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Spielkultur | Special | 4Sceners

08.10.09, 23:06 Uhr, Bobic

Arles, Frankreich, Anfang Oktober 2009: Das Dach einer mehreren Meter langen Halle wird in bunte Farben getaucht. Würfel drehen sich darauf, Objekte rauschen vorbei, coole Grafiken und Logos sind zu sehen während der Platz vor der Halle mit cooler Musik überflutet wird. Was dort, hoch oben auf dem Dach vorbei flimmert, sind nichts anderes als Werke der Demoszene. Auf einem Dach! Dem Deckel der Halle, in welchem die MAIN #4 Demo-Party stattfand. Die Veranstaltung mit dem wohl ungewöhnlichsten und größten BigScreen aller Zeiten. Genau so groß wie diese Leinwand war das gesamte Event. Mit spektakulären Intros und Demos. Wir lassen die wichtigsten davon Revue passieren und treten den Beweis an, dass es eben doch auf die Größe ankommt.

Das definitive Highlight: Rudebox / Alcatraz (4k Intro, 1. Platz)
Nur ein Wort: Unglaublich! Passender kann man diese 4k Intro von Alcatraz nicht beschreiben. Unglaublicher Detailreichtum steckt in diesem kleinen Feuerwerk, sei es bezüglich der Effekte, der Objektvielfalt, der Farbgestaltung oder der Grafik im Allgemeinen. Unglaublich ist auch das Design, das fast schon eine Geschichte erzählt - und das in dieser kleinen Größe. Wo andere 4k Intro Effekte schlicht nacheinander abspulen, wird man hier von Anfang an mitgerissen. Wenn sich ein Quader über einer herrlichen Hügellandschaft reckt und streckt, dieser dann den Blick freigibt auf einen 'Panic Room' mit drehenden Ringen, die immer wieder in gewaltigen Shader-Explosionen auseinander spritzen. Atemlos geht es weiter. Durch einen Gesteinstunnel, an dessen Rändern Röhren angebracht sind, bevor der größte Paukenschlag mit einem Wechsel das Farbtons von Blau nach Orange eingeleitet wird. In bester Rupture-Tradition heizt ein Motorrad durch einen Canyon, der aus Quadern zu bestehen scheint. Shader-Dreck spritzt hinter ihm hoch, dass es eine wahre Freude ist. Noch nie hat es soviel Spaß gemacht, im Dreck zu wühlen - dank Gopher, und dank Powl!, der für den glasklaren, perfekt zum Thema passenden Drum'n Bass Soundtrack gesorgt hat. Demo-Kunst in 4096 Bytes!


Wirbelt mächtig Shader-Staub auf: Die 4k Intro Rudebox von Alcatraz.

Der beste LSD-Trip: Extatique / Adinpsz (Demo, 1. Platz)
Die Eröffnungsszene in Extatique ist ein Musterbeispiel, wie man eine perfekte Atmosphäre mithilfe wunderschöner Pixelgrafik kreiert. Gänzlich zweidimensional gehalten finden wir uns auf einem fernen Planeten wieder, der dennoch aufgrund eines einfachen Zoom-Effekts dreidimensional wirkt. Erwartungsvoll harren wir der Dinge, die da kommen mögen - was auch nicht lange aufs ich warten lässt. Schon wird der Beat treibender, erreicht in kurzer Zeit typischen Goa-Trance-Flair. Und schon werden uns psychedelische Farben und Kaleidoskop-Effekte um die Ohren gehauen. Hier ist jedoch nicht alles gar so grell wie in den vielen anderen Psycho-Demos. Glücklicherweise geht es auch nicht immer in diesem Stil weiter, denn nicht ganz so bunte Grafiken und ein atemberaubender Endlos-Zoom - der vielleicht beste seiner Art bisher - runden die zweite Demo von Adinpsz ab. Manchmal schlichtweg großartig, manchmal ein wenig zu psychedelisch - so kann man Extatique auf jeden Fall zusammenfassen.

