von Jan Wöbbeking,

TxK: Atari droht laut Entwickler mit Copyright-Klage, Umsetzungen für PS4 & Co eingestellt

TxK (Arcade-Action) von Llamasoft
TxK (Arcade-Action) von Llamasoft - Bildquelle: Llamasoft
Schlechte Nachrichten für alle, die den bunte Arcade-Shooter TxK (ab 6,99€ bei kaufen) gerne auf dem großen Schirm gespielt hätten: Wie Eurogamer berichtet, droht Atari offenbar mit einer Copyright-Klage gegen den Indie-Entwickler Jeff Minter, der das Vita-Spiel zum Großteil entwickelt hat. Die Rechteinhaber der Tempest-Marke verlangen demnach, dass Minter das Vita-Original aus dem PSN-Store nimmt und sämtliche Umsetzungen einstellt (geplant waren PS4, PC, Android; inklusive Unterstützung diverser VR-Headsets). Minter gab gestern auf Twitter bekannt, das er sich kein derart kompliziertes Gerichtsverfahren leisten könne und die bereits weit fortgeschrittenen Umsetzungen einstampfen wird.





Minter habe im Juni vergangenen Jahres ein entsprechendes Schreiben von Ataris Anwälten bekommen, welches er gestern auf seiner Homepage als pdf veröffentlichte. Der Vorwurf: Bei Minters Titel TxK handle es sich um ein Plagiat, welches sich nur in winzigen Details vom Achtziger-Jahre-Automaten Tempest und dem Titel Tempest 2000 aus dem Jahr 1994 unterscheide. Für Minter erscheine der Vorwurf alleine schon deshalb lächerlich, weil er letzteres Spiel bekanntermaßen beinahe komplett selbst entwickelt hat. Zudem besitze TxK entgegen der Behauptungen z.B. einen komplett eigenständigen Soundtrack und auch ein Großteil der anderen angeblich kopierten Spieldesign-Elemente seien eigenständig. Laut dem Schreiben der Atari-Anwälte handelte es sich allerdings nur um eine marginales Update zum alten Arcade-Original.



Wer sich jetzt verwirrt am Kopf kratzt, sollte einen Blick auf die Geschichte von Tempest und Atari am Ende der News werfen. In einem Überblick der Geschehnisse im offiziellen Llamasoft-Forum (oder hier als Text-Kopie) erklärt Minter, dass er im Laufe der vergangenen Monate versucht habe, Kontakt mit Atari aufzunehmen. Sein Vita-Spiel habe nur etwas mehr als die Entwicklungskosten eingespielt. Vielleicht hätten die überschwänglichen Reviews dazu geführt, dass der Eindruck von größeren Summen entstanden sei. Mittlerweile kämen nur noch Kleckerbeträge herein, daher ergebe ein Verbot des Vita-Originals nur wenig Sinn.

Mehr Geld sei höchstens mit den geplanten Umsetzungen zu machen. Daher habe er auch vorgeschlagen, die kommenden Fassungen mit einem offiziellen Lizenzabkommen und dem Tempest-Namen herauszubringen. Da Atari aber nicht auf ihn eingegangen sei und lediglich weiter mit Anwaltsschreiben drangsaliert habe, sei ihm gestern der Kragen geplatzt. Auf Twitter ließ er eine ganze Tirade an wütenden Posts darüber ab, was für ein trauriger Verein aus seinem einst heißgeliebten Atari geworden sei:







Atari hat mittlerweile auf Eurogamer.net zu den Vorwürfen Stellung genommen:

"Atari schätzt und schützt seinen intellektuellen Besitz und erwartet von anderen, dass seine Marken und Copyrights respektiert werden. Als Llamasoft TxK Anfang 2014 veröffentlicht hat, war Atari überrascht und bestürzt von den sehr starken Ähnlichkeiten zwischen TxK und der Tempest-Marke. Nicht nur Atari hat diese Ähnlichkeiten erkannt. Verschiedene große Spielemagazine bemerkten ebenfalls die Ähnlichkeiten der Features und des kompletten Erscheinungsbildes zwischen TxK und Tempest; eines behauptete sogar "Das hier ist im Wesentlichen Tempest". Es gibt kein Gerichtsverfahren. Atari befand sich in ununterbrochenem Kontakt mit dem Entwickler seit das Spiel startete in der Hoffnung, dass das Thema geklärt wird."


Danach erwähnt das Anwaltsschreiben einige Zitate von IGN, Gamespot und anderen Magazinen, die in ihren Berichten alle die Ähnlichkeit zu Tempest 2000 betonen.

Zur Geschichte von Tempest und Atari:

Um Verwirrungen zu beseitigen, hier ein kurzer Überblick über die Seriengeschichte: Der erste Teil mit dem Namen Tempest wurde von Dave Theurer programmiert und von Atari vertrieben. Jeff Minter (bzw. sein kleines Unternehmen Llamasoft) entwickelte erst 1994 im Auftrag von Atari das Spiel Tempest 2000 für Ataris Jaguar-Konsole. Im Jahr 2000 kümmerte er sich außerdem offiziell um die Entwicklung von Tempest 3000 für die exotische DVD-Konsole Nuon. Sein im letzten Jahr erschienenes Vita-Spiel "TxK" ist dagegen kein offizieller Nachfolger, daher hat Minter sich offenbar auch für den abweichenden Namen entschieden. Sony unterstützte die Entwicklung des zunächst Vita-exklusiven Titels und bot das Spiel im vergangenen September schließlich kostenlos für PlayStation-Plus-Abonnenten an.

