von Dieter Schmidt,

Respawn - Gathering of Game Developers: The German Sonderweg and What Happened Elsewhere

Respawn - Gathering of Game Developers (Events) von Aruba Events GmbH
Respawn - Gathering of Game Developers (Events) von Aruba Events GmbH - Bildquelle: Aruba Events GmbH


Die deutschen Entwicklerveteranen Teut Weidemann (Consultant) und Tom Putzki (Wargaming) sprechen in ihrem Vortrag über den sehr spezifischen Weg, den die deutsche Entwicklerbranche eingeschlagen hat. Dabei fing es mit der absoluten Weltspitze an: Auf den Heimcomputern (Spectrum, C64, Atari ST, Amiga) besaßen die deutschen Entwickler nicht nur bekannte Spiele wie Kaiser, Hanse, Vermeer, Turrican, Katakis, Ports of Call etc., sondern sie waren auch technisch weltführend. Doch dann preschte (zumindest in anderen Ländern) der PC nach vorne und der internationale Siegeszug des NES wurde eingeläutet. Und auf beiden Plattformen konnten die Deutschen nicht Fuß fassen. Während der einzige deutsche Entwickler für Konsolen (Factor 5) quasi aufgrund des deutschen Brachlandes gezwungen war, seine Firma in die USA zu verlagern, konnte man bis zu PS2-Zeiten keinen einzigen Entwickler vorweisen, der Konsolenspiele produzierte. Und da man nie etwas vorweisen konnte, fand man auch über Jahre hinweg keine Publisher, die Projekte nach Deutschland auslagerten oder die Entwicklung unterstützten. Deck13 ist eine der wenigen Schmieden, die über sehr viele Jahre hinweg sowie aktuell mit Lords of the Fallen oder The Surge auch die neuen Konsolen bedienen.

Stattdessen übte man sich hauptsächlich in Wirtschaftssimulationen auf dem PC, die von den beiden Sprechern schmunzelnd als gut visualisierte Excel-Tabellen bezeichnet wurden, die auch nur im deutschsprachigen Raum Anklang fanden. Zwar konnte man mit diesen Spielen gutes Geld verdienen, aber weder die „Provinzpublisher“ noch die Entwickler konnten auf dem PC international Fuß fassen. Selbst die Siedler waren außerhalb Deutschlands nahezu unbekannt. Die Skandinavier hingegen mussten sich schon immer von den Engländern vertreiben lassen, was ein Glücksfall ist. So waren sie schon immer gezwungen, einen internationalen Markt zu bedienen. Und dann ging man um die Jahrtausendwende mit der Phenomenia AG an die Börse. Die Moorhuhn-Spiele waren ja auch durchaus erfolgreich. Doch als man kleinere Entwickler mit dem vielen Börsengeld aufkaufte und dann die Dotcom-Krise heranrauschte, riss man viele Firmen mit in den Tod. Dann versuchte man mit 10tacle wieder mit Börsengeld den Abstand zu den führenden Publishern zu verringern. Aber auch das ging nicht gut und ab diesem Zeitpunkt waren Investoren auch zu Recht verschreckt. Und auch Jowood nahm viele Entwicklerstudios mit ins eigene Grab.

Zudem habe man den nächsten Zug schon wieder verpasst: Während man hierzulande mit Gothic den ersten internationalen Meilenstein errichtete, hat Richard Garriott mit Ultima Online schon die nächste Welle losgetreten. Und auch hier gab es kaum ein deutsches Studio, das auf den Zug der Online-Spiele frühzeitig aufspringen konnte. Man hat nach wie vor in seiner eigenen Blase gelebt und immer noch altbackene Spiele veröffentlicht. Aber dann kamen irgendwann die Browsergames. Mit Bigpoint, Travian, Innogames und Gameforge hat man den Alteingesessenen zeigen können, was mit internationalem Erfolg bewirkt werden kann. Zwischenzeitlich haben deutsche Produktionen 60% des Weltmarkts der Free-to-Play-Spiele ausgemacht und nicht wenige Spiele haben in einem Monat mehr Umsatz gemacht, als die größten deutschen Spieleproduktionen für die gesamte Entwicklung veranschlagen mussten. Jetzt sollte man meinen, dass am Ende alles gut wird. Aber nachdem man mal wirklich einen Zug angeführt hat, sieht man vom nächsten wieder nur die Schlusslichter. Zwar haben einige Browserspiele-Firmen den Umschwung auf mobile Plattformen geschafft und es gibt eine Hand voll mittelständischer Unternehmen, die in Deutschland mobile Spiele produzieren – das ist aber kein Vergleich zum Beispiel zu Helsinki, wo man 250 Firmen verzeichnen kann. Und der größte Gigant Bigpoint, dessen Marktwert mal auf 600 Millionen Euro dotiert war, wurde kürzlich für 60 Millionen an die Chinesen verrammscht. Zusammenfassend kann man sagen, dass Deutschland den anfänglichen PC- und Konsolenmarkt, die Online-Games und die mobile Spielentwicklung verpasst hat und aufpassen muss, nicht den nächsten Zug zu verpassen auf dem die beiden Buchstaben VR prangen.





