von Julian Dasgupta,

Quo Vadis 2012: "Es wird knüppelhart"

Quo Vadis 2012 (Messen) von Aruba Studios / Medienboard Berlin-Brandenburg
Quo Vadis 2012 (Messen) von Aruba Studios / Medienboard Berlin-Brandenburg - Bildquelle: Aruba Studios / Medienboard Berlin-Brandenburg
Zum Abschluss der Quo Vadis 2012 trafen sich mehrere Vertreter hiesiger Hersteller, um einmal mehr über den aktuellen Stand in der deutschen Branche und Perspektiven zu plaudern.


Wooga-Gründer Jens Begemann sieht die Zukunft seines Unternehmens in Social-Mobile-Titeln - man wolle Spiele für jedermann machen. Auch für Hubertz liegt die Zukunft im Mobile-Bereich. Man müsse sich schon Gedanken machen, wie das Standard-Interface für Spiele dann aussehen wird: eher Touchscreen als Tastatur und Maus. Timo Ullmann sieht Yager (Spec Ops: The Line) als inhaltsgetriebenen Hersteller - man müsse sich nicht unbedingt an eine bestimmte Plattform binden. Die Firma habe den Anspruch, Triple-A-Qualität abzuliefern.

Cryteks Avni Yerli muss sich erstmal zur Debatte um den Deutschen Computerspielepreis äußern und merkt süffisant an: Man habe kein Problem damit, der Sandsack zu sein, an dem sich manche Politiker mal abarbeiten wollen. Im Angesicht früherer Andeutungen und Mutmaßungen stellt er außerdem klar, dass das Studio nicht vorhat, aus Deutschland wegzuziehen. Man habe schließlich in Frankfurt einen Standort mit 360 Entwicklern aufgebaut; den wolle man nicht einfach aufgeben.

Der Free-to-play-Wechsel


Hinsichtlich kommender Geschäftsmodelle heißt es: Auch die Konsolen müssten sich dem Free-to-play-Ansatz gegenüber immer mehr öffnen. Entwickler hätten eine bessere Position in der Wertschöpfungskette, allerdings müsse man sich auch neuen Herausforderungen wie der Pflege des Spiels durch ein Live-Team stellen.

Harald Riegler, dessen Studio Sproing derzeit am Browserspiel Silent Hunter Online für Ubisoft arbeitet, merkt an: F2P habe die Arbeitsweise des Teams geändert. Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung solcher Produktionen erhalte man direktes positives oder negatives Feedback auf Designentscheidungen. Bei Wooga setzt man gezielt auf das so genannte A/B-Testing: Im Falle von Diamond Dash betreibe man bis zu zwölf Versionen mit leichten Variationen des hauseignenen Diamond Dash zur gleichen Zeit. Welche beim Nutzer startet, ist dem Zufall überlassen. Über Metriken erfasse man dann, welche Änderungen gut oder schlecht ankommen.

Bigpoint habe beim Aufbau des US-Studios in San Francisco keinerlei Probleme damit gehabt, Entwickler mit Konsolenerfahrung zu finden, so Hubertz. Der Hersteller habe aber Zeit benötigt, jene Leute vom F2P-Modell zu überzeugen und sie dafür zu gewinnen. Zwecks Wissenstransfer habe man dafür Angestellte aus Deutschland nachgeholt.

Über die Stellung der hiesigen Branche sinniert Yerli: Im Mobile- und Online-Bereich sei Deutschland innerhalb Europas führend, dank Firmen wie Crytek und Yager sei man außerdem im Konsolenbereich etwas besser aufgestellt als früher. In Sachen Ausbildung gebe es aber durchaus viel Nachhol. bzw. Verbesserungsbedarf.

"Es wird knüppelhart"

Hubertz glaubt nicht, dass Deutschland noch einen Vorsprung im Online-Bereich hat. Die nächsten zwölf bis 18 Monate würden sehr schwierig werden für einige Unternehmen. Insbesondere aus den USA werde es starke, von Risikokapital oder Börsengängen unterfütterte Konkurrenz geben. Der Markt werde etwas bereinigt.

Vor einigen Jahren hätte Bigpoint vielleicht 100.000 bis 200.000 Dollar in ein Projekt investieren müssen, bevor es auf den Markt kommt. Mittlerweile würde es kein Spiel mehr geben, das weniger als eine Million kostet. Da sich aber in der Regel nur einer von sechs bis acht Titeln zu einem echten Erfolg entwickelt, müsse man angesichts solcher Beträge ein ordentliches finanzielles Polster haben. Das sei bei vielen Firman aber nicht der Fall. In zwei Jahren werde es weniger Online-Spiele geben - dafür werde die Qualität höher sein.

