von Dieter Schmidt,
Respawn - Gathering of Game Developers: Storytelling VR - Back to the Drawing Board
In seinem Vortrag "Storytelling VR - Back to the Drawing Board" über die Schwierigkeiten narrativer Strukturen geht Dr. Fasih Sayin zunächst ganz klassisch auf die Begrifflichkeiten ein. Ausgehend von klassischen Medien meint Storytelling nicht die Geschichte oder die Erzeugung von Emotionen. Storytelling kann auch etwas ganz Simples und Profanes sein. In der Regel besitzt man aber zunächst ein Thema, dann kommt der Plot, dann die Charaktere, ihre Gedanken in Sprachform, ihre spezielle Art zu reden und dann am Ende folgt die Art und Weise, wie der Rezipient dies wahrnimmt. Der Zuschauer versucht wiederum diese Leiter in entgegen gesetzter Richtung zu folgen, um am Ende bei dem Thema anzugelangen. Und es gibt verschiedene Werkzeuge, dieses Thema näherzubringen. Das alles ist in VR-Spielen nicht so einfach möglich, obgleich man zwei der drei Säulen der Entwicklung von Spielen sehr gut bedienen kann.
Alle klassischen Wege des Schnitts und der Kameraeinstellungen werden aufgrund der Simulationskrankheit obsolet. Jeder Spieler kann überall hinschauen. Und während man schon Probleme hat, die fremden Hände als die eigenen wahrzunehmen und Spieldaten in Form von Interfaces glaubwürdig in die Spielwelt zu transportieren, kommen beim Auslösen von Ereignissen zusätzliche Schwierigkeiten hinzu. So habe man versucht, einen Dinosaurier hinter dem Spieler herfliegen zu lassen, der diesen intensiven Moment erleben soll. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten Spieler einfach nur nach vorne schauten, um instinktiv zu wissen, wohin sie treten – was menschlich ist. Welcher Mensch in Not schaut sehr Hollywood-like zu der herannahenden Bedrohung, während er doch über einen Ast stolpern könnte? Und es ist auch sehr schwierig, Spieler durch Anreize dahin zu drängen, in eine bestimmte Richtung zu gucken. Entweder baut man hier ganz viele „Trigger“ ein, die je nach Blickrichtung ausgelöst werden oder man fängt an, den eleganten Weg zu gehen: Seiner Ansicht nach werden zukünftige VR-Spiele Ereignisse und Story-Elemente prozedural generieren. Ein im Hintergrund laufender Algorithmus wird also dafür sorgen, was wir wann sehen und erleben. Das kann man auch auf die Spielweisen anpassen. Gehen Spieler sehr langsam vor, kann man so situativ die Intensität erhöhen oder vice versa. Und natürlich hat man immer noch Probleme mit dem „Uncanny Valley“. Personen, die als sympathisch wahrgenommen werden sollen, können trotzdem unterbewusst als bedrohlich oder unmenschlich abgespeichert werden. Das Erste, was Testpersonen gemacht haben, ist ganz nah an den Charakter heranzugehen und ihn sehr sozial untypisch einfach anzugaffen. Man müsse den Spieler dahin bringen, den sozialen Konventionen der Spielwelt zu folgen, damit die Welt weiterhin glaubwürdig erscheint.