von Julian Dasgupta,

Quo Vadis 2010: Indie-Tipps von Chris Taylor



Seit 22 Jahren ist Chris Taylor in der Branche tätig - genug Zeit, um etwas zurückzublicken und jüngeren Entwicklern ein paar Tipps mit auf den Weg zu geben. Seine ersten Sporen verdiente Taylor bei Distinctive Games, wo er an Spielen wie Hardball II und 4D Sports Boxing mitwirkte. Aus Distinctive wurde später EA Canada - und Taylor machte sich einige Jahre später selbstständig und gründete Gas Powered Games. Das Arbeiten an jährlichen Fortsetzungen von Sportspielen sei nämlich eine "furchtbare Strafe für jemanden, der Spiele liebt."

Die erste Herausforderung, der sich ein junges, auf Unabhängigkeit bedachtes Team stellen müsse: "Findet eine Strategie, die euren Stärken entspricht." Sein Motto sei stets gewesen: 'Be original'. Facebook-Spiele seien beispielsweise der letzte Schrei, aber jeder müsse sich schon fragen, ob das auch das Richtige für ihn sei, oder ob man das eher aufgrund der Erfolgsaussichten machen würde.





Herausforderung #2: Man solle einen Plan erstellen und sich dann auch gefälligst daran halten. Es sei wichtig, schnelle Entscheidungen zu treffen. Auch solle man all jene Ideen ignorieren, die erst im Laufe der Produktion auftauchen - diese würden aufhalten und ablenken.

Als Geldquellen (Herausforderung #3) würden natürlich das eigene Bankkonto, aber auch Freunde und Familie in Frage kommen. "Oftmals muss man dann aber feststellen, dass die lieben Verwandten aus einem Grund so reich sind - sie geben Leuten wie dir kein Geld", so der wie üblich zu Scherzen aufgelegte Designer. Neben Publishern und Investment-Bankern gebe es noch Leute aus dem Risikokapitalbereich. Die hätte er vor Jahren noch gemieden wie der Teufel das Weihwasser, merkt Taylor an - mittlerweile habe er aber feststellen müssen, dass es auch dort vernünftige Leute gebe, die an guten Spielen interessiert sind. Man müsse sie eben nur ausfindig machen.

Der Aufbau eines Team sei ebenfalls eine zentrale Herausforderung. Man müsse darauf achten, dass alle die gleichen Ziele verfolgen und Wertvorstellungen hätten. Ursprünglich sei er davon überzeugt gewesen, dass es gut sei, Leute mit abweichenden Meinungen in der Firma zu haben, um Dinge zu hinterfragen. Jetzt denkt Taylor aber: Man sollte sie schnellstmöglich loswerden, da sie den Entwicklungsprozess letztendlich nur verlangsamen. Wer schnell produziert, mache wenigstens Fortschritte. Und wenn man sich dabei in die falsche Richtung bewegt, könne man auch fixer den Kurs korrigieren. Es sei natürlich zeitaufwändig, eine Firmenkultur zu etablieren. Zudem sei es wichtig, die richtige Mischung aus erfahrenen Leuten und jungen Talenten zu finden. In der Theorie würde es ganz schön sein, nur Experten an Bord zu haben - in der Praxis sei das aber schon aus gehaltstechnischen Gründen schwerlich umsetzbar.

Herausforderung #5: Die Beziehungspflege. Generell glaubt Taylor daran, dass man schnell, entschlossen und ehrlich handeln sollte. Man sehe ich immer zweimal im Leben - und Falschaussagen würden sich irgendwann in der Branche herumsprechen. Last but not least: "Sei kein Arschloch. Niemand möchte einem Arschloch gerne dabei helfen, erfolgreich zu sein." Es sei nicht wahr, dass man als "netter Junger" immer auf der Verliererseite enden würde.





Ein Team müsse die Balance zwischen Technologie und Kreativität finden. Oftmals seien Firmen zu sehr getrieben von der Technologie. Das wichtigste an Lösungen sei, dass sie funktionieren - auch wenn sie nicht immer perfekt sind. Man solle lieber auf eine iterative Vorgehensweise während der Entwicklung setzen, als schon langfristige Pläne hinsichtlich eines Konzepts im Vorfeld zu schmieden.

Der Übergang zum nächsten Projekt (Herausforderung #7) werde bei vielen Studios planungstechnisch vernachlässigt. Dies müsse schon in der Finanzierung des aktuellen Projekts berücksichtigt werden - sonst stehe man mit leeren Händen dar. Das 'advances against royalties'-Modell - der Publisher leiht dem Studio Geld, holt es sich später über die Gewinnbeteiligung des Teams am Spiel zurück - sei nicht gangbar. Es würde lange dauern, bis das Studio damit endlich Geld verdienen kann.

Allgemein hilfreich sei es, mit einem Studio ein Standbein in einem Genre aufzubauen. So könne man sich eine Stellung erarbeiten, die man gegen andere verteidigen kann. Weitere Vorteile: Die Entwickler können eine Fangemeinde aufbauen, die spieleübergreifend vorhanden ist. Außerdem sei es so leichter, bereits entwickelte Technologie erneut zu verwenden und diese immmer weiterzuentwickeln.

Eine weitere Herausforderung: Der Markt ändere sich laufend. Modelle wie Digitaldistribution, Zusatzinhalte, Free-to-play oder Micro-Transaktionen habe es vor Jahren schließlich noch nicht gegeben. Softwarepiraterie sei ebenfalls ein Problem, vor dem man auf Konsolen keinesfalls mehr sicher sei.

Die letzte Hürde, die es zu überwinden gilt, sei der Widerstand der Publisher gegenüber neuen Konzepten. Dort wolle man Planungssicherheit, Vergleichbarkeit und Verkaufsprognosen, die bei neuen Titeln nicht gewährleistet seien. Zweifelsohne müsse man in der Lage sein, ein Konzept gegenüber anderen zu verkaufen, so Taylor, der Peter Molyneux als Vorzeigebeispiel für Spieleschöpfer anführt, die andere begeistern können. Es schade zudem nicht, wenn man mit einer neuen Marke auf Erfahrungen zurückgreifen kann, die man mit früheren Projekten gemacht hat.



Kommentare

Axozombie schrieb am
Hat der typ eigentlich nach Dungeon Siege 1 was zu stande gebracht ? . . .
mhh, ich glaube Supreme Commander 1 kam danach noch, aber ansonsten, DS 2 war kacke, Space Siege war kacke, Supreme Commander 2 war kacke.
Dolgsthrasir schrieb am
Crewmate hat geschrieben:Da hat Mr. Taylor nicht viel neues erzählt.
Und dennoch finde ich es sehr interessant, aus den Erfahrungen solcher Spieleentwickler zu lernen.
clickrush schrieb am
"furchtbare Strafe für jemanden, der Spiele liebt."
das gilt nicht nur für die entwickler :)
crewmate schrieb am
Das selbe gilt für andere Geschäftsbereich auch.
Wenn jemand eine Therapie-Praxis eröffnet, sollte man das Team ebenfalls gut abstimmt werden.
Die Finanzierung der Einrichtung muss stimmen, sonst zahlt man sich an den Raten dumm und dhmlich.
Das Konzept muss stimmen, am besten auf einen Fachbereich bezogen wie Neurologie oder Pediatrie.
Da hat Mr. Taylor nicht viel neues erzählt.
schrieb am