherlich zu den Gewinnern gehören. So hätten beispielsweise in China ansässige Firmen aus den Nachteilen des dortigen Marktes - viele Raubkopien, kaum oder keine Konsolen - einen Vorteil gemacht, sich auf den PC konzentriert und alternative Geschäftsmodelle entwickelt. Die Fähigkeit, die Stärken einer Region zu nutzen - Takahashi nennt das "geographic arbitrage" -, sei für alle Firmen wichtig. Ebenfalls ein Gewinner: Fantasy-MMOGs. Die würden derzeit 80 Prozent des Marktes ausmachen, obwohl man doch vermuten würde, dass es ähnlich viel Interesse an Sci-Fi-Spielen gibt.

Der iPhone-Faktor

Im vergangenen Jahr habe die Branche vor allem auf die Veröffentlichung von Grand Theft Auto IV geschaut und dabei vielleicht die eigentlich interessante Entwicklung übersehen bzw. kaum beachtet: Der Aufstieg des iPhones. Derzeit würden sich viele Firmen auf Apples Hardware stürzen und Spiele dafür produzieren. Ngmoco, ein vom EA-Veteran Neil Young gegründetes Studio für iPhone-Spiele, habe innerhalb von neun Monaten insgesamt 15 Mio. Dollar Risikokapital auftreiben können, um sich zu etablieren. Fünf der zehn Titel des Studios hätten sich als Bestseller erwiesen.

Derzeit würde man dort noch nicht so viel Geld verdienen wie auf Nintendo- oder Sony-Handhelds, aber mit über 30 Mio. verkauften Geräten hätten iPhone und iPod Touch eine durchaus beachtliche Hardwarebasis, die Nintendo und Sony zu denken geben dürfte - "the company that gets the units will eventually get the dollars." Takahashi geht allerdings auch davon aus, dass sich derzeit eine Marktblase aufbaut - momentan gibt es über 8000 Spiele auf iTunes, und die Zahl wächst rasant -, man könne aber noch nicht sagen, was letztendlich passieren wird.

Zum Schluss ging Takahashi auch noch auf ein Start-up ein, das in den vergangenen Wochen von sich reden gemacht hatte: OnLive. Das 2003 gegründete Unternehmen habe ihm und den Publishern das Konzept schon vor zwei Jahren gezeigt, man habe aber natürlich noch nicht darüber reden dürfen. Die auf der GDC gezeigte Demo sei kein "Fake" gewesen - die 16 dort vorgeführten Spiele seien gestreamed worden. Aber selbst wenn sich OnLive selbst nicht durchsetzen sollte, so sei Cloud-Computing doch ein auf lange Sicht unausweichlicher Weg.


Kommentare

Hunk schrieb am
Es sei für aufstrebende Unternehmer heute deutlich einfacher, an Venture Capital (VC), also Risikokapital, zu kommen, als noch vor Jahren, als die Investoren sich noch davor scheuten, den Spielemarkt zu betreten.
Mittlerweile dürfte dieser Trend auch wieder rückläufig wirken.
Die momentane Krise wird auch vor denen nicht halt machen.
Und was Cloud Computing betrifft; gestern hatte man erleben dürfen, was ein derartig zentralisiertes System wert ist.
Videospiele sind sicherlich nicht von gleicher Bedeutung wie Mobilfunk, doch im Zweifelsfall würde ich mich nicht darauf verlassen.
Evilbiss schrieb am
na ja da kann man sich streiten
mir gefällt Onlive und Cloud überhauptnicht
glaube auch nicht dran das da ihrgenteine chance besteht das das jemals konsolen und heimpc ablöst.
aber das ist meine meinung.
DdCno1 schrieb am
Mal ein paar Worte zum Ende des (gut geschriebenen) Artikels:
Ich halte Cloud-Computing (OnLive) für alles andere als unausweichlich, ich sehe darin eher eine Gefahr für das Personal-Computing.
Wer's genauer lesen will: Ich habe das vor einiger Zeit auf heise online ausführlich kommentiert:

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http://www.heise.de/tp/foren/S-Vorwaerts-in-die-Vergangenheit/forum-156497/msg-16526274/read/
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