Kommentare

sphinx2k schrieb am
Ich hab schon ein paar mal angefangen Spiele zu entwickeln, in meiner Freizeit. Die Sache ist die, das diese Freizeit endlich ist und es viel Zeit braucht ein Spiel zu vollenden was diese Projekte dann irgendwann zum Stillstand gebracht hat.
Wäre ich sozial abgesichert und könnte mir 2 - 3 Jahre ne Auszeit vom Berufsleben gönnen würde ich Versuchen etwas erfolgreiches auf die Beine zu stellen. Nur das klappt nicht, die Familie möchte Essen haben, die Bank möchte den Hauskredit abgestottert haben,.....
Ist evtl. auch die Mentalität hier bei uns, nicht alles auf eine Karte zu setzten bei uns sondern lieber auf Nummer sicher zu gehen. Klar könnte ich alles Verkaufen und von dem Geld 3 Jahre mit der Familie leben..nur was dann wenn das Produkt kein Erfolg wird der wenigstens die Entwicklungskosten trägt.
In z.B. den USA sieht das wohl anders aus, da versucht man es halt einfach. (zumindest mein Eindruck)
camü schrieb am
Elderbunnie hat geschrieben:Hm, du hast Recht. Da bin ich wohl meinem eigenen inneren Populismus etwas auf den Leim gegangen. Schön wäre jetzt der Schritt, eSport auch für das TV zu etablieren. Aber da tun sich ja selbst die Amis noch etwas schwer.
Mal sehen was da jetzt mit YouTube Gaming kommen wird. Schließlich werden die Bohnen ja das Aushängeschild. :)
Esport fürs TV? Warum? Deren Zielpublikum lässt sich über das Internet doch weit besser erreichen. Ist zur zeit nicht gerade so, dass das TV noch den Stellenwert von vor 10 Jahren hat. Ich sehe eher, dass sich das TV mehr und mehr ins Internet bewegt.
ZackeZells schrieb am
Kajetan hat geschrieben: Merkst Du was? Es hat sich verdammt viel getan. Videospiele taugen nicht mehr als Sündenbock. "Wir" haben die Auseinandersetzung nämlich gewonnen :)

Dieses "gewonnen" aber auch nur weil sich Journalisten nichtmehr über den Mund wischen lassen wollten und mal Fakten auf den Tisch gelegt haben. Dann haben Viedeospiele gewonnen, weil ein starker Arm ihnen geholfen haben. Von alleine hätte sich da nichts getan, wie auch - Videospiele in Deutschland, evtl. sogar Weltweit sind eine OpferIndustrie. Ohne eigene Lobby, die Rechte von Programmierern scheinen nicht so aufgeprägt zu sein wie zb. in Businesssoftware Bereichen - Die Gamer lassen sich alles diktieren und jubeln auch noch wenn die Majors die nächste Abzockmasche testen und, weil erfolgreich etablieren.
Solange Spiele als mitnahme Artikel angesehen werden, wie etwa überteuerte Süßigkeitskleinpackungen an Supermarktkassen, solange weitet sich die Gier der anbietenden ins unermässliche aus.
Elderbunnie hat geschrieben:
Mal sehen was da jetzt mit YouTube Gaming kommen wird. Schließlich werden die Bohnen ja das Aushängeschild. :)
Ein aufgeblasener Werbekanal mit Unterbrechungen um Spielestreams zu zeigen.
Guffi McGuffinstein schrieb am
Hm, du hast Recht. Da bin ich wohl meinem eigenen inneren Populismus etwas auf den Leim gegangen. Schön wäre jetzt der Schritt, eSport auch für das TV zu etablieren. Aber da tun sich ja selbst die Amis noch etwas schwer.
Mal sehen was da jetzt mit YouTube Gaming kommen wird. Schließlich werden die Bohnen ja das Aushängeschild. :)
Kajetan schrieb am
Elderbunnie hat geschrieben:Dennoch hat sich beispielsweise die Tagesschau dazu genötigt gefühlt in ihrem #kurzerklärt anhand von Zahlen und Studien darzulegen, dass es keinen Beweis für den Zusammenhang von "Killerspielen" und echter Gewalt gibt.
Dennoch? Die Tagesschau, DIE FUCKIN' TAGESSCHAU erklärt auf der Basis von FAKTEN, dass kein Zusammenhang zwischen Gewaltausübung und Videospielen besteht und Du findest immer noch was zu mäkeln? :)
Und ich kann dann gut verstehen, dass es Entwickler in Deutschland gibt, die lieber keinen Egoshooter entwickeln da sie in Deutschland womöglich immer noch in eine unangenehme Ecke gestellt werden. Es reicht aber Kommentare unter gamescom Artikeln außerhalb der Fachpresse zu lesen. Was da von Außenstehenden gehatet wird ist bisweilen einfach nur absurd. :roll:
Aussenstehende sind irrelevant. Frei nach Klaus Kinski: Was kümmert es den Baum, wenn die Hunde an ihn pinkeln?
Videospiele dienen nicht mehr als gesellschaftlicher Aufreger, sondern sind mittlerweile Teil der Kulturbeilage geworden, wo Titel wie No Mans Sky besprochen werden. Der Rest, wie z.B. die Aufhebung der dämlichen Regelung, dass man in Filmen Hakenkreuze zeigen darf, in Spielen aber nicht, wird nach und nach folgen.
schrieb am