Das beste Britpop-Musikvideo: Blunderbuss / Fairlight (Demo, 2. Platz)
Wie eines dieser modernen, spartanisch anmutenden aber höchst atmosphärischen Musikvideos, die inzwischen das WWW, YouTube und oftmals auch die Werbung überschwemmen, wirkt Blunderbuss von Fairlight. Der wunderschöne Soundtrack von Bliss, der hier einen ähnlichen Stil und melancholischen Gesang anschlägt wie die Brit-Pop-Superstars von Coldplay, wird von luftigen Shader-Wolken umtänzelt. In bunten Farben lösen sich die einzelnen Bestandteile auf, malen stimmungsvolle Linien auf den grauen Grund, während sie sich liebkosen und in Rauch auflösen. Blunderbuss ist so ungewöhnlich, vor allem in Bezug auf die Musik, aber auch ein echter Hit-Kandidat - nicht nur in der Demoszene. Wer Coldplay mag muss hier auf jeden Fall einmal reinhören - und wird von der Melancholie auf Wolken getragen.

Das interessanteste Comeback: Actuator / Conspiracy (64k Intro, 1. Platz)
Der Freude war groß. Eine Ewigkeit nach 'Chaos Theory' präsentieren die einstigen 64k-Intro-Könige von Conspiracy ein neues Werk in dieser Größe. Doch die Ernüchterung folgt auf dem Fuß. Coole Musik mit perfektem Sync paart sich mit viel zu häufigen untexturierten Szenen. Poppig bunte Farben mischen sich mit der tollen Anfansszene, bei der ein Roboter vor einem Hintergrund umherstapft, der ein wenig an das gute, alte Candytron erinnert. Wo andere Gruppen 2009 in 64 Kilobyte mit messerscharfen Texturen und aufwändigen Objekten nur so um sich werfen, wirkt Actuator leider etwas altbacken. Vor ein paar Jahren wäre das ein Hit gewesen, aber selbst die alten Conspiracy-Sachen wie Project Genesis sehen auch heute noch besser aus.


Zurück im 64k-Sektor: Conspiracy zeigten Actuator auf der MAIN #4.

Die heftigsten Beats: Trendwhore / STILL (Demo, 3. Platz)
Die 'Chaos Theory' kommt im Jahr 2009 von der Gruppe STILL. Flickern, Flackern, Strahlen - und das alles in gleißendem Licht und oft in den schrillsten Neonfarben, das sieht man in Trendwhore. Brachiale Killer-Beats von DQ sorgen für mächtig Krawall und untermalen die schrillen Visuals perfekt. STILL haben mit diesem Werk einen Weg eingeschlagen, der stylisch, abgefahren und völlig abstrakt ist.

Der C64 DTV Wahnsinn: Misery III / T.R.S.I. (Wild Demo, 1. Platz)
Für den C64 DTV werden Demos geschrieben - das ist nichts Neues mehr. Neu ist jedoch ein Werk in der Kategorie Güteklasse A, so wie es T.R.S.I. mit ihrem Misery III zeigen. Wunderschöne Pixelgrafiken huschen durchs Bild, werden gedreht, gerollt, gezoomt. Und zwar alles in verblüffender Schärfe und nicht so pixelig, wie man es schon in vielen Demos für den Brotkasten gesehen hat. Auch die Musik passt hervorragend zum Geschehen, leitet auch perfekt das absolute Highlight ein: einen Doom-Part. Verblüffend, wie detailliert die Gänge gestaltet sind und wie flüssig sie gedreht werden. Das schreit geradezu nach einer Umsetzung des 3D-Shooters für den C64 DTV, der das Genre revolutioniert hat - oder zumindest dessen indizierten Vorgängers. Hut ab vor dem, was T.R.S.I. uns hier auf den Bildschirm entgegen schmettern.

Der gelungenste Klon: Hil / Rebels & T.R.S.I. (4k Intro, 4. Platz)
Ein großes Vorbild hat sich Coder Stan1901 für seine 4k Intro Hil ausgesucht. Elevated nämlich, ebenfalls eine 4k Intro und ein sensationelles Stück Echtzeitkunst auf kleinstem Raum. Auch in Hil saust man über eine Bergwelt, nur dass die hier nicht ganz so schick aussieht wie die schneebedeckten Hügel aus der RGBA-Produktion. Gleiches gilt für die Musik, die doch ein paar nervige Sequenzen enthält. Gegen Ende bietet Hil dann aber mehr Abwechslung, da noch eine zweite Szene auf dem Programm steht. Auf einer spiegelnden Eisfläche rotiert und morpht ein Objekt. Hübsch sieht hier zweifelsfrei alles aus, wenn auch nicht überragend. Man macht also definitiv nichts falsch, wenn man hier einmal einen Blick riskiert.


Cooler Drum'n Bass plus Chaos-Theory-Feuerwerk: Still's Trendwhore.