Begemann ist etwas optimistischer hinsichtlich des Wettbewerbs. Berlin sei ein attraktiver Standort. Im Webbereich gebe es außerdem über die Spielebranche hinaus viel Kompetenz, heißt es mit Verweis auf Unternehmen wie Zalando. Schmitz hingegen stimmt Hubertz zu: Aufgrund des Wettbewerbsdrucks und des Überangebots "werden die nächsten zwölf bis 18 Monate knüppelhart."

Ullmann und Riegler scheuen sich vor Prognosen, die sich über einen Zeitraum von fünf Jahren erstrecken. Er gehe davon aus, dass Microsoft mit der nächsten Konsole weiter den Kinect-Weg beschreiten wird, so der Sproing-Mann. Auch Augmented Reality werde dann wohl ein interessanteres Thema sein.

Auf Windows 8 angesprochen erwidert Begemann, dass sich im Desktop-Bereich sicherlich nicht viel ändert wird. Für wooga werde es aber interessant sein zu sehen, wie viel Hardware im Tablet-Bereich verkauft wird, komme das System bzw. der Internet Explorer dort doch ohne Flash-Support daher. Die Integration von Microsofts Online-Plattform sei hingegen möglicherweise nicht so relevant: "Der Massenmarkt weiß nicht, was Xbox Live ist." Die Xbox 360 sei 60 Mio. Mal ausgeliefert worden, was einem Schnitt von neun Mio. Geräten pro Jahr entspricht. Pro Jahr würden aber zwei Mrd. Handys über den Ladentisch wandern.

Yerli kommt noch kurz auf das Streamen von Spielen zu sprechen: Das sei ein durchaus wichtiges Thema, mit dem sich Crytek schon intensiv beschäftigt und diverse Prototypen entwickelt hat. Von den Geschäftsmodellen von Onlive und Gaikai hält er allerdings nicht allzu viel.


Kommentare

AkaSuzaku schrieb am
AkaSuzaku hat geschrieben:
Gummirakete hat geschrieben:So bleibt im PC-Bereich vielleicht wieder mehr Raum für gute Spiele von kleineren Entwicklern, die nicht mit Bombastgrafik und Millionenschwerem Marketing die gesamte Aufmerksamkeit auf sich ziehen können.
Also gegen "Bombastgrafik" habe ich eigentlich nichts einzuwenden.Wie auch, wenn es in Spielen doch häufig darum geht Dinge möglichst realitätsnah zu simulieren. Da gehört dann nicht nur die Spielmechanik, sondern eben auch die Technik zu.
Wenn ein Spiel allerdings als einzige positive Eigenschaft die Grafik hat, dann kann man tatsächlich von einem "Grafikblender" sprechen. Meiner Meinung nach wird da aber viel zu häufig gleich mit der Keule geschwungen.
Es gibt eben meistens einen Grund wieso kleine Studios klein sind, und große groß.
AkaSuzaku schrieb am
Gummirakete hat geschrieben:So bleibt im PC-Bereich vielleicht wieder mehr Raum für gute Spiele von kleineren Entwicklern, die nicht mit Bombastgrafik und Millionenschwerem Marketing die gesamte Aufmerksamkeit auf sich ziehen können.
Also gegen "Bombastgrafik" habe ich eigentlich nichts einzuwenden.Wie auch, wenn es in Spielen doch häufig darum geht Dinge möglichst realitätsnah zu simulieren. Da gehört dann nicht nur die Spielmechanik, sondern eben auch die Technik zu.
Wenn ein Spiel allerdings als einzige positive Eigenschaft die Grafik hat, dann kann man tatsächlich von einem "Grafikblender" sprechen. Meiner Meinung nach wird da aber viel zu häufig gleich mit der Keule geschwungen. Es gibt meistens einen Grund wieso kleine Studios klein sind, und große groß.
Gummirakete schrieb am
Sollen sich die großen Player ruhig auf Pay 2?. ääääh? FREE 2 Play, Mobile- und Social-Gaming konzentrieren und mit der riesigen Masse an Gelegenheitsspielern ihr Geld verdienen. Dank dieser ?Wertschöpfungskette? kann man ihre AAA-Titel schon lange nicht mehr (zum Vollpreis) kaufen.
So bleibt im PC-Bereich vielleicht wieder mehr Raum für gute Spiele von kleineren Entwicklern, die nicht mit Bombastgrafik und Millionenschwerem Marketing die gesamte Aufmerksamkeit auf sich ziehen können.
[Shadow_Man] schrieb am
Social Mobil Titel, Free-2-Play und Cloudgaming - Die Spielezukunft sieht ja rosig aus *ironie aus*
schrieb am