Hinter dem Namen Atari steckt nicht mehr das gleiche Unternehmen, das Jeff Minter 1994 mit der Entwicklung von Tempest 2000 beauftragte: Der einstige Videospiel-Gigant aus den USA meldete 1996 Insolvenz an. Die Markenrechte wurde vom französischen Unternehmen Infogrames aufgekauft, welches sich in Atari umbenannte und vor zwei Jahren nach einigen Teilverkäufen ebenfalls in die Insolvenz ging. Laut einem im März 2014 erschienenen Bericht auf Venturebeat werden die Rechte an der Marke im Wesentlichen von Fred Chesnais und seinem zehnköpfigen Team verwaltet.


Letztes aktuelles Video: Interview mit Jeff Minter

Quelle: Eurogamer.com, Twitter-Account Jeff Minter, Yakyak.org, Minotaurproject.org, Venturebeat.com

Kommentare

v3to schrieb am
@Kivlov: Das hat er, soweit ich das aus seinen Posts gelesen habe, auch nie bestritten. Bzw was da in jedem Fall durchschimmert, ist das Rechtsverständnis, was Spiel-Elemente angeht und in der Beziehung ist da trägt im Prinzip schon jedes einzelne Extra-Feature von Tempest 2000 die Handschrift von Minter. Der Titel war damals eine Co-Produktion von mehreren Firmen und die Konzeption lag AFAIK bei Llamasoft. Selbst wenn da Gedankenlosigkeit bei der Erstveröffentlichung nahe liegt, so ganz eindeutig ist die Rechtslage sicher nicht. Und da bleibt diese verkommene Situation, dass der Entwickler um Gespräch und einer einvernehmlichen Lösung bittet und der Rechteinhaber von Tempest proforma Anwälte vorausschickt. Da darf einem schonmal der Kragen platzen.
Ehrlich gesagt, wäre es der Sache wegen wirklich mal an der Zeit, dass solch ein Fall vor Gericht durchgestritten wird. Dieses deckeln auf Basis eines Grundkonzeptes braucht Grenzen. Die Anlehnung an den visuellen Style kann ich ja noch verstehen, was sich nach meinem Verständnis bei Line-Vector-Grafik am Spieler- und Figuren-Design erschöpft. Allerdings die simple Ballermechanik? Die feste Begrenzung der Spielfläche? Weil das Spielfeld in die Tiefe gekippt wurde? Das Extrawaffen-System (das eigentlich nicht von Atari stammt)? Weil das 'T' im Spielenamen an 'Tempest' erinnert? Das soll heute noch als Alleinstellungsmerkmal reichen?
Kivlov schrieb am
Nur weil er 1994 für Atari ein Remake von Dave Theurers 1981 Tempest gemacht hat, gehört es ihm nicht.
Bambi0815 schrieb am
"All abject bollocks, but set up legally so as to be expensive for anyone to contest. Even just going back and forth a few times with letters responding to their threats ended up running up a couple of grand in legal bills, and there is simply no way on God's earth I can afford any kind of a legal battle."
Money Wins !
Geld gewinnt immer.... Geld gewinnt immer.
Ob in Amiland oder Deutschland. Der mit dem meisten Geld hat die höheren Erfolgschancen.
Nightmare King Grimm schrieb am
Ich finds schade.
Der hat denen nach seinen Aussagen zufolge auch angeboten was über Lizenzverträge abzudrücken, was von der PS4 und PC Version an Gewinn reinkommen würde, da er mit der Vita-Version wohl nur knapp mehr als die Ausgaben reinspülen konnte.
Aber ne, lieber den kleinen Dev totstampfen^^ Die Ansprüche sind ja da, die Ähnlichkeit ist natürlich gegeben...aber das ist halt mit Kanonen auf Spatzen geschossen und absolut unnötig.
Nino-san schrieb am
Das ist irgendwie ein schwieriger Fall, weil's derselbe Entwickler ist. Im Prinzip wirft Atari ihm vor, von sich selbst abzukupfern (vereinfacht gesagt).
Dieser Teil seines Forum-Beitrags ist übrigens sehr interessant:
The accusations were addressed not only to Llamasoft as a company but also directed at me personally.
Basically most of it came down to "looks like Tempest 2000", and it included such gems as:
- in order to create TxK I must have had access to, and stolen secrets from, Atari's source code, in order to steal the work of the other people who worked on Tempest 2000. (I *wrote* the source code for Tempest 2000, and didn't need to refer to it at all to create TxK, even if I still had it. The only other people who worked on the game were Joby Woods who did bitmaps (TxK has no bitmaps apart from one 64x64 graduated dot) and the Imagitec musicians (TxK has neither a modplayer nor any of Imagitec's music). So I stole my own work out of my own brain I guess.
- The soundtrack to TxK sounds identical to the soundtrack of Tempest 2000. (In fact the TxK soundtrack is entirely original and highly acclaimed; it won a Develop award and went to #1 on Bandcamp).
- The player ship can jump. Apparently Atari owns jumping.
- There is an AI Droid in TxK. Yes there is, and there has been an AI Droid in almost every game I've made since Llamatron. Which I made 3 years before Tempest 2000. The AI Droid is a staple of my design style.
- I deliberately set out to cash in on Atari's copyrighted Tempest name (by giving my game a deliberately obscure name of TxK).
- I deliberately set out to cash in on Atari's stellar reputation by associating my game with their illustrious name. (I never mentioned Atari at all as the last thing I really wanted was for Llamasoft to be associated with the undead Atari responsible for turning Star Raiders into a fucking slot machine).
All abject bollocks, but set up legally so as to be expensive for anyone to contest. Even just going back and forth a few...
schrieb am
TxK
ab 6,99€ bei