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Bad Day L.A.: Ueberlebenstipps

Ueberlebenstipps


Ueberlebenstipps
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Fazit Bad Day L.A., 01.09.2006:

Richtig gesehen: Unter den Pluspunkten verzeichnet Bad Day L.A. nicht den Eintrag "Gesellschaftskritik". Warum? Weil sie nicht zum Tragen kommt. Weil es den Entwicklern gelungen ist, McGees Ideen unter einer Lawine stupider Action-Kost zu verstecken. Und weil die Regisseure der Zwischensequenzen nicht dazu fähig sind, den erhobenen Zeigefinger filmisch einzufangen. Was bleibt ist die schale Oberfläche langweiliger 3rd-Person-Action, die selbst Hobbyprogrammierer schon spannender präsentiert haben. Natürlich wollen viele Aspekte bewusst eine schlechte Machart reproduzieren, allerdings verursacht das bloße Vorhandensein von Terroristen und Fast-Food-Zombies noch lange keine kritische Auseinandersetzung mit den Themen Terrorismus und Fressgesellschaft. Die Kritikpunkte müssen auch ironisch in Szene gesetzt werden, sonst geht der Witz flöten. Und genau das passiert in den lieblos zusammengeschnittenen Einspielungen mit ihrem laienhaft quasselnden Protagonisten. Das sinnlose Herumrennen in der unübersichtlichen Großstadt tut neben dem langweiligen Ballern, Feuerlöschen und Heilen sein Übriges, um den gut gemeinten Ansatz im Keim zu ersticken. Meine Hypothese: American McGee wollte wissen, ob Konsumenten nur das sehen, was ihnen vorgekaut wird und dafür das mickrige Gerüst der Einfallslosigkeit blindlings ignorieren. Der ungewöhnliche Comic-Look und die vorgefertigten Zwischensequenzen sind einsame Höhepunkte in der Belanglosigkeit. Dass Bad Day L.A. gelegentlich abstürzt und auf meinem (schnellen) Heimrechner gar nicht erst startet, sorgt allerdings dafür, dass der Titel endgültig in die unterste Wertungsregion schlittert.

Dieser Test quält mich. Diese Wertung ist ein Schlag ins Gesicht meiner ersten Euphorie. Und das Schlimme ist: Benjamin hat auch Recht. Die Analyse der Schwächen schmerzt mich, weil sie so wahr ist und weil ich American McGee als Spieldesigner einfach schätze. Ja, ich hab mich auf diesen Comic-Anarchismus gefreut. Nach der Präsentation und dem Interview habe ich fast gedacht, dass hier nicht nur ein angenehm politischer, sondern auch ein spielerischer Kontrapunkt im Anmarsch ist: Naiver Zeichenstil trifft auf brutale Spielwirklichkeit, naive Terrorangst auf subversiven Humor. Die politische Oberfläche ist mir im Ansatz unheimlich sympathisch: American McGee wollte auf die Hysterie nach dem 11. September aufmerksam machen, die für ihn in eine undemokratische und paranoide Gesellschaft führte. Aber kommt seine Botschaft gut rüber? Wirken die Stilmittel? Zündet der Witz? Nicht wirklich. Ein Titel wie Dead Rising, der auch die Elemente Zombies, Amerika und Katastrophe nutzt, transportiert seine Gesellschaftskritik wesentlich besser. Hinzu kommt, dass das Spiel unter dieser Oberfläche auf Dauer einfach nervtötend und langweilig ist. Es ist in seinen Mechanismen so schrecklich konservativ, so redundant, dass man es fast schon rückständig nennen muss. Was mich quält ist, dass ich mir eigentlich mehr Spiele wünsche, die ein Zeichen gegen das politische Establishment setzen. Aber: Sie dürfen nicht nur als ideologisches Plakat funktionieren, sie müssen auch als Spiel funktionieren.



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