Bei Gearbox Software hängt der Haussegen schief - wieder einmal. Trotz des Erfolgs mit Borderlands 3 (acht Mio. Verkäufe bis Ende 2019) fallen die Bonuszahlungen an die Mitarbeiter laut einem Hintergrundbericht von
Kotaku deutlich niedriger als erwartet aus. Sechs Mitarbeiter wandten sich an Jason Schreier und erklärten ihm, dass sie schockiert waren, als der Geschäftsführer des Studios )Randy Pitchford) ihnen mitteilte, dass sie nicht die beträchtlichen Tantiemen erhalten würden, die sie erwartet hatten und mit denen sie teilweise gelockt wurden.
Gearbox Software bezahlt seine Mitarbeiter generell schlechter als andere Studios, dafür erhalten die Beschäftigten einen erfolgsabhängigen Bonus. Diese Gewinnbeteiligung wird im Verhältnis 60/40 geteilt, wobei 60 Prozent an die Firma (und ihre Eigentümer) zurückfließen, während 40 Prozent in Form von vierteljährlichen Bonuszahlungen an die Mitarbeiter ausgeschüttet werden. Dieses Tantiemensystem gibt es seit der Gründung des Studios und wenn das Unternehmen große Erfolge landet, kann es sehr lukrativ sein. Als Borderlands 2 im Jahr 2012 herauskam, verdienten viele Gearbox-Mitarbeiter genug Geld, um sich Häuser zu kaufen - eine Tatsache, die das Studio bei der Einstellung neuer Mitarbeiter oft angepriesen hatte. Da Gearbox Software mit Aliens: Colonial Marines (2013) und Battleborn (2016) zwei große Flops gelandet hatte, fielen die vierteljährlichen Bonuszahlungen in den letzten Jahren geringer aus.
Mit der Veröffentlichung von Borderlands 3 und der ersten Bonuszahlung nach Release des Shooter-Looters im September 2019 sollte sich die Situation ändern. Mehrere Mitarbeiter von Gearbox sagten gegenüber
Kotaku, dass die Unternehmensleitung ihnen sechsstellige Boni versprochen hätte. Mit diesem finanziellen Anreiz vor Augen arbeiteten viele Mitarbeiter bis in die Nacht hinein oder auch an Wochenenden, um den Shooter fertigzustellen.
Bei einem Meeting sagte Randy Pitchford kürzlich den Mitarbeitern, dass die Bonuszahlungen für Borderlands 3 niedriger ausfallen würden, als sie gehofft hatten. Drei Personen bestätigten diese Aussage. Pitchford meinte, dass die Produktion/Entwicklung des Spiels teurer als erwartet war, das Unternehmen deutlich größer geworden sei (zweites Studio in Quebec; mehr Mitarbeiter) und ihre Verkaufsprognosen nicht zutreffend waren. Strauss Zelnick, CEO der 2K-Muttergesellschaft Take-Two Interactive (Publisher von Borderlands 3), meinte im Februar, dass sich das Spiel "sehr gut" verkauft habe, aber sehr teuer war. Die Verkäufe waren zudem stark frontbeladen, d.h. viele Exemplare wurden im September verkauft und danach ging das Interesse schnell zurück (
wir berichteten).
Der Wechsel von der Unreal Engine 3 auf die Unreal Engine 4 mitten im Verlauf der Entwicklung hatte demnach sehr viel Zeit und Geld gekostet. Des Weiteren hatten Gearbox Software und Take-Two Interactive einen Vertrag unterzeichnet, dass der Shooter nicht nur das gesamte Budget des Spiels (rund 95 Millionen Dollar), sondern auch das Budget für alle herunterladbaren Inhalte (insgesamt ungefähr 140 Millionen Dollar) erst wieder einbringen muss, bevor Gearbox überhaupt die Bonuszahlungen von Publisher 2K erhält.
Dem Bericht zufolge soll Pitchford den Gearbox-Entwicklern gesagt haben, dass sie kündigen können, wenn sie mit dem Bonussystem nicht zufrieden seien, so die Teilnehmer. Er hoffe jedoch, dass er den Mitarbeitern mehr Geld als Vorschuss von 2K Games auf künftige Bonuszahlungen zukommen lassen könne.
Im letztjährigen Rechtsstreit mit dem ehemaligen Gearbox-Anwalt Wade Callender kam ans Tageslicht, dass Randy Pitchford im Jahr 2016, als die Entwicklung von Borderlands 3 begann, einen Bonus von 12 Millionen Dollar erhalten hatte. Der Bonus wurde von den 60 Prozent des Unternehmens und nicht von den 40 Prozent, die an die Mitarbeiter gehen sollten, abgezogen.
Die niedrigeren Bonuszahlungen und der große Bonus für Pitchford (2016) habe eine Reihe von Gearbox-Mitarbeitern sehr verärgert, von denen einige sagen, dass sie in naher Zukunft eine Kündigungswelle erwarten. Diejenigen, die aufgrund der geschürten Erwartungen der Unternehmensleitung finanzielle Pläne geschmiedet hätten, könnten sich fortan in einer schwierigen Lage befinden.
Gearbox schickte
Kotaku eine Stellungnahme und hob hervor, dass alle Mitarbeiter seit Beginn des Bonusprogramms über 100 Millionen Dollar an Bonuszahlungen verdient hätten. Auf die aktuelle Situation gingen sie aber nicht weiter ein. Sie bestätigten nur, dass die erste Borderlands-3-Bonuszahlung fällig war und die Verdienstprognose für die kommenden Quartale aktualisiert wurde. "Gearbox ist ein privates Unternehmen, das keine zukunftsgerichteten Erklärungen an die Öffentlichkeit abgibt, aber wir praktizieren Transparenz innerhalb unserer eigenen Familie", hieß es.