Das beste Stück Natur: Un petit verre de verveine pour moi, s'il vous plait / AMMB (Demo, 10. Platz)
Abstrakte Baumkunst zeigen uns AMMB. Blattloses Astwerk rotiert vor einem wilden Farbspektakel, wirft stimmige Schatten an die Wand und wird von einer seltsamen, aber dennoch faszinierenden Soundmixtur begleitet. Das Experiment mit fast nur einer Szene, bei der vor allem der Hintergrund lebt, gelingt. Viel zu interessant wirkt nämlich das Geschehen hinter dem Holz und wird gelegentlich dann doch noch von Würfel- und Ringspielerei unterbrochen. Vielleicht ein seltsames Werk, das aber auf jeden Fall einen frischen Stil aufweist.

Das luftigste Teil: Clouds Dream / Frequency (4k Intro, 3. Platz)
Vier Kilobyte die gefüllt sind mit hübschen Wolken haben Frequency heute im Angebot. Manches Mal schicken sie uns einfach in den diffusen Nebel der Himmelsschicht, dann wieder zeigen sie uns wie ein Effekt entsteht. Erst simulieren sie Wellenbewegungen in nackter, glatter Form. Dann legen sie ihren Wolken-Shader darüber und zeigen uns die ganze Schönheit in 4096 Bytes. Musikalisch erklingt nettes aus den Lautsprechern, das aber nicht immer gut zum Geschehen passt.

Der kleinste Tipp: To the road of ribbon / Frequency (1k Intro, 2. Platz)
In nur einem Kilobyte Größe zeigen Frequency einen farb-berauschten Höhlenflug, bei dem wir ein schmales Bändchen auf seinem Weg begleiten. Musik gibt es leider nicht, aber diese eine Szene sieht todschick aus und lässt einen staunend zurück. 1k is beautiful!

Das beste Plappermaul: Ancient Dreams / Holograms (Demo, 7. Platz)
Ancient Dreams ist keine hübsche Demo und schon gar keine technische Meisterleistung - sieht man mal von dem hübsch modellierten Gesicht ab, welches mit korrekten Lippenbewegungen den Maya-Gesang des Soundtracks mitsingt. Ancient Dreams ist aber auch eine Demo, die mächtig Pfeffer in der Seele hat und vom heftigen, brachialen Whop-Whop des Soundtracks lebt. Ein Killer-Track, der den zahlreichen Würfelszenen richtig Leben einhaucht und den Zuschauer auf diesen Highspeed-Trip trotz schächerer Optik mitreißt.


Im Rausch der Farben und Formen: Extatique von Adinpsz.

Der genaueste Vierer: Ins4ne / ShrOOm (4k Intro, 5. Platz)
Vier hübsche Effekte verstecken sich in diesen vier Kilobyte, aber auch nervig rauschende Musik. Zuerst darf man eine Wasseroberfläche betrachten, die hübsch beleuchtet ist und schicke Wasserberge sprießen lässt. Danach gibt's ebenso hübsches Realtime-Raytracing, bevor der erste Effekt an der Decke gespiegelt wird. Den Abschluss bietet ein cooles Zoom-Objekt, das seine Tentakel in Richtung Bildschirm ausstreckt. Nettes, kleines Ding, dieses Ins4ne - aber bei weitem nicht wirklich 'insane'.

Der stimmungsvollste Mac/PC-Zwitter: Quintessence / Spöntz (Demo, 6. Platz)
In Sachen Atmosphäre sind die Spanier von Spöntz auch im Jahr 2009 nach wie vor vorne dabei, wie ihre neueste Demo Quintessence beweist. Zu schöner Musik drehen sich Planeten durch Nebelringe, steigen Lichter von deren Oberfläche auf oder geben Unmengen an Partikel langsam den Blick auf ein Maya-ähnliches Gesicht frei. Nur allzu hübsch sieht das Ganze nicht aus. Viel zu blass wirken viele Texturen, der Geiz mit den Farben zieht sich bis zum herrlichen Schlussbild hin. Auch sind die Effekte nicht wirklich als sensationell zu bezeichnen, was schade ist. An Ideen würde es Spöntz nun wirklich nicht mangeln. Mit ein wenig mehr Feintuning könnten sie zumindest auf MacOS bald wieder das werden, was sie noch vor zwei bis drei Jahren waren: die Könige der (Mac-) Demoszene - die glücklicherweise auch immer noch einen Windows-Port ihrer Demos nachreichen, wie hier am aktuellen Beispiel von Quintessence.

 
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